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Montag, 16. April 2012

Der Sieg von Dortmund - Die Piraten NRW


Der Landesparteitag der Piraten NRW in Dortmund am letzten Wochenende war nicht nur eine hervorragende Demonstration, dass die Piraten in der Lage sind konzentriert und diszipliniert ein Wahlprogramm zu diskutieren und zu verabschieden, sondern er hat außerdem vor Augen geführt, wie umfangreich und inhaltsschwer dieses Programm ist. Darüber hinaus konnte man die basisdemokratischen Ansätze wieder deutlich erkennen, die die Piraten sich auf die Fahnen geschrieben hatten. Denn mit überaus großer Geduld wurden auch Minderheitenmeinungen angehört und diskutiert.


Das Wahlprogramm zeugt nicht nur davon, dass die Piraten sich mit fast allen wichtigen Themen der Landespolitik auseinander gesetzt haben, sondern auch von größerem Sachverstand, als ihnen in der Regel zugewiesen wird. „Sympathisch aber ahnungslos“ lautete ja bisher die Medienmeinung. Das wird sich wohl schnell ändern, wenn die ersten Abgeordneten in den Landtag einziehen.

Und sie werden, wie man deutlich sehen konnte, ein Dorn im Fleisch der etablierten Parteien sein. Nicht nur die Tatsache, dass an der sakrosanten Lex Bertelsmann gerüttelt wird, stellvertretend für andere Vorstöße gegen Lobbyismus in der Parlamentsarbeit hier erwähnt, lehnen die Piraten auch ein Verfahren ab, mit dem CO2, das beim Verfeuern von Kohle entsteht, in den Boden gepresst werden soll (CCS), um die Umweltbilanz dieser Art der Energieerzeugung zu verbessern. Dies und Anderes sind Angriffe auf die Braunkohle und aber auch die Steinkohleindustrie sowie die mächtige Energieindustrie, gegen deren Interesse dieser Vorstoß gerichtet ist. Ein mutiges Unterfangen für NRW, das zeigt, dass die Piraten keineswegs „populistisch“ nur auf Stimmenfang aus sind.

Aber natürlich gab es auch seltsame Diskussionen. Wie die über die Zwangskastration von Katzen, die von einem Arbeitskreis Tierschutz eingereicht wurde, aber seltsamerweise keine Mehrheit fand. Dabei wurde sogar das Verstümmelungsverbot des Grundgesetzes herangezogen, um diese Forderung zu hinterfragen. Was schließlich dafür sorgte, dass der Antrag abgelehnt wurde. „Im Zweifel gegen den Antrag“ war die Devise der Versammlung. Und die Antragsteller werden ca. ein Jahr warten müssen, bis sie einen erneuten Anlauf machen können, die Mitglieder zu überzeugen.

Ein ähnliches Schicksal erlitt ein Antrag auf friedenspolitische Profilierung der Partei. Obwohl der Inhalt des Antrags eines Positionspapiers landespolitisch motiviert war, argumentierten Gegner bundespolitisch, was schließlich auch zu einer Ablehnung führte. Was aber keineswegs heißen soll, dass den Piraten das Wohl der Rüstungsindustrie in NRW am Herzen liegt, oder Krisenprävention als Bildungsinhalt für Schulen unwichtig erscheint. Wie in anderen Fällen wurde gegen den Antrag gestimmt, weil die Mitglieder zu später Stunde verunsichert waren.

Insgesamt überholte die Piratenpartei die Partei „Die Grünen“ auf der grünen Seite, indem sie sich dafür ausspricht, alle Subventionen für die Atomenergie zu streichen, und die Atomenergie mit den gleichen Risikokriterien zu behandeln wie andere Industriezweige. Dies bedeutet, dass die Atomenergie ihre Anlagen selbst versichern muss, was zu so hohen Kosten führen dürfte, welche die Stromerzeugung mit Atomenergie unwirtschaftlich würde. Dagegen konnten sich die Mitglieder nicht auf ein Tempolimit auf Autobahnen einigen. „Im Zweifel gegen“ den Antrag lautete auch hier die Devise. Die Meinung, dass eine solche Vorschrift möglicherweise die Freiheit unnötig einschränken könnte, verhinderte die Durchsetzung eines Tempolimits.

Der „Sieg von Dortmund“ war also insgesamt ein Sieg der Vernunft, des Augenmaßes und des Lobbyismus. Eines Lobbyismus, der die Interessen der Gesamtheit der Bevölkerung des Landes vertritt, aber nicht die Interessen von Minderheiten.


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