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Dienstag, 19. Juni 2012

Nuam Chomsky „Die USA und die UN“


Am 21.11.2011 hielt Prof. Nuam Chomsky eine Eröffnungsrede zum philosophischen Jahrestag der UNESCO an der Kutztown University. Hier ein Transkript in deutscher Sprache. Wenn ein Mensch den Titel einer moralischen Institution verdient, dann sicher Chomsky. Deshalb ist diese Rede, die weit zurück geht in der Geschichte der USA und ihrem Verhältnis zur UN, wichtig für das Verständnis der derzeitigen Krisen um Palästina, Syrien und den Iran. Themen wie R2P, Libyen, Palästina, Vetos der Großmächte und die Konvention über allgemeine Menschenrechte werden aus einem anderen Blickwinkel und mit vielen wenig bekannten Details, die in unserer Medienberichterstattung meist nicht zu Worte kommen.
{EINLEITUNG}
Wer auch immer diese Ereignisse organisiert hat, sollte für das gute Timing gelobt werden. Das Thema ist „die USA und die UN“ an einem Tag zu Ehren der UNESCO. Die UNESCO ist eine der stolzesten Errungenschaften der UN, aber sie war das Objekt einer beträchtlichen Geringschätzung durch die Regierung der USA. Das geht zurück bis zu ihrer Gründung in den 1940er Jahren. Und die USA bestand darauf, ihre Budgets zu kürzen, und erst vor ein paar Tagen, wie sie wissen, hat die USA wieder ihre Beitragszahlungen an die UNESCO vollständig eingestellt. Dies als Bestrafung dafür, dass die UNESCO in Anerkennung der überwältigenden Mehrheit der Welt, Palästina als Mitgliedsstaat aufgenommen hat.

Das ist nicht das erste Mal. In 1984 war es Teil des generellen Angriffs der Reagan Regierung gegen die UN, als sich die USA komplett aus der UNESCO zurückzogen. Also keine Beteiligung und keine Betragszahlungen mehr als Bestrafung für eine Art von Hinwendung zu Fragen der Dritten Welt. Ich werde darauf in Kürze noch einmal zurückkommen. Und es gibt auch eine Menge über die spezielle Beziehung zwischen den USA, Israel und Palästina und der UN zu sagen, worüber ich später auch noch ein paar Kommentare abgeben werde.
{REGIERUNG DER USA IST NICHT BEVÖLKERUNG}
Man sollte sich darüber im Klaren sein, dass es eine gewaltige Spaltung in den USA gibt. In Hinsicht auf das Verhalten gegenüber den Vereinten Nationen. Die Bevölkerung, bewiesen durch Umfragen, hat sich ziemlich unterstützend gezeigt, wenn es um die UN ging. Die Mehrheit glaubt, dass die Vereinten Nationen und nicht die Vereinigten Staaten, die Führung übernehmen sollten, in der Überwindung von internationalen Krisen, dass die USA dem Willen einer Mehrheit folgen müsste, auch wenn sie diesen Willen gar nicht mag, und die Mehrheit der Bevölkerung glaubt sogar, dass es den USA und anderen mächtigen Nationen verboten werden sollte, ein Veto im Sicherheitsrat einzulegen, sondern dass sie sich dem Willen der Mehrheit unterwerfen sollten.
{DIE FRÜHEN JAHRE DER UNO}
Aber kaum etwas davon kommt in die öffentliche Diskussion. Und das Verhalten der Regierungen war sehr unterschiedlich hierzu und wechselte auch im Laufe der Zeit immer wieder ein wenig. In den frühen Tagen der UNO, also in den späten 1940er und frühen 1950er Jahren, gab es eine starke Unterstützung der Elite {in den USA} für die UN. Wir müssen uns an die Umstände erinnern. Damals, am Ende des 2. Weltkrieges, waren die USA auf der Höhe ihrer Macht. Sie hatten einen Grad der Macht erreicht, der keinem historischen Beispiel auch nur annähernd ähnelt. Der USA gehörten die Hälfte der Vermögen der Welt. Während des 2. Weltkrieges waren die USA aufgeblüht. Der Krieg hatte die Depression beendet, mit einem riesigen Anreiz zur Produktion, die industrielle Produktion explodierte. Die USA wurden das reichste Land der Welt. Andere industrielle Gesellschaften waren ernsthaft zerstört worden. Die Wettbewerber waren von der Bühne verschwunden und die USA hatten eine nie gesehene Sicherheitslage.

Sie kontrollierten die gesamte westliche Hemisphäre. Sie kontrollierten beide großen Ozeane, all dies hatte es bis dahin noch niemals gegeben. Und es ist typisch für eine solche Situation, wenn riesige Mächte entstehen, dass ihnen enorme Erwartungen und Hoffnungen entgegen gebracht werden. So war es auch hier. Wir haben gute Unterlagen über die damals unternommenen Planungen. Die Kriegsplanungen und die damit verbundenen Überlegungen reflektierten die Annahme, dass die USA sich anschicken könnte, die Welt zu kontrollieren. Und dass sie die Welt zum eigenen Vorteil kontrollieren müsste. Und so wurden die Pläne entwickelt. Der große Radikal-Pazifist HG Mustin {?}, er ist nicht so sehr bekannt, aber ich glaube, er ist eine der wichtigen Persönlichkeiten der USA in den 1920er Jahre, der beobachtete, dass das Problem nach einem Krieg beim Gewinner lag. Der Gewinner glaubt, dass er bewiesen hatte, dass Gewaltausübung sich lohnt. Wer wird sich schon mit ihm anlegen? Ich denke, das sind Worte, die uns viel über die Geschichte der Welt erzählen.

Nun bei vielen Gelegenheiten ist es ziemlich offensichtlich, warum die USA, bzw. die Elite der USA zu diesem Zeitpunkt die UN stark unterstützten. Die Vereinten Nationen war im Wesentlichen ein Instrument in den Händen der USA, die deren Ziele des Kalten Krieges unterstützten, und es war einfach die UN zu dominieren. Und die Unterstützung zu erhalten, um die Russen in die Schranken zu verweisen.

Was sich dann entwickelte, ist interessant. Da die UN als Werkzeug gegen Russland eingesetzt wurde, da wehrte sich Russland natürlich. Und es gab viele russische Vetos. Es gab dann eine umfassende Diskussion unter den US- und britischen Intellektuellen, um zu erklären, warum die Russen so negativ reagierten, warum sie immer wieder NO sagten. Ich war damals ein Student. Und eine der populären Theorien, die vorgetragen wurden, besonders von den Anthropologen, war, dass die Russen negativ wären, weil die Russen ihre Kinder in Windeln großziehen würden. Und das würde sie negativ stimmen. Wir nannten es „Windelkunde“. Aber das begann sich zu ändern im Laufe der 1950er und 1960er Jahre, aber lassen Sie mich zunächst noch ein Wort über die Macht der USA sagen.

Es gibt heutzutage ein sehr weit verbreitetes Thema, in dem der Niedergang der USA diskutiert wird. Schauen Sie sich die derzeitigen Sorgen des Establishments an, die Zeitungen über internationale Beziehungen und internationale Politik. Große Titelstory „Ist Amerika Vergangenheit?“ Was bedeuten soll, dass die USA auf dem absteigenden Ast wäre und wir bald in Vergessenheit geraten würden. Eine Theorie, dass sich die Macht nach China verlagern würde. Das ist eine Illusion. Chinas Wirtschaftswachstum ist spektakulär, aber es ist im Verhältnis ein armes Land, ohne eine Chance, in absehbarer Zukunft zu einer wirklichen Hegemonialmacht zu werden.

Aber es gibt mehr über den Niedergang der USA zu sagen. Es ist wahr, dass ein Niedergang stattfindet, und ein großer Teil ist selbstverschuldet. Aber eine wichtige Beobachtung ist, dass es nichts Neues ist. Es gibt keine Zweifel darüber, dass der Höhepunkt der Macht der USA ca. im Jahr 1945 war. Und der Niedergang begann schon damals. Im Jahr 1949 erinnern Sie sich, dass die Pläne für eine Welthegemonialmacht USA, die ziemlich eindeutig waren, sie basierten auf der Situation, dass die USA die gesamte westliche Hemisphäre kontrollierten, einen großen Teil des Fernen Ostens, und sie kontrollierten das ehemalige British Empire. Was insbesondere die Länder betraf, die Energie produzierten. Aber in 1949 wurde China unabhängig. Und es gibt einen interessanten Satz, mit dem man das beschrieb. In den Annalen der internationalen Politik-Journale nennt man das „den Verlust von China“. … Ich kann ihre Uhr nicht verlieren. Denn sie gehört mir nicht. Man nur etwas verlieren, was man besessen hat. Und dieser Satz, der niemals angegriffen wurde, basiert auf der Annahme, dass wir China „besaßen“. Uns gehörte die Welt. Und wenn sie unabhängig wird, dann haben wir sie verloren.

Das ist eine sehr erhellende Einsicht, die wir hier über die Kultur der USA erhalten, die bis heute aktiv ist. Von da an, also von 1949 hat es einen weiteren Abstieg gegeben, und weitere Anstrengungen, um zu verhindern, dass andere Teile der Welt verloren gingen, die einem gehörten.
{DIE UN UND DIE USA AB DEN 1950ER JAHREN}
Kommen wir zurück zu den Vereinten Nationen. In den frühen Jahren war es ein Instrument der US-Macht, viele russische Vetos, aber zu Beginn der 1950er Jahre begann eine Veränderung. Teilweise auf Grund der Tatsache, dass sich andere Länder vom 2. Weltkrieg erholt hatten, und weil der Prozess der Entkolonialisierung seinen quälend langsamen Lauf nahm. Was dazu führte, dass die USA sehr viel stärker mit Ansichten der so genannten Dritten Welt konfrontiert wurde.

Der Diplomatie-Korrespondent der New York Times schrieb, dass „bis zum Jahr 1960 Moskau und viele neue unabhängig gewordene Staaten die USA isolierten und bedrohten“. Die Situation war damals so schlimm, dass im Jahr 1966 die USA begann, Vetos im Sicherheitsrat einzulegen. Etwas, das bis dahin nicht notwendig war, weil die UN ein Werkzeug der USA waren. Aber das hatte Mitte der 1960er Jahre aufgehört. Seit dieser Zeit führt die USA mit großem Abstand die Vetos im Sicherheitsrat an. Großbritannien ist an zweiter Stelle. Frankreich ist mit Abstand dritter. Und die anderen beiden Länder sind gar nicht in Rufweite.

Nun, das ist aber keine korrekte Beschreibung. Wenn man die derzeitige Presseberichterstattung beobachtet, z.B. die Washington Post, dann ist das Bild, dass im Bewusstsein der Welt eingemeißelt ist, das von grimmig drein schauenden russischen Botschaftern, die Vetos einlegen. War vor 60 Jahren sicher so war. Aber das war seit über 40 Jahren nicht mehr der Fall. Im Gegenteil haben US-Botschafter mit grimmigem Gesicht die Vetos eingelegt. Aber das ist nicht Teil des Weltbewusstseins.
{DIE UN UND DIE USA IN DEN 1980ER JAHREN}
Das Verhalten der Welt hat zu ernsthaften Bedenken in den elitären Kreisen geführt. Im Jahr 1984 schrieb der Kultur-Korrespondent der New York Times, Richard Bernstein, einen Artikel, der sich mit der Isolierung der USA bei den Vereinten Nationen beschäftigte. Der Titel des Artikels lautete: „Die UN gegen die USA“. Bzw. mit Absicht nicht „Die USA gegen die UN“. Tatsache ist, dass falls es einen Konflikt zwischen den USA und der Welt gibt, dann gerät die UN aus dem Takt. Wenn man andere Kommentare liest, hört man, dass Länder zum Team gehören wollen, und wieder in den Mainstream der Diplomatie kommen. Das Team sind WIR. Und der Mainstream ist, was wir tun. Auch wenn alle anderen anderer Meinung sind. Dann müssen sie sich eben uns anschließen.

Zu dem Zeitpunkt, da Bernstein das schrieb, in den 1980er Jahren, war die USA führend im Vetoeinlegen gegen Resolutionen. Ein Land das alle anderen Länder aufforderte, internationales Recht zu beachten. Und das Land, das gleichzeitig begann sich zu weigern, den gesetzlichen Verpflichtungen der Zahlung von Beiträgen nachzukommen.

Einer der wichtigen Gründe zum Beispiel, um die UNESCO zu verlassen war die angebliche Tatsache, dass die UNESCO versuchen würde, eine neue Kommunikationsordnung zu entwickeln. Was angeblich verlangen würde, dass sich Journalisten und andere Medienvertreter lizensieren müssten. Diese Behauptungen waren vollkommen aus der Luft gegriffen. Aber sie wurden immer wieder in den Medien wiederholt, sogar heute noch. Und öffentliche Zurückweisungen durch UN-Beamte wurden einfach nicht beachtet. Wenn Sie an dieser bemerkenswerten Geschichte interessiert sind, gibt es da ein sehr gutes Buch darüber, veröffentlicht von der Universität von Minnesota.
 {DAS NICARAGUA-URTEIL GEGEN DIE USA}
Das war die UNESCO Mitte der 1980er Jahre. Die Gründe, warum die USA ein Veto einlegten gegen die Beachtung von internationalem Recht, erklärt uns auch eine Menge. Was damals passierte war, dass das Weltgericht gerade die USA verurteilt hatten, wegen ihres terroristischen Krieges gegen Nicaragua. Es hatte die USA aufgefordert, die ungesetzliche Anwendung von Gewalt zu beenden, ein technischer Begriff für Terrorismus, und hohe Reparationszahlungen an Nicaragua zu leisten.

Das Weltgericht ist ein Organ der Vereinten Nationen. Dieses Weltgericht wurde natürlich sofort von der Presse in den USA verurteilt. Die New York Times erklärte, dass das Weltgericht eine feindliche Einheit wäre, und es wäre unerheblich, was es entscheidet. Noch wenige Jahre zuvor hatten die gleichen Redakteure das Weltgericht gelobt, weil es zugunsten der USA entschieden hatte, und zwar in einem Konflikt mit dem Iran. Aber jetzt hatte es die USA wegen seiner internationalen terroristischen Operationen verurteilt. Der Kongress beschloss sofort eine Steigerung der Hilfe für die Contras, also die terroristischen Kräfte, die Nicaragua angriffen. Und es gab zu diesem Zeitpunkt drei Länder, die Entscheidungen des Weltgerichtes zurück gewiesen hatten: Libyen, Albanien und die USA. Heute ist die USA in wunderbarer Isolation. Inzwischen ist es das einzige Land, das eine Entscheidung des Weltgerichtes einfach zurück weist. (1)

Der Hintergrund ist auch sehr informativ. Auch wenn er nicht so gut bekannt ist. Der Internationale Gerichtshof wurde eingerichtet durch die UN Gründer im Jahr 1945. Und es hat Regeln. Und die Regeln sagen, dass ein Staat mit seiner Jurisdiktion einverstanden sein muss. Bei der Gründung stimmte die USA zu, Entscheidungen des Weltgerichtes zu akzeptieren. Aber mit einer wichtigen Einschränkung. Nämlich dass die USA von jeder Anklage befreit wäre, die mit internationalen Verträgen zu tun hat. Wie z.B. die UN-Charta. Oder die Charta der amerikanischen Staaten. Das heißt, dass die USA erklärte, dass sich das Land frei fühlte, internationale Vereinbarungen zu verletzen. Und das war im Fall von Nicaragua der Fall. Der Fall Nicaragua wurde von einem vornehmen Rechtsanwalt vorgetragen, aber das Weltgericht verwarf den größten Teil seiner Argumente. Der Fall basierte auf dem Vorwurf der Aggression. Und die USA fühlte sich dann von einer gerichtlichen Verfolgung ausgeschlossen, weil die Aggression ein Verstoß gegen Verträge war, und dies ausdrücklich ausgeschlossen war. So konnte man die USA weder wegen Verstoß gegen die UN Charta, noch den Vertrag der OAS Staaten belangen. Und es blieb noch der bilaterale Vertrag zwischen Nicaragua und den USA. Aber trotzdem verurteilte das Gericht die USA, und verurteilte sie zu diesen Reparationszahlungen.
{UN KONVENTION GEGEN GENOZID}
Im Jahr 1948 verabschiedete die UNO die Genozid-Konvention. Dadurch wurde Genozid kriminalisiert. Aber die USA taten sich schwer, die Konvention zu ratifizieren. Genau gesagt dauerte es 40 Jahre. Schließlich ratifizierten sie die Konvention nach 40 Jahren, aber mit einer Einschränkung. Nämlich mit der Einschränkung, dass die USA von einer Verfolgung wegen Genozid ausgeschlossen ist. Die USA kann wegen eines Genozides nicht vor ein Gericht gebracht werden. Und genau das passierte im Jahr 2000. Jugoslawien klagte die USA vor dem Internationalen Gerichtshof an, wobei sie die NATO-Mächte wegen verschiedener Verbrechen bezichtigte, die Bombardierung von Serbien, und einer der Klagepunkte war Genozid. Und die USA wandten sich einfach an das Gericht und erklärten, dass das Gericht keine Jurisdiktion über die USA ausüben dürfe. Weil die USA Genozid begehen dürfen. Und das Gericht akzeptierte dies korrekterweise. Und die USA war vom weiteren Fortgang des Gerichtsverfahrens ausgeschlossen. Während die anderen NATO-Mächte sich verteidigen mussten.
{UN KONVENTION GEGEN FOLTER}
Das gleiche gilt für die internationale Konvention über Folter. Es gibt eine Reihe von Diskussionen derzeit darüber, wie die Bush-Regierung Folter durchgeführt hat. Wie verhindert wird, dass es ernsthafte Verurteilungen gibt usw. Aber in der Diskussion muss man etwas vermissen. Die USA hatte niemals die Konvention gegen Folter unterzeichnet oder ratifiziert. D.h. sie hatten sie zwar ratifiziert, aber wie immer Einschränkungen. Der Kongress hatte die Konvention ratifiziert, nachdem der Senat die Konvention neu geschrieben hatte. Dabei wurde eine gewisse Kategorie der Folter ausgeschlossen. Wenn man sich das genau anschaut, dann ist das die Kategorie von Folter, die durch die CIA angewandt wird. Genau diese Kategorie wurde ausgeschlossen. Die meiste Folter, die unter der Bush-Regierung zu verantworten ist, fällt genau in diese Ausnahmebestimmung. Deshalb ist es nicht so sicher, dass Folter unter US-Recht überhaupt illegal war.

Das zieht sich überall durch die Geschichte hindurch. Die USA unterzeichnet niemals einfach allgemeine Konventionen, damit sie wie geplant wirken können. Es gibt allgemeine Erklärungen und dann müssen sie in Gesetz umgesetzt werden. Und es gibt viele UN-Konventionen. Und wenn man genau hinschaut, erkennt man, dass die USA nur wenige davon wirklich unterzeichnet hat. Und wenn die USA manchmal solche Konventionen ratifiziert, dann gibt es Einschränkungen, die ausschließen, dass die USA zur Verantwortung gezogen werden kann.
{UN KINDERRECHTSKONVENTION}
… Es gibt kein internationales Gesetz, das ohne Einschränkungen durch amerikanisches Gesetz angewandt werden kann. Aber die meisten Konventionen werden ganz einfach niemals unterzeichnet. Wie die Konvention zum Schutz der Kinder. Sie wurde von jedem Staat unterzeichnet, mit zwei Ausnahmen. Die USA und Somalia. Aber Somalia konnte das nicht, weil das Land keine Regierung hat. Und schauen Sie sich die Liste an, sie werden das als allgemeines Muster finden.

All dies reflektiert die Annahme der unmittelbaren Nachkriegszeit, nach der die US-Macht so überwältigend ist, dass sie gar nicht von irgendeiner internationalen Überwachung belästigt werden sollte. Und natürlich auch nicht durch die UN. Nun es gibt viele ähnliche Beispiele. Aus diesem Grund sind die USA ein Schulbuchbeispiel, nach internationalen Begrifflichkeiten, für einen … skrupellosen Staat (rogue state). Und natürlich ist der größte Verstoß gegen internationales Recht das Veto gegen einen Beschluss des Sicherheitsrates. Das eliminiert ganz einfach alle Verpflichtungen.
{DIE UN UND DIE USA IN DEN 1990ER JAHREN}
Ein solches Verhalten ist natürlich nicht ohne Kommentare in elitären Kreisen geblieben. In den späten 1990er Jahren stellten wertvolle Stimmen fest, dass die USA die skrupellose Supermacht werden würde. Ein Macht, die von vielen Ländern der Welt als größte einzelne Bedrohung für die Existenz ihrer Gesellschaft angesehen wird. Und dies waren keineswegs unwichtige Stimmen. das waren Samuel Huntington, ein hoch geschätzter Professor in Harvard. Und Robert Jervis und seine Rede als Präsident der Gesellschaft für Politikwissenschaften. Aber sie wurden übertönt durch einen bemerkenswerten Chor von selbstverherrlichenden Stellungnahmen. Und ich glaube dass es kein ähnliches Beispiel in der intellektuellen Geschichte der Menschheit gibt, das hiermit vergleichbar wäre. Das waren die 1990er Jahre.

Zu diesem Zeitpunkt wurde Clintons Außenpolitik von prominenten Intellektuellen beschrieben als „den Eintritt in eine ehrenvolle Phase“ und zum ersten Mal in der Geschichte würde das Land geleitet werden alleine durch Altruismus. Verpflichtet Prinzipien und Werten. Eine idealistische neue Welt, die die Unmenschlichkeit beenden würde, die bisher verhindert hätte, dass sich die internationalen Normen der Menschlichkeit hätten durchsetzen können. Dies würde zu einer wunderbaren Zukunft führen. Ein großer Teil der intellektuellen Stellungnahmen jener Zeit hörten sich wirklich sehr ähnlich zu Stellungnahmen von Nordkoreanern über die Politik ihres Landes an.
{R2P}
Aber es dürfte keine Überraschung sein, dass nicht jeder so überzeugt war. Im globalen Süden sahen es die Menschen ganz anders. Sie verurteilten aus vollem Herzen, was sie das „Recht auf humanitäre Intervention“ nannten. Für sie war es lediglich das alte Recht einer imperialistischen Dominanz. Und sie entwickelten die gleiche kritische Haltung gegenüber der im Westen gerade in Mode befindlichen „R2P“, Verantwortung zu schützen. Es ist interessant, dass die westliche Version interessanterweise sehr unterschiedlich ist von der Version der restlichen Welt. Es gibt eine Weltversion von R2P. Diese wurde durch die Vollversammlung im Jahr 2005 durch die UN verabschiedet. Und es lohnt sich zu betrachten, wie die USA und einige ihrer Verbündeten sich vom Rest der Welt unterscheiden. Das ist eine der Kernaussagen des heutigen Themas.

Es ist besonders wichtig, wird aber niemals wirklich diskutiert. Die westliche Version von R2P erscheint in einem Dokument von 2001 dessen erster Autor der ehemalige australische Premierminister Gerath Evans war. Er wird im Westen als der Vater von R2P gefeiert. Aber seine Version ist ganz entscheidend unterschiedlich zu der Version der Welt. Der entscheidende Artikel im Evens Bericht stellt die folgende Situation fest: „… in der der Sicherheitsrat einen Vorschlag zur Intervention zurückweist, oder sich nicht rechtzeitig damit beschäftigt“. In diesem Fall erlaubt der Bericht Aktionen, innerhalb des Gebietes der Jurisdiktion, durch regionale oder subregionale Organisationen. Mit der Absicht, nachträgliche Autorisierung durch den Sicherheitsrat zu erhalten. 

Wenn sie beobachten, was passiert ist, werden sie sehen, dass dieser Artikel genau maßgeschneidert wurde, um rückwirkend die Bombardierung von Serbien zu rechtfertigen. Was zwei Jahre vorher stattgefunden hatte. Die Tatsache, dass dieser Artikel mit großer Empörung durch den Süden der Welt abgelehnt wurde, bzw. dem allergrößten Teil der Welt, spielte keine Rolle. Diese Regelung von R2P bevollmächtigt die Starken, Gewalt nach eigenem Gutdünken einzusetzen. Und der Grund ist sehr klar. Die Mächtigen stellten einseitig fest, wann sie Gewalt einsetzen können, und sie bestimmen, was das Gebiet ihrer Jurisdiktion ist.

Die OAS kann das nicht tun. die afrikanische Union kann das nicht tun. und eigentlich kann das keine regionale Organisation tun. Außer der Nato. Das ist die einzige Organisation, die das tun kann. Also ist das nichts anderes als eine Vollmacht für die NATO, um Gewalt anzuwenden. Und die NATO nutzt das Recht. Wenn die NATO einseitig feststellt, dass sein Gebiet der Jurisdiktion den Balkan beinhaltet, dann kann es auch feststellen, dass es dort Gewalt anwenden kann. Ohne dass es einer Autorisierung durch den Sicherheitsrat bedarf.

Auch interessant aber kaum diskutiert ist die Tatsache, dass das Gebiet der Jurisdiktion nicht die NATO selbst betrifft. Schockierende Verbrechen werden dort begangen. Wie z.B. gegen Kurden, in der südöstlichen Türkei. Bis in die 1990er Jahre, ohne dass es auf der Tagesordnung der NATO erschien. Aus einem einfachen Grund. Die entschlossene diplomatische und politische Unterstützung der Türkei wurde durch die Clinton-Regierung sichergestellt. Diese Unterstützung hatte seinen Höhepunkt im Jahr 1997, also in dem Jahr, in dem Clinton so gelobt wurde wegen der ehrenvollen Art seiner Politik. Dafür hatte die NATO dann später festgestellt, dass ihre Jurisdiktion sich auf Afghanistan erstreckte, und natürlich auch weit darüber hinaus.

Im Jahr 2007 war die Mission der NATO offiziell daraufhin erweitert worden, die Pipelines, die Öl und Gas zum Westen transportierten, zu überwachen. Und noch allgemeiner, auf die Seewege, die durch Tanker genutzt werden, und auf weitere kritische Infrastruktur der Energieindustrie. Das macht aus der NATO eine globale Interventionsmacht. Aber natürlich unter dem Oberkommando eines Generals der Vereinigten Staaten von Amerika. Und so hat die NATO sein Gebiet der Jurisdiktion auf die ganze Welt ausgedehnt. Und sie behält sich das Recht zur Gewaltanwendung unter der westlichen Version der R2P vor. Diese kostbaren Rechte sind in der Praxis beschränkt ganz alleine auf die NATO, und widersprechen ganz erheblich den Prinzipien, die durch die Vollversammlung der UNO verabschiedet worden war.

Und sie ließen absichtlich die Tür offen, sich auf R2P als Waffe zu berufen, wenn sie imperialistische Interventionen nach eigenem Gutdünken planen. Eigentlich sollte das ausführlich diskutiert werden, aber wie sie sich umschauen, werden sie erstaunlich wenige Kommentare darüber finden. Der Grund ist wieder die Annahme, dass wir die stärksten in der Welt sind, also ist alles was wir tun legitim. Manchmal verlieren wir Teile der Welt, wie China, oder Südamerika im letzten Jahrzehnt. Da muss wohl etwas falsch laufen, dagegen muss man etwas unternehmen.

Nun, diese Angelegenheit wurde im Fall von Libyen akut. Tatsächlich hat es in Libyen zwei Interventionen gegeben. Eine war unter der Resolution des Sicherheitsrates, Resolution 1973. Diese forderte eine Flugverbotszone und alle notwendigen Maßnahmen, um die Zivilbevölkerung zu schützen. Diese Intervention dauerte ca. 5 Minuten. Die drei traditionellen imperialen Mächte, Frankreich, England und die Vereinigten Staaten von Amerika, verstießen sofort gegen diese Resolution. Und sie entschlossen sich, die Luftwaffe der Rebellenkräfte zu werden. Nichts in der Resolution rechtfertigt dies. Eigentlich stand die gesamte Welt diesem Verhalten entgegen. Fast jeder forderte Verhandlungen und Diplomatie. Um das Blutvergießen zu beenden. Und um die Zerstörung zu beenden, die stattfand. Um einen Krieg zu verhindern, der in eine humanitäre Katastrophe mündete. Verursacht in erster Linie durch die Bomben der Nato. In zwei Städten, Bani Walid und Sirte, der Heimat des größten Volkstamms wurde eine Katastrophe ausgelöst, die vom Roten Kreuz bitterlich beklagt wurde, aber hier kaum diskutiert wird.

Verurteilung der schnellen Eskalation der Gewalt durch die Nato wurde auch durch die afrikanische Union ausgesprochen, Libyen gehört zu Afrika, durch die BRICs- Länder, Also Brasilien, Indien, China, Südafrika, also die wichtigsten Schwellenländer. Die Eskalation wurde auch durch die International Crisis Group kritisiert. Eine sehr respektierte Organisation, die Aktionen in der Dritten Welt beobachtet. Und es gibt ein ziemlich wichtiges Dokument von seinem Direktor. Das imperiale Triumvirat berief sich auf R2P, aber vollkommen ohne jede Rechtfertigung. Sie waren tatsächlich alleine mit der Einschätzung der Situation.
{PALÄSTINA}
Lassen Sie uns zurückkommen zu der kürzlich erfolgten Kürzung der Gelder für die UNESCO. Mit der Absicht die Organisation zu bestrafen, weil sie Palästina aufgenommen hatte. Auch hier gibt es eine Geschichte, in der die Vereinten Nationen eine Rolle spielt. Es gibt viele schwierige Probleme in der Welt. Und es ist schwierig Lösungen zu finden, wie z.B. in Kaschmir, Ost-Kongo, oder andere Gebiete. Aber das Israel-Palästina-Problem ist keines dieser schwierigen Probleme.

Es gibt da eine ganz einfache und direkte Lösung. Und es gibt eine überwältigende internationale Übereinstimmung darin, und wir wissen, wie die Lösung heißt. Es ist die Zweistaatenlösung auf Basis der Grenzen von 1967. Vielleicht mit kleineren Anpassungen in gegenseitiger Absprache. Es war eine Waffenstillstandslinie  … das war tatsächlich die offizielle Meinung der USA in den späten 1960er Jahren, als die USA noch Teil der Welt war. Und eigentlich stimmt jede relevante Partei dieser Auffassung zu. Mit einer Ausnahme. Mit einer entscheidenden Ausnahme. Dieser Vorschlag erreichte den Sicherheitsrat 1976. Die Resolution wurde durch die drei arabischen Konfrontationsstaaten eingebracht. Syrien, Ägypten, Jordanien. Sie brachten die Resolution in den Sicherheitsrat ein. Sie riefen dazu auf, eine Vereinbarung über die internationale Grenze zu finden. Und dann gab es Anpassungen an die UNO Resolution 242, die das diplomatische Basisdokument war. Sie beriefen sich auf das Recht und auf Anerkennung jedes Staates in Frieden zu leben. Mit anerkannten und gesicherten Grenzen. Das würde Israel und den palästinensischen Staat einbeziehen. Das war der internationale Konsens.

Israel weigerte sich an dem Treffen teil zu nehmen. Sie entschlossen sich ohne wirklichen Grund den Libanon zu bombardieren und dabei ca. 50 Menschen zu töten. Und die USA legte ihr Veto gegen die Resolution ein.

Als die USA ihr Veto einlegten, war es tatsächlich ein doppeltes Veto. Zunächst war die Resolution vom Tisch. Und zweitens wurde die Resolution aus der Geschichte verbannt. Das ist ein weiteres Vorrecht von Macht. Und so muss man gründlich suchen, um überhaupt etwas über den Vorgang zu finden. Aber es gibt die Geschichte, und man kann sie sogar in der New York Times finden. Im späten Januar 1976, als das Ereignis stattfand. Das war das erste wirklich wichtige Veto in einer Frage, die eine internationale Streitigkeit beenden sollte.

Die Angelegenheit kam im Jahr 1980 wieder auf den Tisch. Wieder eine Resolution. Wieder ein Veto der Vereinigten Staaten von Amerika. Dann wurde das Thema durch die USA aus dem Sicherheitsrat eliminiert. Die allgemeine Diskussion verlegte sich auf die Generalversammlung. Und fast jedes Jahr gibt es eine Resolution mit immer wieder ähnlichem Inhalt, {zählt auf}. Das ist immer das gleiche Muster. Im Jahr 1988 gab es einen interessanten Wechsel und dann im Jahr 1989. In 1988 nahm der Nationale Palästinensische Rat formal die Resolution der Vollversammlung an. Es geht um eine Zweistaatenlösung, in der Israel alle Rechte im internationalen System hat. Mit einem palästinensischen Staat als Nachbar. Israel antwortet natürlich darauf, und zwar in einer interessanten Art und Weise. Einige Monate später trat Israel auf mit einer formalen Deklaration, in der gesagt wurde, dass es keinen zusätzlichen palästinensischen Staat geben könne, zwischen Jordanien und Israel. Das ist ein sehr interessanter Satz. Israel erklärte, dass Jordanien ein Palästinensischer Staat wäre. Nun müssen die Jordanier und die Palästinenser dem nicht zustimmen. Es waren Unmenschen, und es spielte keine Rolle, was sie sagten. Also gibt es einen palästinensischen Staat, auch wenn alle Menschen, die in dem Gebiet wohnen, diese Annahme ablehnen. Und deshalb kann es keinen zweiten geben. Also gibt es keinen palästinensischen Staat.

Israel erklärt, dass alles was mit den besetzten Gebieten zu tun hat, Westbank, Gaza, müsste eigentlich in Übereinstimmung mit den Richtlinien der israelischen Regierung gelöst werden. Und die PLO, die Organisation, die die Palästinenser vertritt, konnte nicht Teil der Verhandlungen sein. Palästinenser können teilnehmen, aber sie haben kein Recht, eine Organisation zu wählen, die sie vertritt. Und jede Verhandlung müsse unter den Bedingungen der Regierung Israels stattfinden.

Wie immer ist die wichtigste Frage, was denn die USA tun wird. Und die USA reagierte sehr schnell, im Dezember 1989 trat das Außenministerium auf, und zwar mit einem Plan, einem größeren Plan, nannten sie es, von Baker, Außenminister unter Bush Nr. 1. Und der Baker-Plan wiederholte ganz einfach die israelischen Standpunkte. Also kein zusätzlicher palästinensischer Staat, Palästinenser können sich ihre Organisation nicht aussuchen. Alles musste unter den Bedingungen Israels gelöst werden. Das war die offizielle US-Politik im Jahr 1989.

Kurz danach kamen die Oslo-Verhandlungen. Die wichtigsten Teile der Osloer Verhandlungen betrafen das Untergraben der Position der palästinensischen Verhandlungsführer. Es wurden Verhandlungen geführt. Natürlich unter der Leitung der USA. Und es gab Verhandlungsführer der Palästinenser von innerhalb der besetzten Gebiete. Die Delegation der Palästinenser wurde angeführt von der vielleicht am meisten respektierten Persönlichkeit in den besetzten Territorien. Er ist ein überzeugter Nationalist, ehrlich, nicht korrumpierbar. Und er stellte eine wichtige Bedingung, das war das Beenden der illegalen Siedlungsbauten. Was die USA natürlich nicht akzeptieren konnten. Und natürlich geht der Aufbau von illegalen Siedlungen in den besetzten Gebieten weiter. Und er forderte natürlich auch einen palästinensischen Staat. Am Ende der Verhandlungen wurde er unterminiert durch die Oslo-Vereinbarungen, diese führten zu einem Treffen auf dem Rasen des Weißen Hauses, manche mögen sich erinnern. Bill Clinton stand in der Mitte mit Yitzhak Rabin und Jassir Arafat. Die Presse nannte es einen Tag der Glorie. Und sie kamen aus den Gesprächen mit einer Deklaration von Prinzipien. Und wenn man sich die anschaut, es gibt sie im Internet, es sind zwei Seiten. Sie sagen nichts über eine Beendung des Siedlungsbaus aus, und sie besagen, dass das Endergebnis der Verhandlungen etwas sein sollte, was in Resolution 242 festgelegt worden wäre. Aber UN 242 sagt nichts aus über die Rechte der Palästinenser, Palästinenser werden dort lediglich als Flüchtlinge erwähnt. Das war also das Endergebnis der Verhandlungen. Kein Recht Palästinas auf einen eigenen Staat. 

Viele waren sehr wütend darüber. Nicht jeder. Aber natürlich lehnte der Verhandlungsführer in Oslo das Ergebnis ab und er weigerte sich, an der Zeremonie auf dem Rasen des Weißen Hauses teil zu nehmen. Denn er hatte Prinzipien, und er wollte nicht einfach alles aufgeben. Und natürlich war die Deklaration ein vollständiger Verkauf der palästinensischen Interessen. Die Siedlungen wurden weiter gebaut. Auch in den folgenden Jahre. Die bestehenden wuchsen weiter. Schauen Sie sich die Charts an. Es ist praktisch ein lineares Wachstum durch alle 1990er Jahre.

Es wird allgemein behauptet, dass Rabin, der 1995 ermordet wurde, er wäre ein Mann des Friedens gewesen. Und er würde die Einrichtung eines palästinensischen Staates zulassen. Diese Annahme basiert sich auf der totalen Verweigerung die Akten zur Kenntnis zu nehmen. Kurz bevor er ermordet wurde, hatte Rabin vor der Knesset eine Rede gehalten, und er wiederholte seine lange bekannte Position, dass .. ich will es Ihnen vorlesen:
„Wir streben eine permanente Lösung des blutigen Konfliktes zwischen uns und den Palästinensern und den arabischen Staaten an. Wir streben diese Lösung im Rahmen des Staates von Israel an, der den größten Teil des Territoriums beinhalten wird, das unter dem britischen Mandat stand, Jordan bis zum Meer … Und in der Nachbarschaft eine palästinensische Einheit, die die Heimat für die meisten Palästinenser sein soll, die im Gaza-Streifen und in der West-Bank leben. Wir streben an, dass diese Einheit weniger als ein Staat ist, eine Einheit, die aber unabhängig das Leben der Palästinenser organisiert. Die Grenzen Israels während dieser Lösung werden über die Linie hinausgehen, die vor dem 6-Tage-Krieg existierten. … Wir werden nicht zu den Grenzen von 1976 zurückkehren.“
Das war Rabins Haltung kurz bevor er ermordet wurde. Er wurde von Shimon Perez ersetzt der die gleichen Dinge wiederholte. Einmal im Amt erklärte er, dass es niemals einen palästinensischen Staat geben werde. Er wurde im Jahr 1996 durch Benjamin Netanjahu ersetzt, der derzeitige Premierminister, der wiedergewählt wurde. Dieser wird als ultrascharfer Falke angesehen und tatsächlich enthält das Parteiprogramm, nach dem er sich richtet, einen Passus ganz explizit, dass es niemals einen selbstbestimmten palästinensischen Staat westlich des Jordan geben werde. Und dann erzählt das Programm viel über Hamas, auf die sonst keiner achtet. Das ist die formale Position der regierenden Partei Israels.

Und doch ist die Regierung Netanjahu die erste, die anerkennt, dass es vielleicht doch einen palästinensischen Staat geben könnte. Als er im Jahr 1996 in sein Amt kam, da wurde seine Regierung gefragt, ob sie jemals einen palästinensischen Staat akzeptieren würde. Und der Informationsminister sagte:
„Schauen Sie, wir werden sicher ein paar Fragmente Land den Palästinensern überlassen. Und wenn sie das einen Staat nennen wollen, dann können sie das tun. Oder sie können es Fried Chicken nennen“.
Nun, das ist im Wesentlichen die US-Israel-Position. Ja, sie können Fried Chicken haben, wenn sie wollen.

Die Siedlungen sind sämtliche illegal. Nicht nur die Erweiterungen, sondern auch die bereits existierenden. Das wird durch jede relevante internationale Autorität bestätigt. Sicherheitsrat, Internationales Weltgericht, sogar Israel stimmt dem zu. Aber was Jerusalem genannt wird, was ungeheuer ausgedehnt wurde, was illegalerweise annektiert wurde, dort sind die Siedlungen sogar doppelt illegal. Weil sie sogar gegen eine ausdrückliche Entscheidung des Sicherheitsrates verstoßen, der besagt, dass der Status von Jerusalem nicht verändert werden darf.

Warum wird das fortgesetzt? Dafür gibt es eine ganz einfache Begründung, wie sie in dem Veto von 1976 aufgeführt wird. Die USA blockiert jede politische Lösung des Konflikts. … Die USA steht alleine mit Israel. Aber die anderen Akteure sind irrelevant. Das jüngste US-Veto war vom 20. Februar 2011 und das ist ganz interessant, auch wenn es meist ignoriert wird. Der Grund ist, als Obama sein Veto einlegte, da ging es um eine Resolution, die eine offizielle US-Politik forderte. Also es ging um eine offizielle US-Politik, die sich dafür aussprach, dass es keine weiteren Ausweitungen von Siedlungen geben sollte. Obama kümmerte sich nicht drum und sagte einfach Netanjahu, mach einfach weiter. Das ist die offizielle Position. Der Sicherheitsrat hatte eine Entscheidung hierfür angesetzt. Und Obama legte sein Veto ein. Nun das ließ einige nachdenklich werden. Und das beendete jede Diskussion über die Beendigung der Ausweitung von Siedlungen. Es gibt ein anderes Veto, das angedroht ist, für den Fall, dass der Sicherheitsrat den Antrag Palästinas annehmen sollte. Ein Antrag auf Mitgliedschaft. Wenn das zustande kommen sollte, wäre die Isolierung der USA noch weiter vorangetrieben. Das sind wirklich historische Tatsachen.

Obama hatte nicht viele Errungenschaften in seiner Präsidentschaft zu verzeichnen. Aber da war eines, das man nicht übersehen sollte. Es gelang ihm noch unpopulärer in der arabischen Welt zu werden als es George Bush schon war. Das will schon etwas sagen. Bush war runter gegangen auf ca. 9% Unterstützung Obama erreichte nur noch 5% in Ägypten.  
{DIE SÄULEN DER UN UND DIE USA}
Die UN hat verschiedene Säulen. Das Kernprinzip ist die Zurückweisung der Androhung oder Nutzung von Gewalt in internationalen Angelegenheiten. Das ist Artikel 2.4. Es gibt Ausnahmen. Diese sind .. wenn Kräfte, die durch den Sicherheitsrat autorisiert wurden, oder, in Artikel 51 wenn die Gewalt in Selbstverteidigung gegen einen bewaffneten Angriff ausgeführt wird, bis zu dem Zeitpunkt, bis zu dem der Sicherheitsrat agieren kann. Aber es gibt praktisch kein Beispiel dafür.

Die USA weist routinemäßig dieses Prinzip von sich. So häufig und so allgegenwärtig, dass es überflüssig ist, Beispiele dafür zu nennen. Gerade jetzt wieder verstoßen die USA dagegen. Die Drohungen gegen den Iran verletzen den Artikel 2.4 der UN Charta, in dem die DROHUNG und die Anwendung von Gewalt verurteilt werden. Im Fall vom Iran ist der Rahmen „Alle Optionen sind offen“ was bedeutet, wenn wir das Gefühl haben, wir müssen sie mit Atombomben angreifen, dann werden wir das tun. Schon das, alleine die Worte, sind eine Verletzung der Charta der UN. Noch deutlicher ist die Anwendung von Gewalt, die ständig stattfindet.

Eine andere Säule ist der Internationale Straf-Gerichtshof (IStGH oder ICJ). Wie ich schon erwähnte, verlieh sich die USA selbst eine Amnestie gegen jedes Urteil des Gerichts, wenn das Urteil von Bedeutung sein sollte. Und unter Reagan erweiterte die Regierung dies und bestreitet jedwede Autorität des ICJ über jedwede Angelegenheit in Verbindung mit den USA.

Die letzte wichtige Säule ist die Erklärung der universellen Menschenrechte. 10. September 1948. … Der Menschenrechtstag. Warten Sie ein paar Tage, und man wird wieder mitreißende Stellungnahmen hören, einen vollständigen Einsatz für die Menschenrechte. Und man wird wieder Feinde verurteilen, die die Menschenrechte routinemäßig verletzen. Und lassen Sie uns das nun mal anschauen.

Die Deklaration der Menschenrechte hat drei Teile. Alle haben die gleiche Bedeutsamkeit. Die drei Teile sind a) Bürgerrechte und politische Rechte, b) die sozioökonomischen Rechte und c) die kulturellen Rechte. Die USA erkennt formal die Bürgerrechte und politischen Rechte an. Aber nur förmlich. Sie verstößt sehr häufig dagegen, und das sind interessante Fälle. Wenn Sie wollen, kann ich einige davon erklären. Die kulturellen Rechte weist die USA zurück, ohne dies zu kommentieren. Sie werden noch nicht einmal diskutiert. Die sozioökonomischen Rechte sind die vielleicht interessantesten, diese werden von den USA ganz explizit zurück gewiesen. Ich will nur ein paar Beispiele erwähnen.

Im April 2005 brachte die USA die Resolution auf das Recht auf Nahrung zu Fall. Ebenso wie das Recht auf den höchsten möglichen Standard an körperlicher und geistiger Gesundheit. Das widerspricht Artikel 25 der universalen Menschenrechtskonvention. Es war das einzige Veto. Ein Monat davor hatte die Unterstaatssekretärin Paula Dobriansky den jährlichen Menschenrechtsbericht des Außenministeriums vorgestellt. Wenn Sie ihn gelesen haben, dann erklärt sie höchst eloquent … „Die Förderung von Menschenrechten ist nicht nur ein Element der Außenpolitik, es ist das Fundament der Außenpolitik, und unsere größte Sorge.“ Dobriansky hatte bereits ihr Konzept von Menschenrechtsverständnis erklärt. Das war in ihrer Eigenschaft als stellvertretende Staatssekretärin im Außenministerium, verantwortlich für Menschenrechte und humanitäre Angelegenheiten während der Reagan- und Bush Nr. 1 – Regierungszeit. Dort versuchte sie herauszuarbeiten, was sie als „Falsch“ in den Menschenrechten ansah. Der wichtigste Mangel wären die so genannten sozialen und wirtschaftlichen Rechte, die zu Menschenrechten erklärt worden wären. Das ist immerhin ein Drittel der Erklärung der Menschenrechte. Sie verwarf die Anstrengungen und vernebelte die Diskussion über Menschenrechte indem sie jene „störenden“ Rechte bestritt, die Teil der universalen Menschenrechtserklärung sind. Die aber die Reagan- und Bush-Regierung explizit ablehnte.

Reagans UN-Botschafterin Jeane Kirkpatrick verwarf die sozio-ökonomischen Menschenrechte als „einen Brief an den Nikolaus“ ... Man solle sie einfach nicht beachten. Unter Bush I legte der UN-Botschafter Abraham das einzige Veto gegen das UN-Recht auf Entwicklung ein. Dabei ging es im Wesentlichen um die Beschreibung von Artikel 25 der Menschenrechtsdeklaration. Laut Abraham ist dieser Artikel kaum mehr als ein leeres Gefäß in das „vage Hoffnungen und inkohärente Erwartungen zu einem … sogar gefährlichen Instrument machen könnten“. Das ist die ziemlich konsistente Haltung durch die Jahrzehnte. Deutlicher unter den Regierungen der Republikaner. Aber kaum jemand nahm Notiz davon.

Die Zurückweisung der Deklaration der Menschenrechte ist so tief im Bewusstsein verankert, dass die New York Times sogar einen Leitartikel veröffentlichen können, am Menschenrechtstag, der die asiatischen Länder verurteilt, weil sie die universalen Menschenrechte ablehnen würden, während sie stattdessen zu einem Erfüllen der Grundbedürfnisse der Menschen nach Nahrung, Unterkunft, medizinische Betreuung und Bildung aufriefen. Was auch von der universellen Menschenrechtsdeklaration gefordert wird. Sie forderten also Kernelemente der Menschenrechtsdeklaration, aber nach Auslegung der New York Times wiesen die asiatischen Länder die Menschenrechtsdeklaration zurück. Das ist eine interessante Auslegung und ein Zeichen, wie weit wir uns schon von der Menschenrechtsdeklaration entfernt haben. Indem wir die elementarsten Prinzipien der Menschenrechte bestreiten. Die auch die moralischen Prinzipien sind.

Nun wir sind fast am Ende der Übersicht über die Beziehung zwischen den USA und der UN. Ich denke, es zeigt einige faire Beispiele auf. Und ich denke man sollte das noch einmal untersuchen, und es sollte uns Sorgen bereiten. Da US-Bürger verantwortlich sind dafür, was ihre Regierung in der Welt unternimmt.

Vielleicht hätte man den Titel des heutigen Abends etwas anders wählen sollen. Der vielleicht treffendere Titel hätte lauten sollen: Die USA gegen die UN. Wobei der Begriff die USA sich nicht auf die Bevölkerung bezieht, sondern auf die politische Führung des Landes. Und auf den größten Teil der intellektuellen Welt, darunter auch die Medien. Diese Spaltung {zwischen den normalen Bürgern und den Intellektuellen bzw. der politischen Führung} sollte uns auch Sorgen bereiten. Es ist eine von vielen Illustrationen einer scharfen und wachsenden Trennung von Öffentlicher Meinung und Öffentlicher Politik. Einiges davon war gerade heute auf den Titelseiten. Als es um die Defizit-Kommission ging. Aber das ist ein anderes Thema.

Die Abtrennung der öffentlichen Politik von der öffentlichen Meinung dient immer als Werkzeug um festzustellen, wie Demokratie noch funktioniert. Je größer die Abstände desto weniger funktioniert Demokratie. Das ist etwas, was wir dann auch feststellen würden. Und das erzeugt Sorgenfalten. Danke.
{Es lohnt sich auch die anschließende Diskussion im Detail anzuhören.}

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(1) Gemeint sind nur Gerichtsentscheidungen, nicht z.B. Haftbefehle o.ä. Außerdem ist zu beobachten, dass der Internationale Strafgerichtshof in vielen Fällen gar nicht tätig wird, obwohl alle Voraussetzungen gegeben wären, da die politische bzw. diplomatische Unterstützung, insbesondere des Westens fehlt (Beispiel Thailandmassaker 2010).


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