Quelle: Wikipedia |
In der Einleitung zu den fünf Thesen, schreibt Gabriel, dass die Terroristen aus dem Irak oder Libyen, nur "durch ein paar Seemeilen von uns getrennt" wären. Er vergisst aber, darauf hinzuweisen, dass die Politik der Macht diese Terroristen geschaffen hat, mit der die Bundesregierung jetzt TTIP abschließen will.
"1. Europa eine Stimme geben.Eine Stimme als Nation, oder als Gemeinschaft, erhält man nicht durch ein Handelsabkommen, mit dem man sich einem Hegemon unterwirft, auch nicht durch Macht oder Stärke. Das sind Konzepte der Vergangenheit, der Dominanz und des Hegemonialstrebens. Eine Stimme in der Welt der Zukunft, erhält man durch diplomatische Kompetenz, moralische und ethische Führung, durch die Fähigkeit als neutraler Vermittler Frieden zu stiften. Warum? Weil in der Welt der Zukunft, die Gewichtungen sich verändert haben werden. Nicht mehr alte Hegemons, die mit Gewalt, Erpressung und Unterdrückung, ihre Macht sicherten, sondern neue, aufstrebende Länder, Nationen und Regionen, mit einer ganz anderen Erinnerung an die Geschichte der Welt, werden die Taktgeber der zukünftigen Politik sein.
Selbst das starke Deutschland wird in ein paar Jahren gegenüber den neuen Riesen in der Welt - China, Indien, Lateinamerika - zu klein sein, um gehört zu werden. Unsere Kinder haben entweder eine europäische Stimme oder keine Stimme in der Welt. Doch selbst als Europäer alleine sind wir zu klein, denn der Anteil der Europäer an der Weltbevölkerung sinkt. In China und Indien leben heute 2, 6 Milliarden Menschen, 2050 werden es 5 Milliarden sein. In Deutschland schrumpfen wir dagegen von heute 80 Millionen auf dann 75 Millionen. Wenn wir also die Balance in der Welt halten wollen, brauchen wir Partner. Zuallererst die USA. Europa und die USA sind die größten Handelsräume der Welt. Und gerade Deutschland lebt vom Export - ein Viertel unserer Arbeitsplätze hängt davon ab!"
Die Menschen dieser Länder werden sich daran erinnern, wer versuchte, mit Krieg und Unterdrückung, eine monopolare Welt aufrecht zu errichten. Sie werden sich daran erinnern, wer auf Kosten der gesamten Menschheit, finanziert durch das Privileg einer Weltwährung, eine überwältigende Rüstung finanzierte, die in keinem Verhältnis zu irgendeiner Bedrohung gegen den Besitzer dieser Militärmacht stand. Und sie werden nicht vergessen, wer diese Macht nutzte, um anderen Ländern "den Arm zu verdrehen", wie Obama bildreich erklärte, wenn diese Länder nicht taten, was der Hegemon von ihnen verlangte.
Deutschland und Europa werden nur dann eine Stimme in dieser neuen Welt haben, wenn sie NICHT einfach die Stimme der USA als Echo verbreiten. Ob alle Länder Europas dazu bereit sein werden kann heute ruhig bezweifelt werden. Zuallererst geht es deshalb darum, in Deutschland eine Politik zu betreiben, die zukunftssicher ist. Und eine solche Politik muss unabhängig von der Politik eines aggressiven Hegemons sein. Die Unterwerfung unter die Bedingungen von TTIP kommt dagegen einer Unterwerfung unter den Bowring Treaty gleich. Ein Vertrag, den Thailand abschloss, um eine Kolonialisierung zu verhindern. Ein Vertrag, der Großbritannien alle Möglichkeiten der Ausbeutung Thailands einräumte, ohne dem damaligen Hegemon die Lasten der Infrastruktur und Verantwortung zu übertragen. Sind wir in Deutschland, in Europa schon so weit?
Ja, wir brauchen Partner. Aber nicht zuerst die USA, wie Gabriel sagt. Denn die USA ist eine Macht, die auf Ausschließlichkeit besteht. Sie kennt nur Untertanen oder Feinde. Eine Macht, die ihren Anspruch auf Exzeptionalismus hervorhebt. Eine Macht, die niemals eine andere als gleichberechtigt ansehen wird. Eine Macht, die auch der Meinung ist, sich keinem Weltgericht, keiner UNO, unterordnen zu müssen. Abgesehen davon, welche Vereinbarungen da geschlossen werden sollen: Welchen Wert haben Vereinbarungen, wenn der andere Partner keinerlei höhere Gerichtsinstanz anerkennt?
Europa und die USA sind die größten Handelsräume? Wie lange noch? China hat die USA bereits als größte Handelsnation überholt. Die BRICS Länder, Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika, werden in 10-20 Jahren den größten Handelsraum darstellen. Noch haben Brasilien und Südafrika mit Schwierigkeiten zu kämpfen, aber die werden überwunden sein. Und die BRICS-Staaten werden eine magnetische Wirkung auf viele kleinere Staaten ausüben. Insbesondere auf diejenigen, die derzeit unter dem Hegemon leiden. Wer jetzt TTIP abschließt, verbaut sich die Chance auf engere Zusammenarbeit mit den wirklichen Wachstumsmärkten.
"2. Handelsschranken überwinden!Seit fast 50 Jahren macht unsere Wirtschaft hervorragende Geschäfte mit dem nordamerikanischen Markt. Und mit zunehmender Technisierung der Verwaltung, mit immer neuen Computerprogrammen, mit zunehmender Erfahrung, wird die Überwindung von tarifären und nicht tarifären Handelshemmnissen immer einfacher. Und die Fähigkeit solche Hemmnisse zu überwinden, ist gerade eines der Alleinstellungsmerkmale der deutschen Wirtschaft. Dadurch, und die niedrigen Löhne in Deutschland, wurden wir Exportweltmeister.
Es gibt viele Barrieren gerade für kleine und mittelständische Unternehmen. Zölle und Doppelregulierungen machen den Handel unnötig teuer. Allein die deutsche Autoindustrie muss jedes Jahr eine Milliarde Euro ausgeben, um Autos aus Deutschland in die USA exportieren zu können. Deshalb wollen wir Handelsbarrieren mit den USA und auch mit Kanada abbauen. Dafür brauchen wir die Freihandelsabkommen."
"3. Freihandel - künftig auch mit RusslandEntschuldigung, aber ich behaupte das Gegenteil. MIT TTIP wird es nur einen gemeinsamen Markt mit Russland geben, falls wir die totale Unterwerfung des Landes, wie zu Zeiten von Jelzin erzwingen. Das hat aber keine Zukunft. Denn Russland wird im Rahmen der BRICS Gemeinschaft immer stärker werden. D.h. eine Entscheidung für TTIP heute, bedeutet eine Entscheidung gegen Russland heute und morgen.
Wir wollen den Krieg in der Ukraine endlich beenden. Aber wir brauchen danach auch Russland wieder als Partner. Freier Handel mit Russland schafft neue Bindungen und Wohlstand auf beiden Seiten. Und das hilft, Krieg zu verhindern. Nur mit den USA und Russland zusammen wird es Europa auf Dauer schaffen, die wirtschaftliche und politische Balance in diesem neuen "asiatischen Jahrhundert" zu halten. Niemand muss Angst vor diesen Freihandelsabkommen haben: Sie werden nicht die Sozial-, Umwelt- oder Verbraucherschutzstandards in Deutschland oder in Europa absenken. lind es wird auch keinen Zwang zur Privatisierung von öffentlichen Dienstleistungen geben. Im Gegenteil: Dort, wo deutsche Städte die Wasser- oder Abwasserbeseitigung, die Krankenhausversorgung oder die Kindergärten privatisiert haben, können sie das jederzeit jeder rückgängig machen."
"4. Geheime Verhandlungen verhindern!Ausgerechnet ein Vertrag, der unter jahrelanger Geheimhaltung diskutiert wurde, soll "Geheimhaltung verhindern"? Wie kommt Gabriel darauf?
Außerdem werden wir dafür sorgen, dass bei Streitigkeiten über den Freihandel keine privaten Schiedsgerichte in Geheimverhandlungen entscheiden. So war das früher. Aber zu modernem Freihandel gehört, dass Streitigkeiten vor ordentlichen Gerichten oder in öffentlich-rechtlichen Schiedsverfahren geklärt werden. Mit Berufsrichtern statt teuren privaten Anwaltskanzleien, mit Berufungsinstanzen statt "schnellen Prozessen" und am besten mit echten Handelsgerichtshöfen statt Schiedsgerichten der Privatwirtschaft."
Und was die Gerichtsbarkeit angeht: Was denn nun? Vor ordentlichen Gerichten? Oder doch vor (öffentlich-rechtlichen) Schiedsgerichten?
Halten wir uns eins vor Augen. Die Justiz in Deutschland ist keineswegs unabhängig. Die Internetseite www.gewaltenteilung.de beschreibt sehr schön die Unterschiede, zwischen einer unabhängigen Justiz, und der deutschen Justiz. Zweitens sollten wir berücksichtigen, dass es in der EU eine Drehtürpolitik gibt. D.h. Führungskräfte aus Politik und Wirtschaft wechseln sich auf den jeweiligen Positionen ab. Eine Verstrickung von Interessen, die man insbesondere im Laufe der TTIP Verhandlungen beobachten kann. Und wenn der Verdacht besteht, dass ein ehemaliger deutscher Ministerpräsident, einem Atomunternehmen einen Gefälligkeitsbrief sandte, um einen Schadenersatz gegen den Staat zu ermöglichen, darf man auch erwarten, dass bei TTIP Verfahren vor "öffentlich-rechtlichen Schiedsgerichten" ähnliche Verdachtsmomente aufkommen werden.
Aber bei alledem vermisse ich eine klare Aussage dazu, dass durch TTIP die Souveränität des Gesetzgebers nicht eingeschränkt wird. Wie wird sichergestellt, dass der heute schon oft wie ein Damoklesschwert über dem Gesetzgeber hängende "Bestandschutz" im Rahmen von TTIP noch stark ausgeweitet wird. Dann nützen Gerichte auch nichts mehr.
"5. Demokratie stärken, Frieden schaffen
Wir Deutsche und Europäer können selbstbewusst an eine neue Partnerschaft mit den USA und hoffentlich auch bald wieder mit Russland herangehen. Wir haben etwas zu bieten: Und das ist nicht nur unsere technologische Stärke oder unsere Wirtschaftskraft. Wir haben der Welt auch die Erfahrung von Freiheit, sozialer Marktwirtschaft, Solidarität und von Demokratie anzubieten. Das hat unser Land stark gemacht. Wenn wir Mut haben, selbstbewusst sind und mit anderen zusammenarbeiten, dann werden Deutschland und Europa auch für unsere Kinder und Enkel eine gute, weltoffene und sichere Heimat bieten."
Quelle: Screenshot Vortrag H. Flassbeck |
Gabriel behauptet allen Ernstes, wir würden mit TTIP "Demokratie stärken" und "Frieden schaffen"? Merkt der Leser, wie hier einfach die Wünsche und Sehnsüchte der Menschen in Schlagworten abgearbeitet werden, ohne dass sich irgendeine Verbindung zu TTIP herleiten lässt?
Wieso soll TTIP, eine Handelsvereinbarung mit einer Oligarchie auf der einen, und einer vollkommen unzureichend demokratisch legitimierten EU auf der anderen Seite, in Deutschland die Demokratie stärken? Wo bitteschön wird unsere Demokratie gestärkt?
Warum soll TTIP Frieden schaffen? Weil wir die USA jetzt nicht militärisch angreifen, oder die USA uns nicht militärisch angreift, um den gemeinsamen Markt nicht in Gefahr zu bringen? Scherz beiseite. Wir schließen einen Freihandelsvertrag mit einer Macht ab, die Wirtschaft als Mittel des Krieges einsetzt. Gegen nicht genehme Länder wird die Wirtschaft der USA als Waffe eingesetzt. Und je enger die Beziehung zur USA werden, desto größer der Zwang, sich an diesen kriegerischen Handlungen zu beteiligen. Obwohl die Schweiz KEINEN Freihandelsvertrag mit den USA haben, ist die Souveränität des Landes, und die Handlungsfähigkeit der Wirtschaft, durch die bestehende Verflechtung bereits eingeschränkt. Wie man an den riesigen Strafzahlungen von Banken sehen kann, die gegen Sanktionen der USA verstoßen hatten.
Durch TTIP unterwerfen wir uns endgültig, und unwiderruflich, dem Zwang, Sanktionen der USA zu folgen. Was das für unsere Wirtschaft bedeutet, und was das für den Frieden bedeutet, kann man derzeit sehr schön an der Ukraine-Krise und den Sanktionen gegen Russland erkennen. Und das schon OHNE TTIP.
Ganze frische Infos zu den Geheimnissen von TTIP bzw. Schwesterverträgen von WikiLeaks http://www.rtdeutsch.com/15314/headline/auf-dem-weg-zur-globalen-konzern-korruptokratie-wikileaks-veroeffentlicht-geheimes-kapitel-des-ttp-abkommens/
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