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Montag, 30. März 2015

Lasst die Houthis im Jemen in Ruhe!

Justin Raimondo / Quelle:Wikipedia
Der folgende Artikel ist eine Übersetzung des fast gleichnamigen Beitrags von Justin Raimondo in www.antiwar.com vom 27. März 2015. Wie immer empfehlen wir, die Originalquelle zu lesen. Bemerkungen in eckigen Klammern und Überschriften hinzugefügt.

Die von den USA unterstützte Aggression Saudi Arabiens, gegen die Souveränität des Jemen, ist ein Schulbuchbeispiel wie lokale Konflikte internationalisiert werden - und die Lunte für regionale Konflikte und sogar globale Auseinandersetzungen werden.

DIE GESCHICHTE

Wie Libyen, ist der Jemen ein weiterer Staat des Mittleren Ostens, der in Wirklichkeit gar nicht existiert. Er besteht aus eigentlich mindestens zwei Staaten, vielleicht sogar drei: den südlichen Provinzen, die in erster Linie sunnitisch besiedelt sind, den nördlichen Stämmen, die sich zum größten Teil zur zaydischen Form des schiitischen Islam bekennen, und dem Gebiet, rund um Sa'na, der Hauptstadt, in der alle kulturellen, politischen und religiösen Fraktionen sich treffen.

Die Nord-Süd-Teilung geht zurück auf die britische Kolonisierung im 19. Jahrhundert, als im Jahr 1839 die Briten den Hafen von Aden besetzten, und die Stadt zu einer Untereinheit des Indischen Vizekönigs machten. Aden wurde nach der Eröffnung des Suez-Kanals ein wichtiges Handelszentrum, und die Briten drangen von hier aus vor, erweiterten ihren Einfluss in ein Gebiet, dessen Herrschaft sich bis dahin fortwährend das Osmanischen Großreich und lokale Imams geteilt hatten, darunter auch die unverwechselbaren Zaydis im Norden. Im Jahr 1911 erhoben sich die Zaydis gegen die Briten und ihre örtlichen Kollaborateure, zerstörten die Nord-Süd-Teilung, die durch das Außenministerium Groß Britanniens verhandelt worden war, und etablierten das Mutawakkilite Königreich des Jemen unter dem Imam Yahya. Yahyas Traum war es, die alte Qasamid Dynastie wieder aufleben zu lassen, die im siebzehnten Jahrhundert gegründet worden war. Ein "Großer Jemen" der sich bis in das Gebiet erstreckt, das heute von Saudi Arabien beansprucht wird, und im Süden den Bereich des kompletten heutigen modernen Jemens umfasst.

In den 1960er Jahren entwickelte die anti-koloniale Bewegung in der arabischen Welt, eine von Nasser geprägte Form des Sozialismus. Das manifestierte sich im Jemen, in einem Coup gegen den König, durch Offiziere, die dann, nach einem Bürgerkrieg mit drei beteiligten Parteien, in dem Monarchisten gegen Republikaner und Ultra-Linke kämpften, die Demokratische Republik Jemen (PDRY) im Süden gründeten, der dadurch de facto ein Teil des Sowjetischen Einflussbereichs wurde, und im Norden gründete sich die Arabische Republik Jemen.

Die beiden jemenitischen Länder lagen in ständigem Streit - aber auch anhaltende interne Konflikte waren zu verzeichnen. Was die religiösen, ideologischen und historischen Unterschiede reflektierte, die das Land seit Jahrhunderten heimgesucht hatte. Im Jahr 1990 jedoch, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, als keine sowjetische Unterstützung mehr verfügbar war, vereinbarten beide Länder eine Vereinigung. Jedoch war der Merger von Anfang an sehr verletzlich, und alte Unterschiede machten sich schnell bemerkbar.

Im Süden bildete sich eine sezessionistische Bewegung, ebenso wie bei den Zaydis im Norden (auch wenn diese sagten, sie wünschten lediglich Autonomie), und um das Ganze zu komplizieren, drang auch noch Al-Kaida in diese chaotische Gemengelage ein. Dies verschaffte der Zentralregierung in Sa'na die perfekte Ausrede, Intervention von Außen, zur Unterstützung der eigenen Interessen, anzufordern.

US-BERATER

Als die ersten US-Helfer und "Berater" in den Jemen strömten, nutzte dies die Zentralregierung, um ihre de facto Diktatur zu zementieren. Die Regierungstruppen ignorierten weitgehend Al-Kaida, das sehr geringe Unterstützung [außerhalb ihrer Hauptgebiete] hat, und keine wirkliche Bedrohung für die Autorität der Zentralregierung darstellt. Daher konzentrierte diese sich auf die Zerschlagung der südlichen Unabhängigkeitsbewegungen und ganz besonders auf die Aufständischen Houthi im Norden. Letztere - die jetzt große Teile des Landes unter ihrer Kontrolle haben, und den "Präsidenten" zwangen zu fliehen - haben ihre Wurzeln in der "Gläubigen Jugend" die versuchte, die zaydische Form der schiitischen religiösen Traditionen wiederzubeleben, um den Priestern des sunnitischen Fundamentalismus - den Vorläufern von Al-Kaida - etwas entgegen zu setzen.  Was ihnen mit einigem Erfolg im Norden des Landes gelang. Die Houthi-Aufständischen widerstanden sowohl den Anstrengungen der Zentralregierung, als auch dem Versuch Saudi Arabiens, sie zu unterdrücken. Allerdings erlitten sie dabei große Verluste. Tausende von Zivilisten wurden bei dem Konflikt getötet, hunderttausende Menschen mussten flüchten.

DER IRAN

Trotz der Behauptung, bzw. den von US-Medien verbreiteten Meldungen, dass der derzeitige Konflikt einer zwischen Saudi Arabien, und vom Iran unterstützten Rebellen wäre, ist ein Beweis für die Teheran - Houthi Verbindung nicht zu finden, einfach nicht existent. Es gibt keinerlei Beweis dafür, dass der Iran, außer politischer Rhetorik, die Bewegung unterstützte.  Wie Christopher Boucek unbd Marina Ottoway in ihrem Buch Yemen on the Brink berichten "haben einige jemenitische Offizielle zugegeben, dass solche Annahmen unbegründet sind".

Unterschiedliche Doktrin hinsichtlich der zaydischen Form des schiitischen Islam und den Islam der Iraner, in Bezug auf wichtige theologische Fragen des Islam, schlossen für Teheran aus, irgendeine substantielle Unterstützung für die Houthi Aufständischen zu leisten, außer Worte. Neokonservative Experten, die auf den Erfolg der Houthis mit einer Warnmeldung, ähnlich der vor Al-Kaida reagierten, indem sie die Houthis als "Takfiris" Abtrünnige/Terroristen, bezeichneten, zeugen von übertriebener, hysterischer Ausdrucksweise. Die Houthis auf ihrer Seite, haben niemals Amerikaner oder amerikanische Interessen im Jemen angegriffen, wie in einer Serie geheimer Mitteilungen, der nicht mehr existenten Botschaft, bestätigt wurde.

US- (UND DEUTSCHE) POLITIK

All das unterstreicht die derzeitige Ahnungslosigkeit der US-Politiker hinsichtlich dieser Region. Die Neocons schreien, dass US-Luftschläge in Tikrit, den durch den Iran geführten schiitischen Milizen helfen würde, ISIS zu schlagen, während im Jemen die Saudis gegen die offensichtlich derzeit nicht vom Iran unterstützten Houthis bombardieren lassen. Es ist richtig, auf den offensichtlichen Widerspruch hinzuweisen, aber falsch die vorgeschlagene Lösung - nämlich die da scheint, die saudische Karte zu spielen, und in Opposition zum Iran zu gehen. Oder genauer gesagt, in Opposition zu den Schiiten zu gehen. Und das bei jeder sich bietenden Gelegenheit. anscheinend gerieten die Aufrufe, ISIS zu schlagen, in Vergessenheit.

DIE FOLGEN DES IRAKKRIEGS

Wie die meisten Probleme der Region, gehen auch diese im Jemen, auf den Irak-Krieg zurück. Dieser Krieg übergab den Iranern anschließend praktisch den Schlüssel zum Irak. Obwohl der ursprünglich Plan der Neocons war, ihren Favoriten, Ahmed Chalabi und seine Gang, als "demokratisch gewählte" Herrscher des Landes einzusetzen, liefen die Dinge anders. Und wie sich herausstellte, war Chalabi außerdem noch mit Teheran verbandelt. Statt dessen drohte der Ayatollah Sistani, Chef der größten schiitischen Sekte im Irak, einen allgemeinen Aufstand auszulösen, falls keine direkten und freien Wahlen stattfinden sollten. Die schiitische Partei gewann diese Wahlen, und folgende Wahlen, und heute ist der Irak ein Verbündeter des Iran. Deshalb mussten also tausende amerikanischer Soldaten und hundertausende Iraker sterben, um den Irak zu einer shiitischen Theokratie zu machen.

Jetzt, da der Irak im iranischen Lager angekommen ist, war es nur natürlich, dass sie sich ihren schiitischen Verbündeten zuwenden würden, als ISIS Bagdad bedrohte. Dies verärgerte die Neocons, die, indem sie ihre eigene Rolle in der Handhabung der Beziehung zwischen Irak und Iran vergaßen, jetzt Teheran als Feind ansehen. Die Iraner kümmern sich für uns [USA] um ISIS, bevor es überhaupt US "Stiefel auf dem Boden des Irak" gibt, sehr zur Enttäuschung von John McCain und Lindsey Graham. Für sie gilt nichts als Krieg, solange kein amerikanisches Blut fließt.

Die gleiche Ironie kann man im Jemen beobachten. Dort sind die schiitischen Houthis äußerst feindlich gegenüber Al-Kaida eingestellt, und eigentlich die einzige Macht, die in der Lage wäre, sie zu besiegen, und damit auszulöschen. Aber das würde wiederum einer Saudisch-Amerikanischen Intervention vorgreifen, und das können wir nicht zulassen.

Was im Jemen passiert, das ist ein lokales Problem, das streng beschränkt ist, und verursacht wird durch die lange und chaotische Geschichte des furchtbar armen Landes. Ausländische Interventionen, ob von den Briten, den Saudis, Al-Kaida oder von wem auch immer, führen lediglich zu endlosen Kriegen, und haben noch nie die Lebensbedingungen der Menschen, auch nur ein winziges bißchen verbessert. Nun nutzen die Amerikaner ihren "Krieg gegen den Terror", um ihren Willen durchzusetzen, und die jemenitische Politik zu bestimmen, obwohl sie überhaupt keine Ahnung haben, um was es geht, oder um was es gehen sollte. Washington und Riad internationalisieren einen Konflikt, der originär jemenitisch ist, und der nur durch die Jemeniten selbst gelöst werden kann.

DIE ABSURDITÄT DER SITUATION

Wie ich bei vielen Gelegenheiten geschrieben habe, war das Spielen der sunnitischen Karte der USA in Syrien und im Irak stets ein Desaster, und das auf so vielen Ebenen, dass man sie kaum noch zählen kann. Im Irak führte es direkt zu ISIS, dem mutanten Nachkommen des so genannten "Arabischen Frühlings". In Syrien, wo die USA "moderate" Jihadisten unterstützten, liefen diese in Massen zu Feinden der USA über, was zu einer Erstarkung von ISIS und Al Nusra führte. Und nun im Jemen versucht man die Zerschlagung der Houthis, eines Volk, das schon lange und tapfer unter Verfolgung leidet, und nun bedroht wird durch eine Allianz von 10 diktatorischen Staaten unter der Führung von Saudi Arabien. Um vollkommene Verrücktheit der Dummheit hinzu zu fügen: Die Anti-Houthi und pro Saudi-Orientierung der Politik wirkt vollkommen gegen unsere [USA] Interessen. Denn die sollen ja [angeblich] aus der Eliminierung von Al Kaida bestehen. Aber hier, bei dieser Gelegenheit, finden wir uns auf der Seite von Al Kaida wieder. Wem mag das sinnvoll erscheinen, außer Bibi Netanyahu?

Jedes Mal wenn wir da intervenieren, wo es uns nichts angeht, trifft uns der Rückschlag voll ins Gesicht. Und er vermittelt uns eine neue Ausrede, für noch mehr Interventionen. Es ist ein endloser Kreislauf, einer, der niemals enden wird, bis wir eines Tages diesen Dämon in uns, diese Besessenheit, ein Imperium sein zu wollen, was uns so viel kostet, besiegen werden.

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