Bereits zwei
Resolutionsentwürfe, die den syrischen Staat verurteilen, und den Weg für ein
Eingreifen der Weltgemeinschaft zugunsten der Rebellen in Syrien ebnen sollen,
sind am Veto Russlands und Chinas gescheitert. Westliche Medien stimmen unisono
in den Chor derjenigen ein, die diese Länder verurteilen, weil sie angeblich
eine wirksame Hilfe für die Zivilbevölkerung verhindern. Dagegen erklären
Russland, China und der Machthaber in Syrien, Assad, dass die Sicherheitskräfte
vorwiegend gegen bewaffnete Terroristen kämpfen würden, die zunehmend vom
Westen mit Waffen ausgerüstet und durch ausländische Söldner unterstützt
würden. Der Westen dagegen verurteilt nur die Gewalt Assads „gegen Zivilisten“
und erklärt, dass die Weltgemeinschaft eine „Schutzverantwortung“ (in Englisch
Responsability to Protect oder R2P) hätte.
Was steckt
hinter diesem Begriff und was passiert in Syrien wirklich?
Um zu
begreifen, welche Rolle der Begriff für die Staatengemeinschaft spielt, möchten
wir mit einer Rede von Professor Noam Chomsky vor der UN Generalversammlung am
23.09.2009, also vor dem Ausbruch der Gewalt in Syrien, beginnen. Chomsky
greift zunächst zurück in die Antike, um zu zeigen, welche Prinzipien Grundlage
für die modern erscheinende Philosophie R2P waren.
DIE
GESCHICHTE VON R2P
„Während
der gesamten Geschichte gibt es einige Prinzipien in internationalen
Angelegenheiten die allgemein gültig waren. Eines ist das Maxim von Thucydides,
die besagt, dass der Starke macht, was er will, während der Schwache sein
Leiden ertragen muss. Eine Konsequenz daraus bezeichnet Ian Brownlie mit
„dem hegemonialen Ansatz Gesetze zu verkünden“: Die Stimme des Mächtigen
schafft Fakten.
Ein
anderes Prinzip, das aus der Aussage von Adam Smith über Politik in
England stammt: Der „Oberste Architekt“ der Politik in diesen Tagen …
sind „die Händler und Hersteller“, die sicherstellen, dass ihre
eigenen Interessen „sehr sorgfältig beachtet werden“, unabhängig davon,
wie „schmerzlich“ der Effekt auf andere ist, auch auf Menschen in England,
aber noch viel mehr auf solche, die der Ungerechtigkeit der Europäer
gegenüber „Wilden“ ausgesetzt sind, besonders jenen in Indien, denen
Smiths besondere Besorgnis galt.
Ein
drittes Prinzip besagt, dass praktisch jede Gewaltanwendung in
internationalen Angelegenheiten mit dem Begriff von R2P gerechtfertigt
werden kann, selbst die schlimmsten Untaten. Um das zu illustrieren hat
der Hochschullehrer Sean Murphy in seiner Studie „Humanitäre
Intervention“ nur drei Beispiel zwischen dem Kellogg-Briand Pakt {http://de.wikipedia.org/wiki/Briand-Kellogg-Pakt}
und der UN Charta genannt: Japans Angriff auf die Mandschurei, Mussolinis
Invasion von Äthiopien, und Hitlers Besetzung von Teilen der Tschechoslowakei.
Alles begleitet von pathetischer Rhetorik über die Verantwortung, die
leidende Bevölkerung zu schützen, und einer Rechtfertigung durch
geschaffene Fakten. Das grundsätzliche Muster bleibt immer das Gleiche,
bis heute.“
Chomsky
weist uns also darauf hin, dass das als so neu und revolutionär dargestellte
Prinzip in Wirklichkeit schon lange bekannt ist und ebenso lange missbraucht
wird. Und er verweist auch die US-amerikanische Geschichte, die ebenfalls ein
Beispiel für R2P enthält:
„Das große
Siegel der Kolonie stellt einen Indianer dar, der die Worte ausspricht:
„Komm und helft uns“. Die englischen Kolonisten erfüllten ihre
Verantwortung zu Schützen, indem sie damit fort fuhren, die Eingeborenen
auszurotten und zu vernichten.“
In seiner
Rede zeigt Chomsky dann auf, wie vor 60 Jahren erstmals ein Fall von
behaupteten R2P vor einem internationalen Gerichtshof als pure Machtausübung
zum eigenen Nutzen entlarvt wurde:
„Das Gericht
stellte fest, dass es „das angenommene Recht zu einer Intervention nur
als Manifestation einer Politik der Stärke verstehen konnte. Jenes
Rechts, das in der Vergangenheit die schlimmsten Missbrauchsfälle
hervorgebracht hat, und deshalb in keinem Fall, egal wie unvollkommen
internationale Organisationen sein mögen, einen Platz im internationalen
Recht finden darf. Aus der Natur der Dinge heraus, wird Intervention für
die mächtigsten Staaten reserviert bleiben, was es einfach macht,
Rechtsstaatlichkeit zu pervertieren.“
Dieser
Grundsatz wurde daraufhin immer wieder durch Beschlüsse von
Staatengemeinschaften bzw. auch durch die UNO noch im Jahr 2005 bestätigt, die aber
gleichzeitig eine Hintertür öffnete, die die Möglichkeit von neuerlichem
Missbrauch eröffnete.
„Während sie
die Stellungnahme bestärkt, die bereits anerkannter Grundsatz war, machte
die Hauptversammlung den Willen deutlich ‚Gemeinsam Aktionen zu
unternehmen, durch den Sicherheitsrat, in Übereinstimmung mit der Charta,
für den Falle, dass gewaltlose Maßnahmen inadäquat sind, und nationale
Behörden ihrer Pflicht zum Schutz der eigenen Bevölkerung vor ernsten
Verbrechen nicht nachkommen‘.“
Tatsächlich
aber war es in der Regel gar nicht notwendig, diese Regel anzuwenden, da man
die Länder auf Grund von Vertragsverletzungen belangen konnte, soweit sie die
Konventionen der UNO, wie die Menschenrechtskonvention, unterzeichnet hatten.
Chomsky: „Die wenigen Erfolge von R2P, die immer wieder angeführt
werden, wie in Kenia, benötigten gar keiner Resolution der
Hauptversammlung, oder die Anwendung des Begriffs R2P.“
Aber es gab
auch immer wieder Versuche, die alte R2P-Philosophie aus dem Schrank zu holen,
und zwar mit Hinweis auf die Handlungsunfähigkeit der UNO. So z.B. in einem Bericht der „International Commission on Intervention and
State Sovereignty on Responsibility to Protect” (2001). “Die Kommission zieht eine Situation
in Betracht, in der ‚der Sicherheitsrat einen Vorschlag zurückweist, oder
nicht in der Lage ist, in angemessener Zeit zu reagieren“. In diesem
Fall, so der Bericht, „werden Aktionen autorisiert, die innerhalb der
Jurisdiktion, durch regionale Organisationen oder deren
Untergliederungen, unter Kapitel VII der Charta, ausgeführt werden,
vorausgesetzt, sie ersuchen eine nachträgliche Autorisierung durch den
Sicherheitsrat‘“
Vollkommen
entlarvt wird dann der Hintergrund der Anwendung von R2P durch eine Erklärung
der NATO im Fall von Afghanistan. „Der General-Sekretär Jaap de Hoop
Scheffer informierte auf einem NATO-Treffen im Juni 2007, dass die
‚NATO-Truppen die Pipelines, die Öl und Gas in den Westen transportieren
beschützen müssten‘. Und darüber hinaus hätte sie die Seewege zu
schützen, die durch Tanker genutzt würden, sowie andere wichtige Infrastruktureinrichtungen
für die Energieversorgung.“ Hier wird die vor über 60 Jahren schon
festgelegte Verurteilung von R2P bzw. der Verzicht auf Gewalt und Krieg als
Mittel der Politik ad absurdum geführt. Wie Chomsky sagte: „Dies öffnete die
Tür für die Anwendung von R2P als eine Waffe, imperialen Willen nach Belieben
durchzusetzen“.
In der Folge
wurde R2P sogar zum Gegenteil. Nämlich zum Werkzeug, um
Menschenrechtsverletzungen zu verstärken oder erst zu begehen. Wie z.B. im Fall
der Irak- Sanktionen, unter Bush Senior, die zu vielen tausend Hungertoten
unter der Zivilbevölkerung führten. „Sie waren von zwei Direktoren des „Öl
für Nahrung“-Programms als „Völkermord“ bezeichnet worden, und
beide Direktoren Denis Halliday und Hans von Sponck, kündigten aus
Protest gegen die Sanktionen.“
Dann folgte
die erste offizielle R2P-Kriegsmission im Kosovo Krieg. Der Sündenfall, der bis
dahin eher der Friedenspolitik zugeneigten Partei „Die Grünen“. Und wieder
zeigte sich die Heuchelei und Propaganda, die mit dem Begriff verbunden war. „Mit
einer einzigen Ausnahme folgten die Verbrechen erst dem Beginn des
Bombenkrieges [der Nato gegen Serbien]. Und wir können sicher sein, dass die
Behauptung des Massakers vor dem Beginn der Bomben, das Racak Massaker,
dass dieses eigentlich unbedeutend für die USA und Großbritannien war.
Denn zu diesem Zeitpunkt hatten sie keine besondere Energie darin
verschwendet, es zu verurteilen, sondern unterstützten gleichzeitig
wesentlich ernsthaftere Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Ost Timor.
Dort war der Hintergrund der Gräueltaten unvergleichlich größer und grotesker
als alles was auf dem Balkan vorgefallen ist.“
DER JÜNGSTE
FALL VON R2P
Als der
deutsche Außenminister Westerwelle sich bei der Entscheidung über eine Flugverbotszone
im Sicherheitsrat der UNO der Stimme enthielt, brach ein Sturm der Entrüstung
in den deutschen Medien über ihn herein und es dauerte nur wenige Tage, bis er
Amt und Würden innerhalb der FDP Deutschlands verloren hatte.
Was folgte,
war ein Bürgerkrieg, auf dem die Nato als Luftwaffe und Logistikpartner der
Rebellen gegen das regierende Regime von Muammar al-Gaddafi agierten. Geschützt
durch eine Resolution der UNO, eine „Flugverbotszone“ zum „Schutz von
Zivilisten“ vor Übergriffen staatlicher Sicherheitsorgane einzurichten.
Während
Wikipedia von 30.000 Toten spricht, behaupten Kritiker des Einsatzes, dass
durch Bombenangriffe der NATO 80.000 Menschen zu Tode gekommen wären. R2P
erwies sich aber letztendlich als Farce, als in westlichen Medien der Lynchmord
an Gaddafi gezeigt und von den Regierenden der westlichen Welt sogar gefeiert
wurde. Eine Pervertierung der Verteidigung der Menschenrechte, die dadurch noch
verstärkt wurde, dass in der Folge Folter, Gewaltakte und Unterdrückung der Zivilbevölkerung
durch bewaffnete, ehemalige Aufständische noch schlimmer wurden als unter
Gaddafi. Am 26.01.2012 erklärte die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“
(MSF), dass sie die Arbeit in den Gefangenenlagern in Misrata einstellen wird.
Bei 115 Patienten hätten sie Verletzungen festgestellt, die auf Folter
zurückzuführen sind. Trotz entsprechender Beschwerden bei den „zuständigen
Behörden“ habe die Folter weiter stattgefunden, teilweise wurden sogar
Gefangenen nach ihrer Behandlung erneut gefoltert, die medizinischen Teams
wurden sogar aufgefordert, diese direkt in den Verhörzentren zu behandeln. (http://www.aerzte-ohne-grenzen.de/presse/pressemitteilungen/2012/pm-2012-01-26/index.html)
Was also in
den westlichen Medien immer noch als größter Erfolg der NATO und von R2P
gefeiert wird, hat in Wirklichkeit zu einem Menschenrechts-Fiasko geführt. Was
sich in den nächsten Monaten und Jahren noch verstärken dürfte, glaubt man
Analysten, die die Situation Anfang 2012 beurteilten. (http://uweness.eu/imi-analyse-2012-02.html)
JETZT
SYRIEN?
Syrien
befindet sich am Rande des Bürgerkrieges - wenn allein die Zahl der weit über
5.000 Opfer seit dem März 2011 zugrunde gelegt wird, dann herrscht dort nach
den gängigen Kriegsdefinitionen bereits Krieg. (http://www.bbc.co.uk/news/world-middle-east-16902819)
Während in Tunesien und Ägypten die zivilen Aufstände 2011 zu einem schnellen
Sturz der Regierungen führten und in Libyen der Konflikt schnell zu einem rein
militärischen wurde, trägt der Aufstand in Syrien, der im März 2011 begann, ein
doppeltes Gesicht. Auf der einen Seite gibt es die zivilen Proteste, die - vor
allem durch eine große Zahl von Bürgerkomitees und zumeist freitags nach dem
Moscheebesuch organisiert - viele Tausende Menschen unter einem jeweils
wöchentlich neu festgelegten Motto auf die Straße bringen. Auf der anderen
Seite hat sich eine bewaffnete Untergrundarmee, die Freie Syrische Armee,
gebildet, die sich vor allem aus Deserteuren der syrischen Armee rekrutiert und
die den bewaffneten Kampf gegen das Assad-Regime aufgenommen hat. Die syrische
Regierung geht mit äußerster Härte gegen beide vor. Aktuelle Zahlen sind schwer
zu prüfen, aber schon im letzten September war von mehr als 70.000
Festgenommenen die Rede und mindestens 15.000 Menschen sind ins Ausland, vor
allem nach Jordanien, in den Libanon und in die Türkei, geflohen. (http://www.irusa.org/press-releases/islamic-relief-usa-to-assi)
Während in
anderen Ländern der arabischen Welt, der so genannte „arabische Frühling“
offensichtlich von einer Mehrheit der Bevölkerung getragen wurde, ist es in
Syrien umgekehrt. Wie eine regierungskritische Organisation, die Qatar
Foundation, in einer Umfrage feststellte, stehen auch nach Ausbruch des
Bürgerkrieges 55% der Bevölkerung hinter dem Regime von Diktator Assad.( http://www.3sat.de/page/?source=/kulturzeit/themen/160642/index.html)
Der russische
Außenminister, die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua (http://news.xinhuanet.com/english/world/2012-03/08/c_131453294.htm)
und US-Regierungskritiker wie Prof. Chussodovsky, bezeichnen es als erwiesen,
( ) dass seit März 2011 ausländische Mächte den
Bürgerkrieg in Syrien durch Ausbildung, Waffenlieferungen und zuletzt auch
durch Söldner, anheizen. So berichtet der Blog Global Research.ca immer wieder
davon, zuletzt am 4.3.2012, dass syrische Sicherheitskräfte ausländische
Truppen, festgenommen hätten. (http://www.globalresearch.ca/index.php?context=va&aid=29608)
Der Guardian zitiert die syrische Regierung die „behauptet ausländische
Verschwörung wäre für die Krise verantwortlich“. Solche Meldungen sind
jedoch in der Minderheit und westliche Medien sind sich weitgehend einig in der
einseitigen Schuldzuweisung für praktisch alle Toten und die gesamte Gewalt
durch das herrschende Regime. (http://www.guardian.co.uk/world/2012/jan/10/syrian-president-assad-foreign-conspiracies).
In 3Sat wird
Zweifel an dieser Darstellung der meisten Medien geäußert. Günter Meyer, ein
deutscher Nahostwissenschaftler aus Mainz, erklärt in diesem Bericht: (http://www.youtube.com/watch?v=UqfSR_wtxXo
oder ttp://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=29521) "Das, was
als friedliche Rebellion begonnen hat und von Assad blutig niedergeschlagen
worden ist, hat durch die Unterstützung von außerhalb, durch den Einsatz
massiver Gewalt auch von Seiten der Opposition eine völlig andere
Qualität", sagt Meyer. „Es läuft alles darauf hinaus, dass die
bisher teilweise unterdrückte Mehrheit der sunnitischen Bevölkerung
islamistisch orientiert ist, dass sich hier eine sunnitische Achse, mit
Unterstützung der Sunniten im Irak, im Libanon, in Saudi-Arabien, ausbildet,
die gewaltsam den Sturz will. Diese Komponente wird in der
Medienberichterstattung völlig außer acht gelassen."
"Eine
Ablösung des Regimes würde bedeuten, dass hier sunnitische Islamisten die Macht
übernehmen - und das ist nicht im Interesse des großen Teils des städtischen
syrischen Bevölkerung, die unter säkularen weltlichen Bedingungen sehr viele
Fortschritte erlebt hat, wirtschaftliche Liberalisierung und Ähnliches."
"Wir
haben es bisher mit einer säkularen, weltlichen Herrschaft von Assad zu tun.
Die ethnischen Differenzierungen, die religiösen Gegensätze wurden weitgehend
überdeckt. Aber genau diese Gegensätze brechen jetzt wieder hervor und es zeigt
sich deutlich, dass vor allem die oppositionellen Widerstandskämpfer in erster
Linie Sunniten sind, die zum Teil noch alte Rechnungen aus der Zeit des Vaters
von Assad zu begleichen haben."
"Von
besonderer Bedeutung", erklärt Meyer, "ist allerdings die Unterstützung, die der
syrische Aufstand von El-Kaida bekommen hat. Wir können jetzt feststellen, dass
plötzlich die Sensibilisierung größer wird: Sunnitische Islamisten sind
diejenigen, die zum Kampf gegen Bashar Al Assad aufrufen, diejenigen, die auch
aufgrund der internationalen Vernetzungen mit großer Gefahr die Sieger in
Syrien sein werden. Das ist weder das, was der Westen will, was die syrische
Bevölkerung zum größten Teil auch nicht will, und was auch große Teile der
arabischen Welt nicht unbedingt wollen."
Während
Chussodovsky in seinen Interviews immer wieder die USA, Frankreich und die
Türkei beschuldigt, Spezialkräfte zur Unterstützung der Rebellen nach Syrien zu
schicken, kann man als erwiesen ansehen, dass auch Al Quaida immer größeren
Einfluss auf den Bürgerkrieg nimmt, und demnach quasi Schulter an Schulter mit
westlichen Söldnern oder Soldaten kämpft. Eine Vorstellung, die ganz und gar
nicht in die Darstellung der westlichen Massenmedien passt, die ausschließlich
das Regime Assads für Tote und Verwundete verantwortlich machte.
Ein Selbstmordanschlag
im Dezember, der eindeutig die Handschrift von Al-Qaida trug, läßt weitere
Schlüsse zu. (http://www.bz-berlin.de/aktuell/welt/syrien-anschlag-50-tote-al-kaida-im-verdacht-article1347310.html)
Sie sind Grund zur Vermutung, dass zumindest ein Teil der Behauptungen von
Assad, dass er gegen internationalen Terrorismus kämpfen würde, berechtigt sein
könnten. Und sie verleihen Aussagen von Chussodovsky eine größere
Glaubwürdigkeit, der seit längerer Zeit behauptet, dass der US Geheimdienst CIA
immer wieder Al Qaida nutzen würde, um destabilisierende Wirkung in einem Land
auszuüben.
Am
06.03.2012 berichtet der Stern „Schreckensbilder aus Syrien: Kindern Kehle
durchgeschnitten“. Was sich als eine der üblichen Anschuldigungen gegen das
Regime Assad liest, erweist sich dann als verklausulierter Hinweis, dass solche
Taten durch die Opposition begangen worden sein könnten. Denn die Taten waren
durch die „regimetreuen Medien“ verbreitet worden. Was nur Sinn macht, wenn
diese Propagandamedien des Staates, die Taten den Terroristen zuschreiben.
Allerdings wird dies im Artikel nicht explizit erklärt.
Am 12.03.2012
veröffentlicht Time me einen Artikel, in dem nun auch der Opposition ein Teil
der Schuld für das Blutvergießen angelastet wird. „Die Opposition ist
provokativ, sie entführt Soldaten, tötet Geschäftsleute und benutzt Zivilisten
als menschliche Schutzschilde. … Ihnen zu helfen, macht die Dinge noch
schlimmer“. Wird Husain, ein neutraler Experte des Council on Foreign
Relations, zitiert. (http://globalspin.blogs.time.com/2012/03/12/few-good-options-for-syria-but-arming-the-rebels-may-be-the-worst/)
Und am 13.03.2012 berichtet Ria Novosti, dass der oppositionelle Syrische
Nationalrat (SNC), Waffen aus dem Ausland erhalten zu haben. (http://de.rian.ru/politics/20120313/263041900.html)
Trotzdem
hatten westliche Kräfte noch im Januar ein Eingreifen aus humanitären Gründen
gefordert, um dem "einseitigen Morden" Einhalt zu gebieten, ebenso
wie sie vehement den Sturz der Regierung Assad als einzige mögliche Alternative
forderten. Erneut R2P in seiner hässlichsten Form?
SYRIEN,
WENDE FÜR R2P?
Syrien
könnte eine Wende in der Anwendung von R2P darstellen: Wenn es gelingt, die
Protagonisten von Krieg zur Durchsetzung von politischen Zielen daran zu
hindern, in einem Bürgerkrieg zugunsten einer Seite einzugreifen, und
stattdessen eine gemeinsame Initiative aller Länder der Welt zu stärken, die
zivile Kräfte unterstützt, die eine friedliche Demokratisierung des Landes
wünschen. Und wenn diese wiederum mit der Regierung gemeinsam einen Weg durch
Reformen, Konsensfindung und Demokratisierung mehr Freiheit für die Menschen
erreichen, könnte gleichzeitig Ordnung und Sicherheit für die Zivilbevölkerung
sicher gestellt werden.
Der im
Westen ausgebildete Assad weiß sehr wohl, dass das Ende seiner absoluten Macht
gekommen ist. Andererseits lassen die Umfrageergebnis erkennen, welche Ängste
die Bevölkerung vor einem Regimewechsel umtreiben. Dies wäre eine historische
Chance, einen Bürgerkrieg durch Reformen und Demokratisierung, sowie einer
Versöhnungspolitik zu ersetzen. Nach Verfassungsreformen, die das Endende des
Ein-Parteien-Staates bedeuten, hat Assad nun Parlamentswahlen für den 1. Mai
angekündigt. (http://www.aljazeera.com/news/middleeast/2012/03/2012313101752849363.html)
Rebellen und westliche Länder fordern weiterhin den bedingungslosen Sturz der
Regierung. Aber könnte es nicht der Beginn für eine neue, gewaltfreie Strategie
von R2P sein?
Je näher
eine mögliche gewaltlose Lösung rückt, desto dramatischer werden die
Propagandalügen und Nachrichtenskandale. Selbst angesehene
Menschenrechtsorganisationen werden von der Hysterie angesteckt und lassen sich
vor den Propagandakarren spannen, ganz abgesehen von den westlichen
Massenmedien. Wie der Blog Globalresearch über die angelsächsischen Medien
immer wieder aufzuzeigen versucht. (http://www.globalresearch.ca/index.php?context=viewArticle&code=COR20120314&articleId=29776)
Die Sendung eines gefälschten Videos durch das ZDF ist also keinesfalls ein
Einzelfall, sondern Teil einer bewussten Kampagne der psychologischen
Kriegsführung. Es wäre nicht das erste Mal, dass später als Falschmeldungen
entlarvte Berichte oder Aussagen, die Bereitschaft der Öffentlichkeit für einen
Krieg erzeugt hätten.
In dem Buch
"Propaganda" von Jacques Ellul (ISBN 978-0-394-71874-3), zeigt der
Autor erschreckenderweise auf, dass "Propaganda nicht ohne Bildung
funktioniert". Er beschreibt, warum so genannte "Gebildete" ganz
besonders für Propaganda anfällig sind. Seine Arbeit, die bereits im Jahr 1965
erschien, hat nichts an Aktualität verloren und wurde durch die Geschichte
sogar bestätigt. Das Furcht erregende an seinem Buch ist aber, dass er
aufzeigt, dass Propaganda, egal ob gut oder schlecht, nicht nur die Demokratie
zerstört, sondern eine ernsthafte Bedrohung für die in einer modernen Welt
operierenden Menschheit ist. Und was wir heute erleben ist das, was er
beschreibt.
Wenn am
20.03.2012 Journalisten von Spiegel Online (http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,822653,00.html)
gegen den Mainstream zu berichten, dass nicht nur Assad und seine Schergen,
sondern auf der anderen Seite die Aufständischen ebensolche Gräueltaten
begehen, dann wird das hoffentlich einige, die in die Falle der Propaganda
gegangen sind, die Augen öffnen.
Hoffen wir,
dass im 21. Jahrhundert die Regierungen dieser Welt nicht mit Zensur des
Internets die Propagandamöglichkeiten des 20. Jahrhunderts erhalten, sondern
dass mit der schier unendlichen Informationsmöglichkeit durch das Internet
endlich Schluss gemacht wird mit Propagandalügen.
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