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Dienstag, 1. Dezember 2015

UKRAINE, KRIM, die EU, NATO und Russland-Teil 12

Unbekannte Quelle Internet:
Angeblich zeigt Bild Heckenschützen
Die Schüsse vom Maidan verwandelten die legitimen Demonstrationen schließlich zu einem undemokratischen, gewalttätigen und die Verfassung missachtenden Staatsstreich, oder wie der Westen behauptet, in eine Revolution. Eine Revolution, die mit dem Tod von hundert Menschen provoziert wurde, denn diejenigen, die die Macht nach dem Staatsstreich übernahmen, sind die Hauptverdächtigen für die Morde.



Im November 2013 hatte sich der ukrainische Präsident Janukowytsch also entschlossen, den EU-Beitritt vorläufig auf Eis zu legen, bis die Bedingungen sich gebessert hatten. Da rief ein Online-Journalist über Facebook die Menschen zum Protest auf dem Maidan auf. Die Parolen der Bewegungen von 1989, die das kommunistische System in Osteuropa beendet hatten, wurden erneut hörbar, ebenso der romantische, aber extrem effektive Glauben, in die Macht der Menschen, und der Zivilgesellschaft. Enttäuscht davon, was als Verrat an den Idealen der Orangenen Revolution nach 2004 wahrgenommen wurde, wollte sich das ‚Volk‘ dieses Mal nicht auflösen, bevor es eine fundamentale Neuordnung der ukrainischen politischen Systems erreicht hatte. So die naiven Opfer der westlichen Propaganda.

Bei Demonstrationen im ganzen Land, versammelten sich am 24. November ca. 300.000 Menschen, aber danach schienen die Proteste nachzulassen. Der schlecht durchgeführte Versuch der Polizei, die Menge auf dem Maidan, in der Nacht vom 29. auf 30. November, unter dem Vorwand einen Weihnachtsbaum aufstellen zu müssen, aufzulösen, erneuerte die Mobilisierung. Am 1. Dezember kamen über eine halbe Million Menschen auf die Straßen. Die Polizeiaktion war eine grobe Fehlleistung, und später gaben ukrainischen Behörden zu, dass sie überreagiert hätten. Die vier Haupt-Oppositions-Parteien, in Erwartung der Präsidentschaftswahlen von 2015, Tymoschenkos Batkivshchyna (Vaterland), Vitaly Klitschkos UDAR, Arsenij Jazenjuks Front for Change und Oleh Tjahnyboks Swoboda, hatten bereits eine Allianz gebildet, deren Anführer Jazenjuk war, und sie arbeiteten nun gemeinsam in der Opposition gegen Janukowytsch. Sakwa beschreibt dann die Teilnehmer:
"... Bis dahin waren die Demonstranten zum größten Teil im mittleren Alter und aus der Mittelschicht, die ihre Informationen aus den sozialen Medien und dem Internet bezogen, und die EU als Fluchtmöglichkeit aus der wirtschaftlichen und politischen Stagnation ansahen. Der durchschnittliche Demonstrant war männlich, zwischen 34 und 45 Jahre alt, und hatte einen Vollzeitberuf. Die Ethnie spiegelte grob die Zusammensetzung des Landes wieder. 92% der Demonstranten waren ethnische Ukrainer, aber auch eine große Gruppe von Russen nahm Teil, motiviert durch die gleichen Sorgen wie ihre ukrainischen Mitbürger - Korruption und Misswirtschaft der Regierung." (Seite 82)
Aber schon zu diesem Zeitpunkt war klar, wer die führende Rolle in diesem Protest inne hatte. Stepan Bandera blickte von einem riesigen Portrait herunter, und hätte ohne Zweifel, das immer wieder aufflammende Singen der Nationalhymne, und Wiederholung des Rufs ‚Ehre der Ukraine, Ehre den Helden!‘, befürwortet.

Und die meisten naiven Demonstranten, die gegen oligarchische Herrschaft und für grundsätzliche Veränderungen auf die Straße gingen, hinterfragten nicht, wer das ganze bezahlte. Denn einige eben dieser Oligarchen, und deren ausländische Unterstützer, schickten den Aufständischen Geld, Essen und Zelte.

Nachdem der sich in immer autoritärere Gesetzentwürfe stürzende Janukowytsch einen Gesetzentwurf eingebracht hatte, der drakonische Bestrafungen für Demonstrationen mit sich bringen sollte, eskalierte die Situation und der erste Demonstrant starb. Was dann passierte, beschreibt Sakwa in seinem Buch wie folgt:
".... Vom 23. Januar an übernahmen Aufständische die regionalen staatlichen Verwaltungs-Gebäude, und beendeten die Kontrolle der Regierung. In Lwiw besetzten bewaffnete Demonstranten verschiedene Regierungsgebäude, auch das Rathaus, das sie mit Nazi-Bannern schmückten, und sie übernahmen ein Waffenlager des Militärs. Sie schickten bis zu mehreren hundert bewaffnete Kräfte, die sich an der Eskalation der Gewalt beteiligten, zum Maidan. In drei Regionen, Volyn, Lwiw und Ternopil, brachte sich eine neue Regierungsstruktur, genannt die Narodna Rada (der Volksrat) an die Macht.

Die Verteidigung des Platzes wurde zunehmend militarisiert. Mit anderen Worten, eine zivile Protestbewegung hatte sich in einen bewaffneten Aufwand verwandelt, und das in einem Zeitraum von nur wenigen Wochen. Der Kopf der Samooborona (Selbstverteidigungskomitees), war bekannt als ‚der Kommandant‘, ein Posten, der vom alten Nationalisten Andrij Parubij eingenommen wurde, einem der Gründer der Swoboda, und die leicht bewaffneten Einheiten bildeten designierte Sotnyas (Hundertschaften). Die Radikalisierung des Platzes marginalisierte die traditionellen Parteiführer. Klitschko wurde besonders von den Radikalen kritisiert, während Tymoschenko im Gefängnis war, und Tjagnibok beim Schüren der Revolution in seinem Element. Das Gewerkschaftshaus neben dem Platz wurde von militanten Gruppen besetzt, und lieferte Feldküchen, stellte ein Pressezentrum und Erste-Hilfe-Einrichtungen zur Verfügung. ..." (Seite 83)

Der Platz selbst wurde streng abgeschirmt, besonders sollten Sicherheitskräfte in Zivil davon abgehalten werden, sich unter die Demonstranten zu mischen. Und spätestens jetzt wird klar, dass es sich um eine nationalistische rechte Bewegung handelte, die das Zepter in die Hand nahm. Sakwa beschreibt die Situation wie folgt:
"... Der Rechte Sektor (Prawyj Sektor), eine Koalition von kleinen Gruppen, die die Führung in der Organisation der Verteidigung des Maidan übernommen hatte, war jetzt der nationalistischen Flanke der Swoboda angeschlossen. Es wird gemutmaßt, dass Kolomojskyj einer der wichtigsten Finanziers der Maidan-Bewegung gewesen wäre, und dass er insbesondere den Rechten Sektor unterstützt hätte, eine Partei, die als lose Gruppierung der radikalen rechtsextremistischen Bewegung entstanden war, die die Konfrontationen mit der Polizei auf dem Maidan anführten, und ‚organisch militärische Organisation, nationalistische Ideologie und christliche Doktrin, kombinierten‘. (3)  ...

Der Rechte Sektor erbte die Bandera Philosophie, dass Russland unter allen Umständen und zu jeder Zeit, der Hauptfeind wäre, ein Credo, dass die Möglichkeit von Diplomatie und politischer Debatte zerstörte, und das zu großen Teilen in das neue Regime, das ab Februar an der Macht war, übernommen worden war. ..." (Seite 84)
Totzdem unterstützten westliche Regierungen nach wie vor, sogar noch mit größerer Macht, die gewalttätigen rechten Schlägerbanden.Und die Behörden machten auch alles falsch, was man falsch machen konnte, und ihre Gewalt provozierte eine mächtige Gegen-Mobilisierung, und Eskalation der Gewalt. Drei Demonstranten wurden in der dritten Januarwoche getötet, einer davon zeigte Foltermale. Unterstützer von Demonstranten wurden gekidnappt, gefoltert und ermordet. Die Rhetorik auf beiden Seiten ließ eine Stimmung aufkommen, die den Bürgerkrieg voraus ahnen ließ. Selbst der Premierminister, Mykola Asarow, beschrieb die Demonstranten als ‚Extremisten und Terroristen‘, obwohl er, als er am 28. Januar zurück getreten war, festgestellt hatte, dass er dies getan hätte, um einer friedlichen Lösung des zivilen Aufstandes den Weg zu ebnen.
"... Der Kampf auf dem Maidan wurde zu einem zivilisatorischen Streit, bei dem die Hardliner auf beiden Seiten, die Mitte, auf der Monisten und Pluralisten versuchten, eine gemeinsame Plattform gegen Korruption, und für eine demokratische Erneuerung, zu finden, zerrieben wurden. (6)..." (Seite 85)
Leider lässt Sakwa an dieser Stelle offen, wer Benzin in das Feuer der Gewalt goss, wer das Zentrum der Bewegung wirklich war, und wo die Koordination stattfand. Statt dessen weist er darauf hin, wie die ursprünglichen Ideen in diesem Kessel der Gewalt hinweg gefegt wurden:
"... Jedoch wurden die Hoffnungen später überschattet, und die Revolution wurde zu einer Verspottung der ursprünglichen Ideen. Der Fokus erweiterte sich von den Angelegenheiten Europas, und wurde zu einem Aufstand gegen Korruption, Nepotismus und das generelle Fehlverhalten des Janukowytsch-Regimes. Die Elemente einer ‚Revolte‘ wurden sichtbarer, insbesondere gegen den Missbrauch der Verfassung und dem Missbrauch der Macht über das Recht. Es wurde nun zu einer Bewegung, die weniger ‚für‘ ein Ideal war, sondern eine Revolution ‚gegen‘ das Regime. Der Maidanprotest wurde radikalisiert, zu großen Teilen auf Grund der Inkompetenz und Unentschlossenheit der Antworten des Regimes. Es wurde gerade genug Zwang und Gewalt angewandt, um den Geist und die Zahl der Demonstranten zu stärken, aber nicht genug, um das Ziel der Räumung des Maidan und der City von den Demonstranten, zu erreichen. Die 42 Selbst-Verteidigungs-Einheiten auf dem Maidan organisierten und verteidigten den Maidan, drei davon waren rein weiblich. Jedoch wurden die traditionellen Geschlechterrollen hervorgeholt, als sich die Militarisierung der Agenda für die Befreiung der Nation, durchsetzte, und die bürgerlichen Hoffnungen der frühen Proteste überschatteten. (7) ..." (Seite 85)
Sakwa urteilt, dass die ukrainische "Rvolution" von neo-leninistischen Gruppen bewaffneter Männer dominiert wurde, die quer über den Platz stolzierten, pluralistische Optionen ausschlossen, und die repräsentativen Institutionen des Staates unterminierten. Der radikale Nationalismus, so Sakwa, der prädominierte, wurde später auf den Rest des Landes ausgerollt. Allerdings fehlt auch hier ein Hinweis darauf, welche Rolle die EU-Politiker und insbesondere die Finanzierung der Revolte durch die "Nicht-Regierungs-Organisationen" von Soros und des Außenministeriums der USA, dabei gespielt hatten. Statt die Gewalt und den offensichtlichen Rechtsextremismus und Neo-Nationalsozialismus abzustrafen, wurde der Maidan "zur Pilgerstätte zur Vertretung der westlichen Demokratie".

Die stellvertretende US-Außenministerin Nuland verriet, dass sie drei Male in die Ukraine gereist war, nachdem die Proteste begonnen hatten, und dass die USA, seit 1991, über 5 Milliarden Dollar, in die Bewerbung der "Demokratisierung" der Ukraine "investiert" hätten. Sakwa kritisiert nur zart zwischen den Zeilen:
"... Ihre Bemerkungen sahen es als gegeben an, dass die ‚europäische Zukunft der Ukraine die einzige mögliche Option wäre, und sie empfahl der EU, die Tür zu einem Assoziierungsabkommen offen zu lassen, und die Arbeit fortzusetzen, auf dem Weg vorwärts in diese Richtung‘. (10) Es sah nicht so aus, also ob es sie stören würde, dass die Besetzung eines Stadtzentrums in einer anderen größeren Stadt schon längst aufgelöst worden war, oder dass die Ukraine ernsthaft zwischen dem Osten und Westen zerrissen wird. ... " (Seite 87)
Ein veröffentlichtes Telefonat zwischen Nuland und dem Botschafter, Geoffrey Pyatt, enthüllte die tiefgreifende Einmischung durch die USA. Das Transkript wurde am 6. Februar auf YouTube veröffentlicht, und war Teil einer größeren Unterhaltung. Seine Richtigkeit wurde durch die amerikanischen Behörden nie angezweifelt... Obwohl das Mantra der transatlantischen Mächte war, dass die ukrainische Souveränität respektiert werden müsse, verriet die Aufnahme des Gesprächs, dass die USA klare Ideen hatten, wem die Macht zu übertragen wäre. Das Führungspotential von Vitaly Klitschko, dem Kopf der UDAR, wurde festgestellt, aber er wurde eher als pro-Deutsch (EU) angesehen, und Nuland fasste zusammen: ‚Ich denke nicht, dass Klitsch in die Regierung gehen sollte. Ich glaube das ist nicht notwendig. Ich denke, das ist keine gute Idee.‘ Pyatt stimmte, zu und fürchtete, dass es zu schwer werden würde ‚die moderaten Demokraten zusammen zu halten‘, denn der Kopf der Swoboda, Tjagnibok wurde als Problem identifiziert, worauf Nuland antwortete: ‚Ich denke Yats ist der Kerl, der die wirtschaftspolitische und Regierungserfahrung hat‘, womit sie klar den Wunsch ausdrückte, Aresenij Jazenjuk als nächsten Premierminister des Landes zu sehen. Sakwa erklärt dann weitere Einzelheiten zu dem Telefonat:
"...Die beiden diskutierten dann, wie man das erreichen könnte. Sie überlegten, wie man die ukrainische Opposition einspannen könnte, und wie man die UN involvieren könnte, und stellten fest, dass hochrangige Unterstützung in den Flügeln warteten, und zwar in Form des US-Vize-Präsidenten Joe Biden, der den Prozess zum geeigneten Zeitpunkt auf den Weg bringen konnte. Nuland hob die Wichtigkeit der UN hervor: ‚Ich denke, wir müssen dieses Ding zusammen zu schweißen, und die Uno dazu bringen, zu helfen, wissen Sie … fuck the EU‘. Dies ist sicher ein Gefühl, das viele Eurokritiker mit ihr teilen, aber in diesem Fall bezieht sie sich auf das Zögern der EU, den Weg der amerikanischen Militanz in der Ukraine Krise mit zu gehen, und auf die unterschiedlichen Meinungen, die die Formulierung einer kohärenten Politik verhinderten. Die Aufnahme enthüllt auch die Sorge über Russland: ‚Sie können verdammt sicher sein, dass, wenn der Deal an Höhe gewinnt, die Russen versuchen werden, ihn hinter der Bühne zu torpedieren‘. (11) Es gibt viele bestürzende Elemente in diesem abgehörten Telefonat, abgesehen von der Herkunft, von der man annehmen kann, dass es Teil des Versuchs des russischen Geheimdienstes war, seine Gegner zu diskreditieren. Es enthüllt den hohen Grad an US-Einmischung in die internen ukrainischen Angelegenheiten, und die Art und Weise, wie die Bedenken von Verbündeten und Partnern profan weggewischt wurden. ..." (Seite 87)
Der Bürgerkrieg war vorprogrammiert. Am 18. Februar wurden 28 Menschen getötet, darunter Polizisten der Bereitschaftspolizei Berkut. Das war Tag der Heckenschützen, die auf Polizisten UND Demonstranten schossen. Und längst gehen wissenschaftliche Analysen davon aus, dass für die Toten diejenigen verantwortlich sind, die dann die Macht im Staate übernahmen. Und trotzdem ging der deutsche Bundespräsident, Arm in Arm mit einem Verbündeten der Hauptverdächtigen, zum Gedenken der Toten am 1. Jahrestag der Morde, auf die Straße.

Leider geht Sakwa nur sehr kurz auf diese Schüsse ein, vielleicht, weil zum Zeitpunkt, als er das Buch schrieb, noch nicht alle Fakten bekannt waren, vielleicht, um nicht den Rahmen der erlaubten Diskussion zu verlassen.
"... Der Winkel einiger der Schüsse lässt vermuten, dass sie von den durch die Aufständischen besetzten Gebäuden kamen. Schüsse, die sowohl Demonstranten als auch Polizisten töteten, wurden von der Philharmonie abgegeben, einem Gebäude, das vollkommen unter der Kontrolle der Aufständischen stand. Parubij war verantwortlich für das Gebäude, und generell stellte er eine strikte Kontrolle darüber sicher, wer den Platz betreten und verlassen durfte. Überraschenderweise entkamen die Aktivisten des Rechten Sektors meist unverletzt, obwohl sie aktiv in die Kämpfe involviert waren. Die Ärztin auf dem Maidan, Doktor Olga Bogomolez, so wird berichtet, hätte vermutet, dass die Projektile, die die Demonstranten getötet hatten, auch die Polizisten töteten. Insgesamt kamen zwischen dem 30. November und dem 20. Februar mindestens 15 Polizisten und 77 Aktivisten (später als die himmlischen hundert geehrt) zu Tode, und ca. 900 Menschen wurden verletzt. ..." (Seite 88)
Da Sakwa hier zu kurz bleibt, seien dem Leser einige Links empfohlen, die die Hintergründe der Schüsse vom Maidan aufarbeiten:


Das "Heckenschützen-Massaker" vom Maidan / Ukraine. (Wissenschaftliche Untersuchung von Ivan Katchanovski)

Die nicht berichtete Geschichte des Maidan-Massakers (BBC-Bericht)

Bericht von der ARD-Sendung Monitor (nicht mehr im öffentlich rechtlichen Fernsehen verfügbar)

Private Videoserie aus öffentlich verfügbarem Videomaterial - Vorsicht: Bilder von Blut und Gewalt:
Teil 2
Teil 3 und 4 nicht verfügbar (abgerufen am 01.12.2015)


Prominente, unverdächtige Aussagen zu dem Thema:

George Friedman (Gründer und Vorsitzender Stratfor)
"Einer der offensichtlichsten Staatsstreiche der Geschichte"

New York Times berichtet über False Flag:

Blitzlichter / Auszüge aus der ganzen Geschichte

Polnischer Europaabgeordneter erklärt, dass Polen Scharfschützen auf den Maidan schickte

Konjunktion.info: Botschaft Kanadas in Kiew diente als Unterschlupf für gewalttätige Maidan-Demonstranten

Aber zurück zum Buch von Sakwa. Er beschreibt dann, wie europäische Politiker im letzten Moment doch noch versuchen, den Bürgerkrieg aufzuhalten, wie Zauberlehrlinge, die versuchen die Besen unter Kontrolle zu bringen, die sie gerufen hatten:
"... Als sich die Gewalt ausbreitete, waren der Außenminister Deutschlands (Frank-Walter Steinmeier), Polens (Radoslaw Sikorski) und Frankreichs (Laurent Fabius), der schon bald zu einem Besuch nach China weiter flog, in der Nacht vom 20. auf den 21. Februar, mit dem Vorsitzenden der europäischen Abteilung des französischen Außenministerium, Eric Fournier, nach Kiew geflogen, und hatten mit Janukowytsch einen Deals ausgehandelt. Am 21. Februar um 4 Uhr am Morgen, wurde die Vereinbarung in der präsidialen Verwaltung durch Janukowytsch, Jazenjuk, Klitschko und Tjagnibok, unterzeichnet, und durch die drei EU-Minister und Vladimir Lukin, Russlands ehemaligen Botschafter in den USA, und damals Menschenrechts-Ombudsmann, der Putins Sonderbeauftragter war, bezeugt. Dies waren die sechs Kernpunkte:

„i. Innerhalb von 48 Stunden unterzeichnet Janukowytsch einen Gesetzentwurf, mit dem das Land zu der Verfassung von 2004 zurückkehrt, was der Rada ermöglicht, eine ‚Regierung der Nationalen Einheit‘ zu bilden;
ii. Die Einheitsregierung entwirft eine neue Verfassung bis zum Ende des Frühlings 2014, wodurch die präsidiale Macht weiter eingeschränkt wird;

iii. Vorgezogene Neuwahlen des Präsidenten werden abgehalten, sobald die neue Verfassung angenommen wurde, nicht jedoch später als im Dezember 2014, und zwar mit einem neuen Wahlgesetz und Wahlkommission;
iv. Eine Untersuchung muss über die den Ausbruch von Gewalt durchgeführt werden, sie muss durch die Behörden, die Opposition und den Europarat beaufsichtigt wird;
v. Die Behörden werden keinen Ausnahmezustand verhängen, und alle Seiten verpflichten sich auf Gewalt zu verzichten, verbunden mit dem Rückzug der Regierungskräften vom Maidan, und der Entwaffnung der Militanten auf den Straßen von Kiew;
vi. Die verschiedenen Außenminister und Vertreter riefen zu einem sofortigen Waffenstillstand auf.“ (12)

Dies waren signifikante Konzessionen, und sie boten einen friedlichen und verfassungsmäßigen Weg aus der Krise. Die Sicherheitskräfte entfernten sich und ließen Janukowytsch ohne Verteidigungsmöglichkeit. ..." (Seite 88)
Dass die Sicherheitskräfte sich entfernen würden, war vorauszusehen, auch, dass die radikalen Putschisten dieses Vakuum füllen würden, und im Prinzip dem Präsidenten Janukowytsch ein ähnliches Schicksal drohte wie Gaddafi in Libyen. Waren diese europäischen Spitzenpolitiker so naiv?

Natürlich akzeptierte der Maidan das so weitgehende Entgegenkommen der Staatsmacht nicht. Und, wie Sakwa schreibt, wäre es der "Unreife" der Oppositionspolitiker zuzuschreiben, dass die Gewalt dann ihren nicht verfassungsmäßigen Verlauf nahm. Dabei muss man wissen, dass z.B. Klitschko ein Zögling der Konrad Adenauer Stiftung war, und von dieser intensiv beraten wurde. Sakwa schreibt:
"... Reife Parteiführer hätten argumentiert, dass der Deal einen friedlichen Weg aus der Krise weisen würde, stattdessen entschuldigte sich Klitschko sogar dafür, Janukowytsch die Hand geschüttelt zu haben. ..." (Seite 89)
Über die folgende Flucht Janokowytschs vor dem sicheren Tod, schreibt dann Sakwa:
"... Die Details sind immer noch unklar, aber in der Nacht vom 21. auf den 22. Februar verließ Janukowytsch Kiew, um an einer Konferenz der PoR in Charkiw teilzunehmen. Er hatte schon gepackt, und sein Eigentum in Richtung Russland geschickt. (15) Putin warnte Janukowytsch, Kiew zu verlassen, aber es war bereits klar, dass sein Leben in Gefahr war. Bis Janukowytsch die City verließ, hatte es mindestens vier Versuche gegeben, ihn zu ermorden. Janukowytsch blieb kurz in Charkiw, bevor er sich auf den Weg zur Krim machte, und dann mit russischer Hilfe nach Rostow entkam. Wie im Fall von Saddam Hussein im Irak, und Oberst Gaddafi in seiner unglücklichen Flucht von Tripolis [Anm.d.Übersetzers: Der Autor spricht von „flight“, was sowohl als Flucht als auch Flug übersetzt werden kann, was eine Anspielung auf Itavia-Flug 870 sein könnte], bedeutete die extreme Personalisierung eines Systems, dass, wenn der Tyrann flieht, das Regime zusammenbricht. Hussein wurde am Ende durch die siegreichen Alliierten erhängt, und Gaddafi fand sein grausames Schicksal in den Händen von Aufständischen, aber Janukowytsch wurde Schutz gewährt, auch wenn dies angeblich wenig Einfluss auf russische Politik hatte. Später wurde behauptet, dass seine Entourage ca. 32 Milliarden $ in bar nach Russland geschafft hätten. (16) Die Aufgabe des physischen Transports einer solchen Menge hätte mindestens den Einsatz von zwanzig großen LKWs erfordert, die zu diesem Zeitpunkt nicht zur Verfügung waren. Ein Teil des Geldes wurde angeblich genutzt, um den Widerstand im Donbass zu finanzieren, während die Regierung versuchte, einen Teil seines Vermögens, das auf westlichen Banken lag, zu beschlagnahmen. Unmittelbar aber wurde das 1,5 Millionen Quadratmeter große Anwesen Janukowytschs bei Mezhyhirya geöffnet. Akquiriert von einem ehemaligen Naturreservat im Jahr 2007, hatte er eine groteske Villa in einem Stil erbauen lassen, die man heute ‚Donezk Rokoko‘ nennt, einen Zoo, und eine Garage für eine Flotte von Fahrzeugen und ein großes Boot. Der Stil seiner Opulenz war Grund der Verwunderung, ebenso wie sein spektakulär schlechter Geschmack. ..." (Seite 89)
---> Frontline Ukraine - Crisis in The Borderlands, Richard Sakwa, I.B. Tauris, London, 2015 (Englisch)


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