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Freitag, 23. März 2012

Der neue McTrollerismus?


Auf Grund des Blogartikels von Stephan Urbach (http://stephanurbach.de/2012/03/trolle-und-das-wegsehen-gelten-im-netz-andere-machtstrukturen) möchte ich die Gegenposition einnehmen, und  auf eine sich m.E. verbreitende  Hysterie und übertriebene Reaktion auf so genannte „Trolle“ zurück kommen. Die Intensität, der Grad der Vorurteile und die Bedingungslosigkeit des „Kampfes gegen die Trolle“ erinnert in manchen Fällen inzwischen an McCarthyismus. Die Gründe, oder sagen wir provokativ Vorwände, mit denen gegen „Trolle“ vorgegangen werden, ähneln in manchen Fällen fatal den Argumenten, die einst von Kinderpornoseitengegnern gegen die Piraten verwendet wurden, um das Netz zu zensieren.


MEINE ERFAHRUNGEN ALS TROLL

Kaum war ich auf einer Mailingliste der Piraten zum ersten Mal aktiv, wurde ich von einem Administrator in wüstester Weise beschimpft und man legte mir Sockenpuppe nahe, so schnell wie möglich wieder zu verschwinden. Ich armer Troll hatte gerade mal einen einzigen Kommentar hinterlassen. Offensichtlich hatte der Administrator die Meinung vertreten, dass ich eine ganz andere Person wäre. An einer Aufklärung war er nie interessiert. Er verweigerte ein Treffen.

Aber das ist kein Einzelfall. Was Stephan Urbach in seinem Blogbeitrag erwähnt, ist die Sicht des inzwischen Etablierten. Desjenigen, der sich wie ein Prominenter des Reallebens die Papparazzi vom Leib halten muss. Man soll Mitleid mit den troll-geplagten Netz-Promis haben, so wie man Mitleid mit den Schauspielern haben soll, die von Paparazzi verfolgt werden. Aber in beiden Fällen gibt es gegenseitige Abhängigkeiten. Ohne „Gute“ Paparazzi keine Popularität.  Ohne „brave“ Follower, kein hoher virtueller Status auf der virtuellen Lebensbühne.

Meine Troll-Karriere war aber mit dem einen Fall nicht beendet. In einem anderen Beispiel wurde ich ein Troll genannt, weil ich eine andere Meinung vertreten habe als die ML, und dies durch zu viele Beweise unterlegte, was als Impertinenz angesehen wurde. Inzwischen redet keiner mehr davon, weil die Erkenntnis bis in die deutschsprachigen Mainstream-ML  gelangt ist, … aber ich bin nicht mehr in der Mailingliste.

Ich meine nicht, dass unflätige Ausdrücke und Beschimpfungen toleriert werden müssten. Im Gegenteil. Aber gerade das wurde von einem trolljagenden Mailinglistenadmin von mir gefordert. Man hielt mir Links unter die Nase, dass man nicht so zimperlich sein dürfte. Nein, Fäkalausdrücke und ähnliche Verbalentgleisungen brauche ich nicht. So was könnte man m.E. sogar automatisch aussortieren. Aber wenn ein Kommentator von seiner Meinung überzeugt ist, und immer wieder mit neuen und zusätzlichen Informationen „nervt“, kann das kein Grund sein, ihn als Troll zu bezeichnen, was aber leider inzwischen immer häufiger passiert.

GUTE ZENSUR – BÖSE ZENSUR?

Natürlich regen solche Poster auf. Und manche Mailingliste habe ich abbestellt, weil ich die Zeit nicht aufbringen wollte, mich damit auseinander zu setzen. Aber das ist nun mal die Rückseite der Medaille, mit der man leben muss, wenn man für Freiheit der Information ist.

Ich kann nicht einerseits gegen ACTA, Überwachungsstaat und Zensur eintreten, und andererseits erklären, dass man selbst aber sehr wohl wüsste, was „Gute Zensur“ wäre. Das hört sich fatal an wie die Diskussion, ob Waterboarding nun Folter wäre oder nicht, ob es gute Folter gibt im Gegensatz zu böser Folter.

Inzwischen hat das Bundesverfassungsgericht eingesehen, dass es schwierig ist, eine Bestrafung bei Verleugnen des Holocaust auszusprechen, ohne gegen das eigene Grundgesetz zu verstoßen. Das Leugnen des Holocaust könnte man vielleicht als das strafrechtlich verfolgbare  auf die Spitze-Treiben des Trollens bezeichnen. Trotzdem ist es heute schwierig, dieses zu verbieten, ohne mit den eigenen Ansprüchen an Freiheit zu kollidieren. Das sollte uns nachdenklich machen.

DER TROLL IST EINE CHANCE

Wenn das Thema mich interessiert, nehme mir ab und zu die Zeit, einen Thread zu verfolgen, in dem ein so genannter Troll sein „Unwesen“ treibt. Mich mit dem Troll auseinander zu setzen hat zwei Ergebnisse: a) werde ich gezwungen meine Position zu überprüfen und b) helfe ich stillen Mitlesern die Argumente des „Trolls“ richtig einzuschätzen. Insofern können Trolle auch echte Chancen darstellen, ein viel intensiveres Bild für Mitleser zu schaffen.

DER TROLL DAS VERKANNTE WESEN

Ich möchte zwei Erfahrungen in einer AG der Piratenpartei beschreiben, die die Vielschichtigkeit des Themas „Trolls“ vielleicht beleuchten.

Da meldete sich ein Teilnehmer. Er war in eine Richtung fundamentalistisch und wohl in anderen AGs und Gruppen bereits ausgesondert worden. Mit unendlicher Geduld ließ der Koordinator den „Neuen“ seine Argumente über eine gewisse Zeit vortragen, bremste ihn dann aber höflich und nett aus und bat um Mitarbeit am aktuellen Thema in einer zielgerichteten und konsensorientierten Weise. Der „Neue“ machte dann noch einen Anlauf, wurde aber höflich gebeten, seine Thesen schriftlich einzureichen, damit man dann darüber an einem separaten Termin diskutieren konnte. Leider meldete er sich nicht mehr. Und das leider war, mitten in einem Seufzen der Erleichterung, doch ernst gemeint. Denn nur wenn man in der Lage ist, sich mit extremen Positionen auseinander zu setzen, kann man sicher sein, nichts zu übersehen.

Im zweiten Fall handelte es sich um einen Fundamentalisten der entgegen gesetzten Richtung. Auch hier hatten die Mitglieder der AG und der Koordinator erstaunliche Geduld. Eine Geduld, die aber die Person honorierte. Denn ein solches Verhalten nicht gewöhnt, verstummte er nach einer gewissen Zeit, und arbeitet dann sogar konstruktiv mit. Wenn er inzwischen nicht da ist, vermisst man ihn.

Beide Fälle haben Zeit gekostet. Und auch Nerven. Aber beide Fälle haben gezeigt, dass man mit so genannten Trollen auch anders umgehen kann. Meiner Meinung nach sollte diese Kultur der Integration zur Piratenpartei gehören. Denn je stärker wir uns in eine Trollomanie versteigern, desto ähnlicher werden wir den etablierten Parteien, ohne es zu merken.


1 Kommentar:

  1. Hallo Menschenfreund, du alter Troll,

    ich war auch mal Stammgast auf hatr.org.

    Hier der Link, du Troll:
    http://hatr.org/hate/omzsa1ojwgve215bxroz

    Terrorist ist ja durchaus okay, wenn es tatsächlich ein Terrorist ist. Aber auch Aufständische oder Regimekritiker werden so bezeichnet.

    Schau mal hier: Da wirst du dich wiederfinden.

    Trolle machten schon Nazis das Leben schwer

    Ich bin "Antifeminist" und habe so meine spezifischen Erfahrungen gemacht.

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