(http://derstandard.at/1331207267450/Kurt-Gritsch-Gut-inszeniert-die-Mainstream-Meinung) überzeugte mich, dass mein Bild der deutschen Medien, das ich seit meiner Rückkehr aus dem Ausland empfunden und beklagt hatte, nicht nur von mir als Beweis der Wichtigkeit des Kampfes um einen freien Informationsfluss im Internet gewertet werden kann. Ich hatte vor Ort in manchen Ländern erlebt, wie Nachrichten "gemacht" wurden, die innerhalb von Minuten um die Welt gingen und Schlagzeilen beherrschten. Obwohl sie inhaltlich die Situation verzerrt dargestellt hatten. Dabei hatte ich aber von deutschen Medien oft eine bemerkenswerte Zurückhaltung und Distanz geglaubt zu erkennen. Aber das scheint sich geändert zu haben.
Wenn dann noch deutsche Politiker nach der Wahl im Saarland erklären, dass es beklagenswert wäre, dass Internetnutzer selektiv Informationen aus dem Internet konsumieren würden, statt die vorgeordnete Nachrichtenwelt der Medien zu nutzen, bestärkt mich in der Erkenntnis, dass die Mächtigen dieser Welt das Potential des Internets fürchten.
AUFRECHTER JOURNALISMUS
Es gibt Länder, in denen droht Journalisten, die die Wahrheit schreiben, der Tod. In Deutschland droht die gesellschaftliche und mediale Ächtung. Um so mehr sind aufrechte Bekenner des Glaubens an die Werte des Journalismus zu schätzen.
Wenn dann noch deutsche Politiker nach der Wahl im Saarland erklären, dass es beklagenswert wäre, dass Internetnutzer selektiv Informationen aus dem Internet konsumieren würden, statt die vorgeordnete Nachrichtenwelt der Medien zu nutzen, bestärkt mich in der Erkenntnis, dass die Mächtigen dieser Welt das Potential des Internets fürchten.
AUFRECHTER JOURNALISMUS
Es gibt Länder, in denen droht Journalisten, die die Wahrheit schreiben, der Tod. In Deutschland droht die gesellschaftliche und mediale Ächtung. Um so mehr sind aufrechte Bekenner des Glaubens an die Werte des Journalismus zu schätzen.
In der Fernsehsendung „Meinungsmacher“ im Hessischen Rundfunk am
14.03.2012 fragte Frau Gabriele Krone-Schmalz, (http://programm.ard.de/TV/hrfernsehen/meinungsmacher/eid_281087585616340?monat=2&jahr=2012&list=main) warum die Medien so
einen Wirbel um den Ehrensold des ausscheidenden Bundespräsidenten
machten, während sich nur Wenige um die Frage von Krieg oder Frieden im
Nahen Osten kümmern würden. Aber das war nur der Beginn einer
erstaunlichen Sendung, die zeigte, dass die Öffentlich Rechtlichen
Medien in der Lage waren, zwar langweilige, aber auf höchstem Niveau
stehende Informationssendungen zu produzieren.
Wenn man die Gespräche verfolgt, die
stellenweise leider so ruhig und besonnen geführt werden, dass an 15
Sekunden Schnitte gewöhnte Medienkonsumenten leider nicht lange
zuhörten, konnte man erstaunliche Informationen gewinnen. Die
Gesprächsteilnehmer der Runde waren Moschee Zimmermann, israelischer
Publizist und Historiker an der Universität von Jerusalem, sich selbst
eher zur Gruppe linker Intellektueller zählend, Bahman Nirumand,
iranisch-deutscher Publizist und Autor, und der Nahostexperte Michael
Lüders.
a) Israel leidet unter einer anerzogenen Existenz-Hysterie.
b) Der Westen, insbesondere die USA, haben durch den Sturz von Mossadegh (http://de.wikipedia.org/wiki/Mohammad_Mossadegh) die Demokratisierung beendet, und den Schah zu einem Diktator gemacht.
c) Der Iran hatte bis 2003 immer alles getan, was der Westen wünschte. 2003 hatte der damalige „gemäßigte“ Ministerpräsident Mohammad Chatemi den USA ein umfassendes Kooperationsangebot gemacht. Das Bestand aus dem Angebot, Israel anzuerkennen, Hamas und Hisbollah nicht mehr zu unterstützen, und sich mit den USA zu versöhnen. Versöhnung, weil die USA nicht nur Regimewechsel verursacht, sondern auch den Krieg des Irak gegen den Iran maßgeblich unterstützt hatten. Präsident Bush jedoch wies das Angebot zurück „Wir sind nicht interessiert“. Damals hatte die USA bereits den Krieg Gut gegen Böse erklärt, und man hielt den Iran für die Verkörperung des Bösen.
d) Jetzt steht der Iran unter einer ungeheuren existentiellen Bedrohung. Die größte Militärmacht der Welt hat rund um den Iran herum eine Drohkulisse mit dutzenden von Militärbasen aufgebaut und droht unverhohlen mit einem Krieg. Angesichts dieser Bedrohung gibt es Kräfte im Iran, die glauben, durch eine Atombombe ähnlich unangreifbar zu werden wie Nord-Korea, Israel oder die anderen Länder, die Atomwaffen besitzen.
DIE ROLLE DER USA
Die Diskussion der Gesprächspartner ließ erkennen, dass niemand wirklich daran glaubte, dass die möglichen Bestrebungen des Iran, eine Atomwaffe zu bauen, für die derzeitige Kriegsgefahr verantwortlich sind. Vielmehr handelte es sich um eine Vielzahl von Gründen, die sich schon seit geraumer Zeit entwickeln, und deren Ursachen tiefer liegen.
So hat die USA eindeutig hegemoniale Interessen. Der Iran ist neben Syrien das letzte Land in der Region, das sich einer Vorherrschaft der USA widersetzt und darauf besteht, unabhängig zu sein, und eigene politische Wege zu gehen. Insbesondere die extrem Rechte in den USA hat sich in eine regelrechte Iran-Hysterie hineingesteigert. Alle republikanischen Präsidentschaftskandidaten übertreffen sich gegenseitig darin zu versichern, dass sie den Iran bombardieren würden, würden sie gewählt. Michael Lüders meinte dazu: „Wenn Dummheit, Ignoranz und eine Weltmacht auf der Suche nach eigener Orientierung zusammen kommen, dann wird es gefährlich“.
Die Gesprächspartner waren sich einig darin,
dass Präsident Obama keinen Krieg wolle, dass aber der Druck von
rechten Kreisen und der überaus großen Israel-Lobby, dazu führt, dass
er gezwungen wird, am Rande des Abgrunds zu balancieren. Und dass
hierdurch die Gefahr besteht, dass ein einziges falsches,
möglicherweise eigentlich unbedeutendes Ereignis, zu einer Katastrophe
führen kann.
Die USA haben keinerlei Grund den Iran
anzugreifen. Aber es gibt Kräfte innerhalb der USA, die glauben, man
„könne ein für alle Male aufräumen“ mit Syrien, der Hisbollah und dem
Iran, die an eine „Lösung des Nahostproblems“ mit Waffengewalt glauben.
DIE LAGE ISRAELS
Israel hat eigentlich keinen Grund den Iran anzugreifen. Denn selbst WENN der Iran eine Atombombe hätte, wäre ein Einsatz gegen Israel praktisch unmöglich. Ein Atomwaffeneinsatz gegen Israel würde zwangsläufig die arabischen Nachbarn treffen, die sich daraufhin zweifellos gegen den Iran stellen würden. Israel könnte den Iran mit seinen Atomwaffen innerhalb von kürzester Zeit von der Landkarte tilgen. Und natürlich stünden tausende von Atombomben der USA bereit, den Rest zu erledigen. Und der Iran ist keineswegs „verrückt“ dieses Szenario zu akzeptieren.
1. Israel treibt ganz andere Gründe zu der zunehmenden Konfrontation mit dem Iran. Einerseits lenkt die Kriegsrhetorik von dem stillen Krieg gegen Palästina ab. Und die Frage stellt sich: Wenn Israel sich unter einer existentiellen Bedrohung durch den Iran glaubt, warum schließt es dann nicht zuerst Frieden mit dem nächsten Nachbarn? Aber Israel macht keinerlei Anstalten, die Siedlungspolitik zu ändern, und eine Lösung mit Palästina zu suchen. Der Irankonflikt verdeckt diesen Krisenherd erfolgreich.
2. Andererseits steht Israel steht durch den „Arabischen Frühling“ unter Druck, der zunehmend islamistische und demokratische Bewegungen an die Macht bringt, die sich eindeutig weniger israelfreundlich zeigen, als die mit den USA verbundenen diktatorischen Systeme.
3. Die Linke in Israel, die sich schon lange für einen friedlichen Dialog mit den arabischen Nachbarn einsetzt, kann sich innenpolitisch nicht durchsetzen. Implizit konnte man aus dem Beitrag lernen, dass die Linke es eher als Armutszeugnis für einen Staat ansieht, wenn er in über 60 Jahren nicht in der Lage ist, zumindest mit einigen Nachbarn zu einem friedlichen Zusammenleben zu kommen. Aber die Rechte in Israel scheint kein Interesse daran zu haben, und die Masse der Bevölkerung wird durch eine Existenzangst indoktriniert und neigt im Zweifel zur radikalen Rechten.
****
Frau Krone Schmalz sprach mit ihrem Schlusswort
einen Punkt an, den ich mir wünschte, von mehr Medienmachern beherzigt
zu sehen: „Die Lehre von Auschwitz für mich ist, nicht zu schweigen, und nicht mit zu machen, wenn man den Weg für falsch hält“.
DAS VERSAGEN WESTLICHER MEDIEN
Diese kritische Sicht auf ihre Kollegen möchte ich noch vertiefen durch die Auflistung der 10 schlimmsten Fehler der westlichen Medien in der Beschreibung der Irankrise. Inspiration dafür war ein Artikel von Stephen M. Walt in Foreign Policy vom 11. März 2012 (http://walt.foreignpolicy.com/posts/2012/03/11/top_ten_media_failures_in_the_iran_war_debate)
A) Den Krieg zum Medienereignis machen.
Wenn die Medien ständig Berichte veröffentlichen, wie eminent, wahrscheinlich, unausweichlich und führbar ein Krieg ist, wird die Akzeptanz für einen Krieg in der Bevölkerung automatisch erhöht. Die Menschen werden durch die schiere Masse der Berichte, wie ein Krieg geführt werden könnte, systematisch auf diesen Krieg vorbereitet, und die Bereitschaft zur Akzeptanz eines „unabwendbaren Ereignisses“ geschaffen. Während Walt Beispiele aus den USA auflistet, will ich einen Bericht aus der „Welt Online“ vom 13.03.2012 aufzeigen. (http://www.welt.de/debatte/kolumnen/Weltlage/article13919262/Militaerschlag-muss-in-Israel-entschieden-werden.html) Der Artikel verkürzt, berichtet vollkommen einseitig und schließt mit dem Aufruf zu einem Kreuzzug: „Das lange Zögern bei der Behandlung brutaler Regime, mit denen man auf lange Sicht nicht in Frieden leben kann, verstärkt nur menschliches Leiden. Die Schwäche der Demokratien entmutigt diejenigen, die nach Freiheit streben, und es ermutigt zugleich schwankende Regime, neue Sonderwege einzuschlagen.“
Aber es gibt neben der extremistischen
Israel-Lobby in den USA auch christliche Gruppen, die möglicherweise
bedrohlicher erscheinen, als schlimmste radikalislamische Rhetorik. Ein
Beispiel dafür ist ein Artikel in der Internetseite „Die Bibel und das
Jahr 2012“. (http://www.bibel-und-2012.de/2012-03/angriff-von-usa-auf-iran-atomanlagen.html)
Wer die folgenden Zeilen liest, braucht sich nicht zu wundern, dass die
islamischen Staaten von einem modernen Kreuzzug des Westens reden. „Wenn
wir nicht wollen, dass der freiheitlich-westliche Lebensstil ein Ende
findet, dann gilt: Die islamistischen Diktatoren im Iran dürfen niemals
im Besitz einer Atombombe sein. Erst würden sie Israel, dann Europa
und schließlich die USA vernichten wollen, um die Weltherrschaft des
Islam aufzubauen.“
In Deutschland gibt es ein weiteres Beispiel, das der Blog German Foreign Policy (http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58290 ) zum Anlass nimmt, festzustellen: „Der ehemalige Leiter des Planungsstabes im Bundesverteidigungsministerium (1982-1988) Hans Rühle hat unlängst in einer deutschen Tageszeitung ausführlich untersucht, ob die israelische Luftwaffe in der Lage sei, die iranischen Atomanlagen hinlänglich zu zerstören. Er kommt zu dem Ergebnis: Trotz Schwierigkeiten etwa bei der Luftbetankung der Bomber sei es beispielsweise kein Problem, den Reaktor in Buschehr zu vernichten; "zehn GBU-28 oder GBU-27 würden ausreichen". Allerdings sei zu berücksichtigen, dass seine Bombardierung "die Verstrahlung großer Gebiete des Iran, aber auch angrenzender Golfstaaten zur Folge" hätte. (http://www.welt.de/politik/ausland/article13872095/Wie-Israel-Irans-Atomprogramm-zerstoeren-koennte.html ) Im Hinblick auf den Gesamtkomplex der iranischen Nuklearanlagen blieben gewisse Risiken, doch stünden "die Erfolgsaussichten gut". Ein Beispiel für viele Artikel in der Welt, die „Machbarkeit“ eines Krieges diskutieren, statt die Sinnhaftigkeit.
B) Leichtfertiges Gerede über Irans „Nuklearwaffenprogramm“
Ein immer wieder zu beobachtender journalistischer Missgriff, ist die Erwähnung von Irans „Nuklearwaffenprogramm“. Dabei wird die Existenz eines solchen Programms zwar in deutschen Medien nicht ausdrücklich als Tatsache erklärt, aber die einseitige Berichterstattung über Verdachtsmomente und Aussagen überwiegend das Programm bestätigender Stimmen, lässt den Medienkonsumenten kaum eine andere Wahl, als von der Existenz eines solchen Programms auszugehen. Und doch glaubt der US-Geheimdienst bis zum Tag, da dieser Artikel geschrieben wird, dass der Iran kein aktives Atomwaffenprogramm hat. Und auch die IAEA weigert sich, ein solches Programm als gegeben zu bezeichnen.
Also obwohl selbst Kritiker des Iran davon ausgehen, dass der Iran derzeit gar kein Atomwaffenprogramm hat, und obwohl der oberste geistige Führer des Landes, der auch stärkeren Einfluss auf die Politik hat, als der Premierminister, den Besitz einer solchen Waffe als große Sünde bezeichnet hat, wird stillschweigend davon ausgegangen, dass ein solches Programm existieren würde.
C) Die Besessenheit, mit der Ahmadinejad verteufelt wird
Üblicherweise erwähnt man Irans Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad als verrückten Extremisten, der angeblich gesagt hätte, dass er Israel von der Landkarte tilgen wollte. Und das, obwohl längst bewiesen und ausführlich veröffentlich wurde, dass diese Behauptung einer Falschübersetzung aus Farsi, der Sprache des Irans zuzuschreiben ist. Und das weder aus dem Zusammenhang der Rede, noch aus der korrekten Übersetzung, eine solche Ankündigung zu erkennen ist. Wie die Süddeutsche schon am 26.03.2008 schrieb: „Kein Satz wird so häufig mit dem amtierenden Präsidenten Irans, Mahmud Ahmadinedschad, assoziiert wie dieser: Israel muss von der Landkarte radiert werden. Das Problem ist nur - er hat diesen Satz nie gesagt.“ (http://www.sueddeutsche.de/kultur/umstrittenes-zitat-von-ahmadinedschad-der-iranische-schluesselsatz-1.287333)
Darüber hinaus führt die ständige Betonung der
rassistischen und nationalistischen Aussagen des iranischen
Premierministers in die Irre. Er hat wenig bis keinen Einfluss auf die
nationale Sicherheitspolitik, seine Macht ist in den letzten Monaten
stark gesunken, und der Oberste Führer Ali Khameini, der die
eigentlichen Schlüsselentscheidungen fällt, hat wiederholt erklärt,
dass Atomwaffen im Gegensatz zum islamischen Glauben stehen würden.
Und ständig kann man darüber lesen, dass die iranische Führung irrationale Entscheidungen fällen würde, und unberechenbar wäre. Aber doch hat das Land seit über 200 Jahren keinen Angriffskrieg geführt und war ständig gezwungen, sich gegen ausländische Einflussnahme zu wehren, während z.B. die USA einen vollkommen irrationalen und unnötigen Krieg gegen den Irak führten, der Billionen von Dollar kostete, und hunderttausende von Menschenleben forderte.
D) Das Ignorieren der iranischen Schwächen
Der Iran ist noch längst keine Großmacht. Aber das Land hat Potential und könnte wesentlich mehr Einfluss ausüben, wenn seine Führer kompetenter wären, und die westliche Welt Annäherungen des Iran nicht wie 2003 barsch zurückweisen würden. „Das Verteidigungsbudget des Iran beträgt lediglich 1/50tel der US-Ausgaben. Und das Land hat keine nennenswerten Abschussmöglichkeiten mit größerer Tragkraft. Der Iran könnte keine ernsthafte Invasion gegen irgendein Nachbarland durchführen. Und der Iran könnte auch nicht die Straße von Hormus über einen längeren Zeitraum blockieren, wenn überhaupt“, erklärt Walt und fährt fort: „Das ist unter anderem einer der Gründe, warum sich der Iran gezwungen sieht, Gruppen wie Hisbollah oder Hamas zu unterstützen, die aber auch keineswegs über große Macht verfügen“. Die Medien im Westen behaupten immer wieder, dass der Iran eine militärische Bedrohung darstellen würde, ohne aber ernsthafte Beweise oder Analysen dafür zu liefern. Alles spielt sich auf einer Ebene reiner Spekulationen und Emotionen ab.
E) Die Medien fragen nicht, warum der Iran die Bombe haben will
Wie der Nahostexperte Michael Lüders in verschiedenen Interviews erklärte, hätte im Moment kein anderes Land der Welt mehr Grund eine Atombombe zu entwickeln, als der Iran. Denn das Land steht seit vielen Jahren unter permanenter existentieller Bedrohung durch die USA, und spätestens seit der Zurückweisung von Gesprächen im Jahr 2003, muss der Iran damit rechnen, durch die USA angegriffen zu werden.
Walt schreibt dazu: „Die Diskussionen über
einen möglichen Krieg tendieren davon auszugehen, dass der Iran
tatsächlich versucht, sich aus schändlichen Gründen, in den Besitz
einer Nuklearwaffe zu bringen. Aber alle neun Mächte der Welt mit
Nuklearwaffen, hatten diese zuvorderst aus Abschreckungsgründen
entwickelt. (D.h. weil sie vor großen Bedrohungen von Außerhalb standen,
wünschten Sie einen Weg zu finden, ihr eigenes Überleben zu sichern).
Der Iran hat gute Gründe sich Sorgen zu machen: Das Land hat zwei
Atomwaffen besitzende Staaten auf beiden Seiten seiner Grenzen, eine
sehr schlechte Beziehung zur größten Supermacht der Welt, und mehr als
drei Dutzend US-Militäranlagen in unmittelbarer Nachbarschaft.
Prominente US Politiker rufen immer wieder zu einem „Regime-Wechsel“ im
Iran auf, und verdeckte Aktionen gegen den Iran sind seit geraumer Zeit
nicht zu übersehen, darunter auch die Ermordung von zivilen
Wissenschaftlern.“
Was folgert man daraus? Beleuchten die Medien diese Fragestellung nicht, weil eine solche Frage die Sinnhaftigkeit von Bedrohung, Sanktionen und möglicherweise eines Krieges in Frage stellen würde?
F) Die Medien fragen niemals, warum der Iran evt. keine Bombe haben wollte
Diskussionen über die nuklearen Ambitionen des Iran beleuchten niemals die Möglichkeit, dass der Iran evt. gar keine Atomwaffen haben wollte. Aber das sollte man tunlichst nicht vergessen. Wie oben schon gesagt, hatte Khameini wiederholt erklärt, dass Atomwaffen im Gegensatz zum Islam stehen würden, und er meint das auch so. Natürlich könnte er lügen, aber eine solche Lüge wäre riskant für ein Regime, das seine Legitimierung ausschließlich aus dem Islam zieht.
Walt schreibt dazu: „Außerdem hat der Iran das größte Potential aller Staaten am Golf, und wenn die Führung fähiger wäre, hätte das Land längst die Führungsrolle übernommen. Wenn es aber Nuklearwaffen anschafft, werden möglicherweise einige der Nachbarn folgen, was wiederum teilweise Irans konventionelle zukünftige Überlegenheit wettmachen würde. Außerdem bleibt im Falle eines Verzichtes der Iran davon verschont, der Komplizenschaft verdächtigt zu werden, wenn irgendwo auf der Welt demnächst einmal ein terroristischer Anschlag mit Atomwaffen stattfinden sollte. … Aus all diesen Gründen möchte ich darauf wetten, dass der Iran zwar eine nukleare Option haben möchte, aber derzeit keine Atomwaffe.“
G) Das Übertreiben der Israelischen Fähigkeiten
Michael Lüders hatte in der eingangs erwähnten Sendung erklärt, dass es nicht unbedingt für die Fähigkeit der israelischen Armee sprechen würde, wenn diese vier Jahre nicht in der Lage war, einen entführten israelischen Soldaten, der im Gaza-Streifen von Aufständischen gefangen gehalten worden war, zu befreien. Walt schreibt dazu:
„In einem sehr realen Szenario wird diese ganze Kriegsangst getrieben von der angeblichen Fähigkeit Israels, einen Präventivkrieg alleine, ohne die USA zu führen, wenn es sich bedroht sehen würde, selbst wenn die Führer der USA dagegen wären. Aber die IDF hat nicht die Kapazität, Irans neue Anlagen in Fordow auszuschalten, denn das Land hat kein Flugzeug, das eine Bombe transportieren könnte, die groß genug wäre, tief genug in den Felsen, der die Anlagen schützt, einzudringen. Und wenn sie Fordow nicht ausschalten können, dann können sie vielleicht nicht einmal eine Verzögerung des Atomprogramms des Iran bewerkstelligen. Der einzige Grund, warum sie versuchen könnten, einen Schlag zu führen, könnte der Versuch sein, die USA in den Krieg hinein zu ziehen.“
Und wie die Diskutanten im Hessischen Rundfunk feststellten: Eigentlich hat niemand etwas von einem Krieg gegen den Iran, aber die Situation ist so aufgeladen, so unkontrollierbar geworden, der Druck so groß, dass ein falscher Schritt, ein falsches Ereignis, zur Katastrophe führen könnte.
H) Die Medien überlassen Propagandisten die Bühne, die wild mit Fakten spekulieren
Natürlich müssen sich Journalisten auf die
Aussage von Politikern und Fachleuten berufen, aber sie tun das zu oft,
ohne die Fakten zu prüfen. Walt hat dazu eine ganze Reihe von
Beispielen genannt: „Als Rick Santorum in einer Pressekonferenz
erklärte, dass „dort keine Inspektoren sind“, also im Iran, fragte
David Gregory, der Moderator, nicht nach, und korrigierte diesen
offensichtlichen Fehler nicht. (Tatsächlich ist der Iran das Land, das
von der IAEA so intensiv wie kein anderes Land in der Geschichte der
Organisation untersucht wird) … Noch schlimmer war, als der israelische
Botschafter Michael Oren auf MSNBC in der letzten Woche auftrat (http://video.msnbc.msn.com/mitchell-reports/46656400/#46656400)
und dann folgende dubiosen Behauptungen aufstellte, ohne daraufhin
hinterfragt zu werden: ‚[Iran] hat eine unterirdische Anlage gebaut, wo
das Land versucht seine Aktivitäten vor der Welt zu verstecken. Es hat
Uran in hohem Masse angereichert, was keine andere Erklärung zulässt,
als die eines Waffenprogramms – dies wurde durch die Internationale
Atomenergiebehörde verschiedene Male bestätigt. Das Land macht schnelle
Fortschritte bei der Entwicklung interkontinentaler ballistischen
Raketensystemen, die in der Lage sind, atomare Gefechtsköpfe zu
transportieren‘.
Unglücklicherweise wusste der Moderator von
MSNBC anscheinend nicht, dass Orens Behauptungen falsch oder in die
Irre führend waren. 1) Irans unterirdische Anlagen waren gebaut worden,
um ihre Zerstörung zu verhindern, nicht um „die Aktivitäten unsichtbar
zu machen“. Und die IAEA Inspektoren waren bereits in der Anlage
gewesen. 2) Iran reichert keineswegs bis auf waffenfähige Werte an,
sondern derzeit bis auf 20% (was nicht ausreichend ist, um eine Bombe
zu bauen). 3) Schließlich erklären westliche Geheimdienste, dass deren
Experten NICHT davon ausgehen, dass der Iran in naher Zukunft eine ICBM
{Interkontinentalraketen} haben wird.“
Walt hat weitere Beispiele, wie Journalisten
nicht in der Lage oder willens waren, offensichtliche Propagandalügen,
Halbwahrheiten oder falsche Interpretationen zu hinterfragen. Aber wer
die Augen öffnet, wird auch in Deutschland genügend Beispiele dafür
finden.
I) Was ist mit den Menschen?
Eine äußerst bizarre Erscheinung in der Diskussion über einen Angriff auf den Iran ist die Tatsache, dass die Folgen für die Zivilbevölkerung praktisch als nicht existent dargestellt werden. Aber wenn man einige der Atomanlagen des Iran mit Luftangriffen zerstört, besteht ein gewaltiges Risiko für eine Verbreitung von radioaktivem Material, oder die Freisetzung anderer giftiger Materialien, die die gesamte Region verseuchen würden. Wer Fukushima kennt, dem braucht man nicht viel mehr zu erzählen. Dadurch werden das Leben und die Gesundheit von hunderttausenden, bei einem Angriff auf alle Anlagen, von Millionen Menschen gefährdet. Das Perverse an den Diskussionen ist, dass die Diskussion über die Risiken eines Angriffs nur eine mögliche Reaktion des Iran betreffen, oder welche Einflüsse das auf den Ölpreis (oder den Preis einer Bratwurst) haben könnte. Einerseits behauptet der Westen Zivilisten in Syrien retten zu wollen, oder im Iran den Menschen bei einem Wechsel weg von einem angeblich verhassten Regime zu helfen, andererseits spielten Menschenleben bei den Betrachtungen eines Angriffs keine Rolle.
J) Könnte Diplomatie eine Lösung bringen?
Bereits in der Diskussion im Hessischen Rundfunk war klar geworden, dass die USA niemals wirklich nach einer diplomatischen Lösung gesucht hatte. Dort war auch zum Ausdruck gekommen, dass Deutschland und Frankreich zwar versucht hatten, einen Kompromiss zu entwickeln, dass er aber vom Westen ausgeschlagen worden war. Es gibt zunehmend kritische Kommentatoren, die darauf hinweisen, darunter nicht nur Christoph Hörstel und Oberstleutnant a.D. Jochen Scholz, dass eine politische Lösung niemals wirklich angestrebt worden war.
Walt schreibt dazu: „Aber die USA hatten in den letzten 30 Jahren sehr wenige Kontakte mit iranischen Offiziellen, und es gab lediglich einige wenige Besprechungen während der letzten drei Jahre. Darüber hinaus haben wir die ganze Zeit darauf bestanden, dass der Iran seine Anreicherung aufgeben müsse, was immer eine Voraussetzung aus der Sicht des Iran gewesen war.“ Der Iran betrachtet die Unabhängigkeit von ausländischer Urananreicherung, womit nicht die zu waffenfähigem Material gemeint ist, als eine Voraussetzung für die zukünftige Energiesicherheit.
Auch Zweifel innerhalb des transatlantischen Establishments
In der Zwischenzeit melden sich zunehmend auch „unverdächtige“ Protagonisten einer transatlantischen Schicksalsgemeinschaft zu Wort, die vor dieser Iranpolitik warnen. Horst Teltschik, der einst Berater eines konservativen Bundeskanzlers Helmut Kohl war, und Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, bestätigte am 07.03.2012 im Focus nicht nur die oben getroffenen Aussagen (im HR) hinsichtlich der Beweggründe Israels. Er sagte für den Fall eines Krieges gegen den Iran voraus, dass ein Flächenbrand im Nahen und Mittleren Osten entstehen würde. (https://www.google.de/search?q=Focus+"ein+Angriff+auf+den+Iran+wäre+ein+Alptraum")
Weiter erklärt er „Ich halte die Politik gegenüber dem Iran
seit vielen Jahren für falsch. Man darf nicht vergessen, dass man keine
Beweise dafür hat, dass der Iran an einer Atombombe baut. Gerade vor
wenigen Wochen hat die CIA dies zugegeben. Man weiß nicht, ob es dem
Iran nicht nur darum geht, das Potenzial, Atomwaffen zu bauen, zu
erlangen. Zum jetzigen Zeitpunkt wäre eine militärische Intervention
völlig falsch“. Kaum war seine Meinung allgemein verbreitet gewesen, wurde bereits kolportiert, dass er wohl abgelöst werden würde.
Auch Wolfgang Ischinger, der unverdächtige Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, warnt eindringlich vor einem Krieg gegen den Iran. Er geht sogar so weit zu erklären, dass selbst im Fall, dass ein Tolerieren und „Containment“, was nicht gleichbedeutend mit „Appeasement“ ist, die richtige politische Antwort wäre. Womit er sich gegen die herrschende, offizielle geäußerte politische Meinung stellt. Wir werden sehen, welche Rolle er nach diesen Stellungnahmen politisch und medial zukünftig noch spielen wird.
FAZIT
Alle Zweifel und Bemühungen führen zu Nichts, wenn von der wichtigsten Militärmacht der Welt nicht auch der Wille ausgeht, eine friedliche Lösung zu finden. Der Blog German Foreign Policy meint dazu: „Dabei sprechen sich vor allem Parteigänger einer Politik, die auf ein dauerhaftes Hegemonialbündnis mit den Vereinigten Staaten setzt und in diesem Rahmen die westliche Vorherrschaft über die mittelöstlichen Ressourcengebiete bewahren will, für einen Krieg gegen Teheran aus. So heißt es etwa im konservativen Spektrum der transatlantisch orientierten Medien, weil die "Duldung und Eindämmung iranischer Nuklearwaffen ausgeschlossen" seien, komme nur eine Unterstellung der Atomfabriken Irans unter internationale Aufsicht oder ein "Präventivschlag" in Betracht: "Ein Drittes gibt es nicht." Darauf habe "die Welt" sich einzustellen, "eingeschlossen alle Konsequenzen eines bewaffneten Konflikts, unter denen die Explosion des Ölpreises und der Zusammenbruch der Konjunktur noch zu den minderen gehören". (http://www.welt.de/debatte/article13915900/USA-bestimmen-selbst-ueber-Iran-Angriff-ohne-Israel.html )
Ist die Krise des Iran vielleicht in Wirklichkeit eine Krise der westlichen Medien, die ihre Aufgabe als Wachhund über Politik und Wirtschaft nicht mehr ausreichend wahrnehmen?
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