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Sonntag, 29. April 2012

Deutsche Rüstungsexporte und Korruption

Es ist eine bekannte Tatsache, dass in den meisten arabischen Monarchien die Korruption quasi institutionalisiert ist. Und dass die Herrscherhäuser nicht nur den Anspruch erheben, dass das Land der Familie gehört, sondern auch, dass sie einen Anteil der Ausgaben des Staates für ihre Dienste in Anspruch nehmen dürfen. In der Monarchie Thailand ist die Korruption ebenfalls scheinbar unausrottbar. Denn im Zweifel unternimmt das Militär einfach einen Staatsstreich, wie zuletzt im Jahr 2006, um die Machtverhältnisse klar zu stellen. Für Deutsche dürfte der Zusammenhang zwischen deutschen Rüstungsexporten und Korruption in diesen Ländern interessant sein, und soll daher hier am Beispiel Thailands einmal aufgezeigt werden.


Wikileaks veröffentlichte am 30.08.2011 eine Depesche des US-Botschafters in Bangkok.(1)  In dieser widerholt er nicht nur seine Sympathien für den Militärcoup von 2006, den er schon ein vorherigen Mitteilungen klar hatte hervortreten lassen. Sondern er beschreibt auch das Gespräch mit einem der Putschisten, in dem ein Korruptionsfall erwähnt wird, in den auch deutsche Rüstungslieferungen verwickelt sind.
„5. (C ) Der Botschafter fragte Prasong nach seinem Urteil, wer die Mutterland-Partei finanziell unterstützen würde. (Notiz: Viele Kontakte haben daraufhin gedeutet, dass die Mutterland Partei Unterstützung von jemanden mit engen Verbindungen zum Militär erhalten hätte. Ende Notiz). Prasong antwortete darauf, dass ‚ Sonthi {der Anführer der Putschisten des Coups von 2006} zu ihm gekommen wäre, und erklärt hätte, dass er in Betracht ziehen würde, die Rak Chat Partei von Kajit Habananda zu unterstützen. Sonthi stellte fest, dass er ca. 2 Milliarden Baht (ca. 60 Millionen US-Dollar) benötigen würde, um die Partei aufzubauen. Die königlich thailändische Armee verhandelte dann über gepanzerte Mannschaftstransportwagen aus der Ukraine. Das Geschäft war dazu bestimmt, Sonthi zu erlauben, 2 Milliarden Baht aus dem auf 4 Milliarden Baht aufgeblähten Geschäft zu ziehen.“
Uns interessiert hier nicht, welche Partei das heutige ehrenwerte Mitglied des thailändischen Parlaments finanzierte, sondern nur die Tatsache, dass hier als selbstverständlich besprochen wird, was jeder Thailänder sowieso weiß. Manche Korruptionsfälle sind noch wesentlich dreister. Wie der des Kaufs einer leeren Plastikschachtel, die angeblich ein Bomben- und Stoffdetektor sein sollte, und für das ebenfalls Milliarden ausgegeben wurden. Die Armee wollte selbst dann noch nicht davon lassen, als wissenschaftlich bewiesen war, dass die Ansprechrate der Plastikschachtel geringer war als der Zufall. (2) Wenn nicht so viele Menschen durch diese Detektoren gestorben und andere monatelang inhaftiert worden wären, müsste man darüber lachen, wie dreist Korruption zelebriert wird. (3)

Was hat aber die obige Bemerkung mit deutschen Rüstungslieferungen zu tun? Nun, genau genommen waren es offiziell gar keine Rüstungslieferungen. Ein deutschsprachiger Thailandblog berichtet in einer 5-teiligen Artikelserie (4), die auch in deutschen Blogs nachveröffentlicht wurde, wie deutsche Motoren von Tognum, mit einer schönen Mercedes-Aufschrift, ihren Weg in die Ukraine und von dort nach Thailand finden. Und das ohne, dass eine Exportgenehmigung erteilt wurde, und ohne, dass überhaupt eine Exportgenehmigung beantragt worden wäre. Das Geheimnis: Der Motor wird als Dual Use- Artikel geführt. Dabei spielt es offensichtlich keine Rolle, dass genau dieser Motor ausschließlich für militärische Anwendung beworben und verkauft wird, wie der Autor der Artikelserie recherchierte.

Und in diesem Video sieht man bei 4:38 und noch mal bei 5:08 den Mercedes-Aufdruck. (5) Mit ähnlichen Radpanzern hatte die Armee am 19.05.2010 Barrikaden von Demonstranten gestürmt, die im Zentrum von Bangkok für Neuwahlen und eine Rückkehr zur demokratischen Verfassung von 1997 demonstriert hatten. Begründung: 500 bewaffnete Terroristen wären unter den Demonstranten. Jedoch konnte kein einziger gefasst oder getötet werden. Getötet wurden ausschließlich unbewaffnete Männer, Frauen und Jugendliche. So wie auch die ca. 800 vermutlich auf hoher See verstorbenen, weil dort von der Marine ausgesetzten Bootsflüchtlinge, und die Opfer von Streumunition nach einem Waffengang mit Kambodscha. Was aber die Bundesregierung nicht davon abgehalten hat, auch gebrauchte U-Boote anzubieten.

Was hat aber Tognum mit der Korruption zu tun? Nun, da die Firma jegliche Auskünfte verweigert, und in Rüstungsexportangelegenheiten keinerlei Transparenz herrscht, werden wir das vermutlich niemals erfahren. Eine interessante Information aus der Artikelserie sollte aber aufhorchen lassen: Der wichtigste Joint-Venture Partner von Tognum in Thailand ist ein enger Verwandter eines der Generäle, die den Staatsstreich vom 19.09.2006 gegen einen Premierminister inszenierten, der mit einer in der Geschichte des Landes noch niemals vorher gesehenen Zustimmung der Wähler mehrfach bestätigt worden war. Seine Popularität war ihm schließlich zum Verhängnis geworden.


(1) http://wikileaks.org/cable/2007/12/07BANGKOK6170.html#
(2) http://www.schoenes-thailand.de/startseite/analysen/5465-gt200-offener-konflikt-zwischen-armee-und-regierung
(3) http://www.schoenes-thailand.de/startseite/analysen/5466-gt200-schuss-in-den-fu
(4) http://www.schoenes-thailand.de/startseite/enthuellungen
http://www.schoenes-thailand.de/startseite/enthuellungen/6772-deutsche-motoren-fuer-thailaendische-panzer-teil-1 bis 5
(5) http://www.youtube.com/watch?v=EX4nojiMojk


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