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Freitag, 23. März 2012

Syrien und die "Schutzverantwortung"


Bereits zwei Resolutionsentwürfe, die den syrischen Staat verurteilen, und den Weg für ein Eingreifen der Weltgemeinschaft zugunsten der Rebellen in Syrien ebnen sollen, sind am Veto Russlands und Chinas gescheitert. Westliche Medien stimmen unisono in den Chor derjenigen ein, die diese Länder verurteilen, weil sie angeblich eine wirksame Hilfe für die Zivilbevölkerung verhindern. Dagegen erklären Russland, China und der Machthaber in Syrien, Assad, dass die Sicherheitskräfte vorwiegend gegen bewaffnete Terroristen kämpfen würden, die zunehmend vom Westen mit Waffen ausgerüstet und durch ausländische Söldner unterstützt würden. Der Westen dagegen verurteilt nur die Gewalt Assads „gegen Zivilisten“ und erklärt, dass die Weltgemeinschaft eine „Schutzverantwortung“ (in Englisch Responsability to Protect oder R2P) hätte. 

Was steckt hinter diesem Begriff und was passiert in Syrien wirklich?

Um zu begreifen, welche Rolle der Begriff für die Staatengemeinschaft spielt, möchten wir mit einer Rede von Professor Noam Chomsky vor der UN Generalversammlung am 23.09.2009, also vor dem Ausbruch der Gewalt in Syrien, beginnen. Chomsky greift zunächst zurück in die Antike, um zu zeigen, welche Prinzipien Grundlage für die modern erscheinende Philosophie R2P waren.

DIE GESCHICHTE VON R2P

„Während  der gesamten Geschichte gibt es einige Prinzipien in internationalen  Angelegenheiten die allgemein gültig waren. Eines ist das Maxim von Thucydides, die besagt, dass der Starke macht, was er will, während der  Schwache sein Leiden ertragen muss. Eine Konsequenz daraus bezeichnet  Ian Brownlie mit „dem hegemonialen Ansatz Gesetze zu verkünden“: Die  Stimme des Mächtigen schafft Fakten. 

Ein  anderes Prinzip, das aus der Aussage von Adam Smith über Politik in  England stammt: Der „Oberste Architekt“ der Politik in diesen Tagen … sind  „die Händler und Hersteller“, die sicherstellen, dass ihre eigenen  Interessen „sehr sorgfältig beachtet werden“, unabhängig davon, wie  „schmerzlich“ der Effekt auf andere ist, auch auf Menschen in England,  aber noch viel mehr auf solche, die der Ungerechtigkeit der Europäer  gegenüber „Wilden“ ausgesetzt sind, besonders jenen in Indien, denen  Smiths besondere Besorgnis galt. 

Ein  drittes Prinzip besagt, dass praktisch jede Gewaltanwendung in  internationalen Angelegenheiten mit dem Begriff von R2P gerechtfertigt  werden kann, selbst die schlimmsten Untaten. Um das zu illustrieren hat  der Hochschullehrer Sean Murphy in seiner Studie „Humanitäre  Intervention“ nur drei Beispiel zwischen dem Kellogg-Briand Pakt {http://de.wikipedia.org/wiki/Briand-Kellogg-Pakt} und der  UN Charta genannt: Japans Angriff auf die Mandschurei, Mussolinis Invasion  von Äthiopien, und Hitlers Besetzung von Teilen der Tschechoslowakei.  Alles begleitet von pathetischer Rhetorik über die Verantwortung, die  leidende Bevölkerung zu schützen, und einer Rechtfertigung durch  geschaffene Fakten. Das grundsätzliche Muster bleibt immer das Gleiche,  bis heute.“

Chomsky weist uns also darauf hin, dass das als so neu und revolutionär dargestellte Prinzip in Wirklichkeit schon lange bekannt ist und ebenso lange missbraucht wird. Und er verweist auch die US-amerikanische Geschichte, die ebenfalls ein Beispiel für R2P enthält:

„Das große  Siegel der Kolonie stellt einen Indianer dar, der die Worte ausspricht:  „Komm und helft uns“. Die englischen Kolonisten erfüllten ihre  Verantwortung zu Schützen, indem sie damit fort fuhren, die Eingeborenen  auszurotten und zu vernichten.“

In seiner Rede zeigt Chomsky dann auf, wie vor 60 Jahren erstmals ein Fall von behaupteten R2P vor einem internationalen Gerichtshof als pure Machtausübung zum eigenen Nutzen entlarvt wurde:

„Das Gericht stellte  fest, dass es „das angenommene Recht zu einer Intervention nur als  Manifestation einer Politik der Stärke verstehen konnte. Jenes Rechts,  das in der Vergangenheit die schlimmsten Missbrauchsfälle hervorgebracht  hat, und deshalb in keinem Fall, egal wie unvollkommen internationale  Organisationen sein mögen, einen Platz im internationalen Recht finden  darf. Aus der Natur der Dinge heraus, wird Intervention für die  mächtigsten Staaten reserviert bleiben, was es einfach macht,  Rechtsstaatlichkeit zu pervertieren.“ 

Dieser Grundsatz wurde daraufhin immer wieder durch Beschlüsse von Staatengemeinschaften bzw. auch durch die UNO noch im Jahr 2005 bestätigt, die aber gleichzeitig eine Hintertür öffnete, die die Möglichkeit von neuerlichem Missbrauch eröffnete.  

„Während sie die Stellungnahme bestärkt, die bereits  anerkannter Grundsatz war, machte die Hauptversammlung den Willen  deutlich ‚Gemeinsam Aktionen zu unternehmen, durch den Sicherheitsrat,  in Übereinstimmung mit der Charta, für den Falle, dass gewaltlose  Maßnahmen inadäquat sind, und nationale Behörden ihrer Pflicht zum  Schutz der eigenen Bevölkerung vor ernsten Verbrechen nicht nachkommen‘.“

Tatsächlich aber war es in der Regel gar nicht notwendig, diese Regel anzuwenden, da man die Länder auf Grund von Vertragsverletzungen belangen konnte, soweit sie die Konventionen der UNO, wie die Menschenrechtskonvention, unterzeichnet hatten. Chomsky: „Die wenigen  Erfolge von R2P, die immer wieder angeführt werden, wie in Kenia,  benötigten gar keiner Resolution der Hauptversammlung, oder die  Anwendung des Begriffs R2P.“

Aber es gab auch immer wieder Versuche, die alte R2P-Philosophie aus dem Schrank zu holen, und zwar mit Hinweis auf die Handlungsunfähigkeit der UNO. So z.B. in einem Bericht der „International Commission on Intervention and State Sovereignty on Responsibility to Protect” (2001). “Die Kommission zieht eine Situation in Betracht, in der  ‚der Sicherheitsrat einen Vorschlag zurückweist, oder nicht in der Lage  ist, in angemessener Zeit zu reagieren“. In diesem Fall, so der Bericht,  „werden Aktionen autorisiert, die innerhalb der Jurisdiktion, durch  regionale Organisationen oder deren Untergliederungen, unter Kapitel VII  der Charta, ausgeführt werden, vorausgesetzt, sie ersuchen eine  nachträgliche Autorisierung durch den Sicherheitsrat‘“

Vollkommen entlarvt wird dann der Hintergrund der Anwendung von R2P durch eine Erklärung der NATO im Fall von Afghanistan. „Der General-Sekretär Jaap de  Hoop Scheffer informierte auf einem NATO-Treffen im Juni 2007, dass die  ‚NATO-Truppen die Pipelines, die Öl und Gas in den Westen transportieren  beschützen müssten‘. Und darüber hinaus hätte sie die Seewege zu  schützen, die durch Tanker genutzt würden, sowie andere wichtige  Infrastruktureinrichtungen für die Energieversorgung.“ Hier wird die vor über 60 Jahren schon festgelegte Verurteilung von R2P bzw. der Verzicht auf Gewalt und Krieg als Mittel der Politik ad absurdum geführt. Wie Chomsky sagte: „Dies öffnete die Tür für die Anwendung von R2P als eine Waffe, imperialen Willen nach Belieben durchzusetzen“

In der Folge wurde R2P sogar zum Gegenteil. Nämlich zum Werkzeug, um Menschenrechtsverletzungen zu verstärken oder erst zu begehen. Wie z.B. im Fall der Irak- Sanktionen, unter Bush Senior, die zu vielen tausend Hungertoten unter der Zivilbevölkerung führten. „Sie waren von zwei Direktoren des „Öl für  Nahrung“-Programms als „Völkermord“ bezeichnet worden, und beide  Direktoren Denis Halliday und Hans von Sponck, kündigten aus Protest  gegen die Sanktionen.“ 

Dann folgte die erste offizielle R2P-Kriegsmission im Kosovo Krieg. Der Sündenfall, der bis dahin eher der Friedenspolitik zugeneigten Partei „Die Grünen“. Und wieder zeigte sich die Heuchelei und Propaganda, die mit dem Begriff verbunden war. „Mit  einer einzigen Ausnahme folgten die Verbrechen erst dem Beginn des  Bombenkrieges [der Nato gegen Serbien]. Und wir können sicher sein, dass die Behauptung des  Massakers vor dem Beginn der Bomben, das Racak Massaker, dass dieses  eigentlich unbedeutend für die USA und Großbritannien war. Denn zu  diesem Zeitpunkt hatten sie keine besondere Energie darin verschwendet,  es zu verurteilen, sondern unterstützten gleichzeitig wesentlich  ernsthaftere Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Ost Timor. Dort war der Hintergrund der Gräueltaten unvergleichlich größer und grotesker als  alles was auf dem Balkan vorgefallen ist.“

DER JÜNGSTE FALL VON R2P

Als der deutsche Außenminister Westerwelle sich bei der Entscheidung über eine Flugverbotszone im Sicherheitsrat der UNO der Stimme enthielt, brach ein Sturm der Entrüstung in den deutschen Medien über ihn herein und es dauerte nur wenige Tage, bis er Amt und Würden innerhalb der FDP Deutschlands verloren hatte. 

Was folgte, war ein Bürgerkrieg, auf dem die Nato als Luftwaffe und Logistikpartner der Rebellen gegen das regierende Regime von Muammar al-Gaddafi agierten. Geschützt durch eine Resolution der UNO, eine „Flugverbotszone“ zum „Schutz von Zivilisten“ vor Übergriffen staatlicher Sicherheitsorgane einzurichten.

Während Wikipedia von 30.000 Toten spricht, behaupten Kritiker des Einsatzes, dass durch Bombenangriffe der NATO 80.000 Menschen zu Tode gekommen wären. R2P erwies sich aber letztendlich als Farce, als in westlichen Medien der Lynchmord an Gaddafi gezeigt und von den Regierenden der westlichen Welt sogar gefeiert wurde. Eine Pervertierung der Verteidigung der Menschenrechte, die dadurch noch verstärkt wurde, dass in der Folge Folter, Gewaltakte und Unterdrückung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete, ehemalige Aufständische noch schlimmer wurden als unter Gaddafi. Am 26.01.2012 erklärte die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ (MSF), dass sie die Arbeit in den Gefangenenlagern in Misrata einstellen wird. Bei 115 Patienten hätten sie Verletzungen festgestellt, die auf Folter zurückzuführen sind. Trotz entsprechender Beschwerden bei den „zuständigen Behörden“ habe die Folter weiter stattgefunden, teilweise wurden sogar Gefangenen nach ihrer Behandlung erneut gefoltert, die medizinischen Teams wurden sogar aufgefordert, diese direkt in den Verhörzentren zu behandeln. (http://www.aerzte-ohne-grenzen.de/presse/pressemitteilungen/2012/pm-2012-01-26/index.html) 

Was also in den westlichen Medien immer noch als größter Erfolg der NATO und von R2P gefeiert wird, hat in Wirklichkeit zu einem Menschenrechts-Fiasko geführt. Was sich in den nächsten Monaten und Jahren noch verstärken dürfte, glaubt man Analysten, die die Situation Anfang 2012 beurteilten. (http://uweness.eu/imi-analyse-2012-02.html) 

JETZT SYRIEN?

Syrien befindet sich am Rande des Bürgerkrieges - wenn allein die Zahl der weit über 5.000 Opfer seit dem März 2011 zugrunde gelegt wird, dann herrscht dort nach den gängigen Kriegsdefinitionen bereits Krieg. (http://www.bbc.co.uk/news/world-middle-east-16902819) Während in Tunesien und Ägypten die zivilen Aufstände 2011 zu einem schnellen Sturz der Regierungen führten und in Libyen der Konflikt schnell zu einem rein militärischen wurde, trägt der Aufstand in Syrien, der im März 2011 begann, ein doppeltes Gesicht. Auf der einen Seite gibt es die zivilen Proteste, die - vor allem durch eine große Zahl von Bürgerkomitees und zumeist freitags nach dem Moscheebesuch organisiert - viele Tausende Menschen unter einem jeweils wöchentlich neu festgelegten Motto auf die Straße bringen. Auf der anderen Seite hat sich eine bewaffnete Untergrundarmee, die Freie Syrische Armee, gebildet, die sich vor allem aus Deserteuren der syrischen Armee rekrutiert und die den bewaffneten Kampf gegen das Assad-Regime aufgenommen hat. Die syrische Regierung geht mit äußerster Härte gegen beide vor. Aktuelle Zahlen sind schwer zu prüfen, aber schon im letzten September war von mehr als 70.000 Festgenommenen die Rede und mindestens 15.000 Menschen sind ins Ausland, vor allem nach Jordanien, in den Libanon und in die Türkei, geflohen. (http://www.irusa.org/press-releases/islamic-relief-usa-to-assi)

Während in anderen Ländern der arabischen Welt, der so genannte „arabische Frühling“ offensichtlich von einer Mehrheit der Bevölkerung getragen wurde, ist es in Syrien umgekehrt. Wie eine regierungskritische Organisation, die Qatar Foundation, in einer Umfrage feststellte, stehen auch nach Ausbruch des Bürgerkrieges 55% der Bevölkerung hinter dem Regime von Diktator Assad.( http://www.3sat.de/page/?source=/kulturzeit/themen/160642/index.html) 

Der russische Außenminister, die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua (http://news.xinhuanet.com/english/world/2012-03/08/c_131453294.htm) und US-Regierungskritiker wie Prof. Chussodovsky, bezeichnen es als erwiesen, (      ) dass seit März 2011 ausländische Mächte den Bürgerkrieg in Syrien durch Ausbildung, Waffenlieferungen und zuletzt auch durch Söldner, anheizen. So berichtet der Blog Global Research.ca immer wieder davon, zuletzt am 4.3.2012, dass syrische Sicherheitskräfte ausländische Truppen, festgenommen hätten. (http://www.globalresearch.ca/index.php?context=va&aid=29608) Der Guardian zitiert die syrische Regierung die „behauptet ausländische Verschwörung wäre für die Krise verantwortlich“. Solche Meldungen sind jedoch in der Minderheit und westliche Medien sind sich weitgehend einig in der einseitigen Schuldzuweisung für praktisch alle Toten und die gesamte Gewalt durch das herrschende Regime. (http://www.guardian.co.uk/world/2012/jan/10/syrian-president-assad-foreign-conspiracies)

In 3Sat wird Zweifel an dieser Darstellung der meisten Medien geäußert. Günter Meyer, ein deutscher Nahostwissenschaftler aus Mainz, erklärt in diesem Bericht: (http://www.youtube.com/watch?v=UqfSR_wtxXo oder ttp://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=29521) "Das, was als friedliche Rebellion begonnen hat und von Assad blutig niedergeschlagen worden ist, hat durch die Unterstützung von außerhalb, durch den Einsatz massiver Gewalt auch von Seiten der Opposition eine völlig andere Qualität", sagt Meyer. „Es läuft alles darauf hinaus, dass die bisher teilweise unterdrückte Mehrheit der sunnitischen Bevölkerung islamistisch orientiert ist, dass sich hier eine sunnitische Achse, mit Unterstützung der Sunniten im Irak, im Libanon, in Saudi-Arabien, ausbildet, die gewaltsam den Sturz will. Diese Komponente wird in der Medienberichterstattung völlig außer acht gelassen."

"Eine Ablösung des Regimes würde bedeuten, dass hier sunnitische Islamisten die Macht übernehmen - und das ist nicht im Interesse des großen Teils des städtischen syrischen Bevölkerung, die unter säkularen weltlichen Bedingungen sehr viele Fortschritte erlebt hat, wirtschaftliche Liberalisierung und Ähnliches."

"Wir haben es bisher mit einer säkularen, weltlichen Herrschaft von Assad zu tun. Die ethnischen Differenzierungen, die religiösen Gegensätze wurden weitgehend überdeckt. Aber genau diese Gegensätze brechen jetzt wieder hervor und es zeigt sich deutlich, dass vor allem die oppositionellen Widerstandskämpfer in erster Linie Sunniten sind, die zum Teil noch alte Rechnungen aus der Zeit des Vaters von Assad zu begleichen haben."

"Von besonderer Bedeutung", erklärt Meyer, "ist allerdings die Unterstützung, die der syrische Aufstand von El-Kaida bekommen hat. Wir können jetzt feststellen, dass plötzlich die Sensibilisierung größer wird: Sunnitische Islamisten sind diejenigen, die zum Kampf gegen Bashar Al Assad aufrufen, diejenigen, die auch aufgrund der internationalen Vernetzungen mit großer Gefahr die Sieger in Syrien sein werden. Das ist weder das, was der Westen will, was die syrische Bevölkerung zum größten Teil auch nicht will, und was auch große Teile der arabischen Welt nicht unbedingt wollen."

Während Chussodovsky in seinen Interviews immer wieder die USA, Frankreich und die Türkei beschuldigt, Spezialkräfte zur Unterstützung der Rebellen nach Syrien zu schicken, kann man als erwiesen ansehen, dass auch Al Quaida immer größeren Einfluss auf den Bürgerkrieg nimmt, und demnach quasi Schulter an Schulter mit westlichen Söldnern oder Soldaten kämpft. Eine Vorstellung, die ganz und gar nicht in die Darstellung der westlichen Massenmedien passt, die ausschließlich das Regime Assads für Tote und Verwundete verantwortlich machte. 

Ein Selbstmordanschlag im Dezember, der eindeutig die Handschrift von Al-Qaida trug, läßt weitere Schlüsse zu. (http://www.bz-berlin.de/aktuell/welt/syrien-anschlag-50-tote-al-kaida-im-verdacht-article1347310.html) Sie sind Grund zur Vermutung, dass zumindest ein Teil der Behauptungen von Assad, dass er gegen internationalen Terrorismus kämpfen würde, berechtigt sein könnten. Und sie verleihen Aussagen von Chussodovsky eine größere Glaubwürdigkeit, der seit längerer Zeit behauptet, dass der US Geheimdienst CIA immer wieder Al Qaida nutzen würde, um destabilisierende Wirkung in einem Land auszuüben. 

Am 06.03.2012 berichtet der Stern „Schreckensbilder aus Syrien: Kindern Kehle durchgeschnitten“. Was sich als eine der üblichen Anschuldigungen gegen das Regime Assad liest, erweist sich dann als verklausulierter Hinweis, dass solche Taten durch die Opposition begangen worden sein könnten. Denn die Taten waren durch die „regimetreuen Medien“ verbreitet worden. Was nur Sinn macht, wenn diese Propagandamedien des Staates, die Taten den Terroristen zuschreiben. Allerdings wird dies im Artikel nicht explizit erklärt. 

Am 12.03.2012 veröffentlicht Time me einen Artikel, in dem nun auch der Opposition ein Teil der Schuld für das Blutvergießen angelastet wird. „Die Opposition ist provokativ, sie entführt Soldaten, tötet Geschäftsleute und benutzt Zivilisten als menschliche Schutzschilde. … Ihnen zu helfen, macht die Dinge noch schlimmer“. Wird Husain, ein neutraler Experte des Council on Foreign Relations, zitiert. (http://globalspin.blogs.time.com/2012/03/12/few-good-options-for-syria-but-arming-the-rebels-may-be-the-worst/)  Und am 13.03.2012 berichtet Ria Novosti, dass der oppositionelle Syrische Nationalrat (SNC), Waffen aus dem Ausland erhalten zu haben. (http://de.rian.ru/politics/20120313/263041900.html)

Trotzdem hatten westliche Kräfte noch im Januar ein Eingreifen aus humanitären Gründen gefordert, um dem "einseitigen Morden" Einhalt zu gebieten, ebenso wie sie vehement den Sturz der Regierung Assad als einzige mögliche Alternative forderten. Erneut R2P in seiner hässlichsten Form? 

SYRIEN, WENDE FÜR R2P?

Syrien könnte eine Wende in der Anwendung von R2P darstellen: Wenn es gelingt, die Protagonisten von Krieg zur Durchsetzung von politischen Zielen daran zu hindern, in einem Bürgerkrieg zugunsten einer Seite einzugreifen, und stattdessen eine gemeinsame Initiative aller Länder der Welt zu stärken, die zivile Kräfte unterstützt, die eine friedliche Demokratisierung des Landes wünschen. Und wenn diese wiederum mit der Regierung gemeinsam einen Weg durch Reformen, Konsensfindung und Demokratisierung mehr Freiheit für die Menschen erreichen, könnte gleichzeitig Ordnung und Sicherheit für die Zivilbevölkerung sicher gestellt werden.

Der im Westen ausgebildete Assad weiß sehr wohl, dass das Ende seiner absoluten Macht gekommen ist. Andererseits lassen die Umfrageergebnis erkennen, welche Ängste die Bevölkerung vor einem Regimewechsel umtreiben. Dies wäre eine historische Chance, einen Bürgerkrieg durch Reformen und Demokratisierung, sowie einer Versöhnungspolitik zu ersetzen. Nach Verfassungsreformen, die das Endende des Ein-Parteien-Staates bedeuten, hat Assad nun Parlamentswahlen für den 1. Mai angekündigt. (http://www.aljazeera.com/news/middleeast/2012/03/2012313101752849363.html) Rebellen und westliche Länder fordern weiterhin den bedingungslosen Sturz der Regierung. Aber könnte es nicht der Beginn für eine neue, gewaltfreie Strategie von R2P sein?

Je näher eine mögliche gewaltlose Lösung rückt, desto dramatischer werden die Propagandalügen und Nachrichtenskandale. Selbst angesehene Menschenrechtsorganisationen werden von der Hysterie angesteckt und lassen sich vor den Propagandakarren spannen, ganz abgesehen von den westlichen Massenmedien. Wie der Blog Globalresearch über die angelsächsischen Medien immer wieder aufzuzeigen versucht. (http://www.globalresearch.ca/index.php?context=viewArticle&code=COR20120314&articleId=29776) Die Sendung eines gefälschten Videos durch das ZDF ist also keinesfalls ein Einzelfall, sondern Teil einer bewussten Kampagne der psychologischen Kriegsführung. Es wäre nicht das erste Mal, dass später als Falschmeldungen entlarvte Berichte oder Aussagen, die Bereitschaft der Öffentlichkeit für einen Krieg erzeugt hätten. 

In dem Buch "Propaganda" von Jacques Ellul (ISBN 978-0-394-71874-3), zeigt der Autor erschreckenderweise auf, dass "Propaganda nicht ohne Bildung funktioniert". Er beschreibt, warum so genannte "Gebildete" ganz besonders für Propaganda anfällig sind. Seine Arbeit, die bereits im Jahr 1965 erschien, hat nichts an Aktualität verloren und wurde durch die Geschichte sogar bestätigt. Das Furcht erregende an seinem Buch ist aber, dass er aufzeigt, dass Propaganda, egal ob gut oder schlecht, nicht nur die Demokratie zerstört, sondern eine ernsthafte Bedrohung für die in einer modernen Welt operierenden Menschheit ist. Und was wir heute erleben ist das, was er beschreibt. 

Wenn am 20.03.2012 Journalisten von Spiegel Online (http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,822653,00.html) gegen den Mainstream zu berichten, dass nicht nur Assad und seine Schergen, sondern auf der anderen Seite die Aufständischen ebensolche Gräueltaten begehen, dann wird das hoffentlich einige, die in die Falle der Propaganda gegangen sind, die Augen öffnen. 

Hoffen wir, dass im 21. Jahrhundert die Regierungen dieser Welt nicht mit Zensur des Internets die Propagandamöglichkeiten des 20. Jahrhunderts erhalten, sondern dass mit der schier unendlichen Informationsmöglichkeit durch das Internet endlich Schluss gemacht wird mit Propagandalügen.


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