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Donnerstag, 24. Dezember 2015

Zivile Opfer russischer Bomben in Syrien

Quelle: Verteidigungsministerum Russland
Vorab gesagt: Natürlich kosten auch russische Bomben zivile Opfer. Es gibt keine Bomben, die Soldaten von Zivilisten unterscheiden. Aber wenn man solche zivilen Opfer verurteilt, muss man vorher ein paar Fragen stellen. 1. Was hat der Bombenwerfer getan, um die Bombenabwürfe zu verhindern? 2. Ist der Einsatz verhältnismäßig, und führt er zu einem vertretbaren Ergebnis, d.h. verhindert er mehr Tote als er kostet? 3. Ist der Einsatz mit dem Völkerrecht im Einklang. 4. Hätte es andere Möglichkeiten gegeben, mehr Tote zu verhindern, d.h. ist der Einsatz ethisch-moralisch vertretbar? Ich will versuchen, hier die verschiedenen Staaten, die derzeit in Syrien bomben, nebeneinander zu stellen.

Zu 1. Was hat der Bombenwerfer getan, um die Bombenabwürfe zu verhindern?


Russland:

Schon 2012 hatte Russland eine UNO-Truppe vorgeschlagen, als Puffer zwischen Terroristen, Rebellen und der legitimen Regierung des Landes. Dabei waren auch Truppenkontingente Russlands der UNO zugesagt gewesen, als weiteres Land sollte sich China beteiligen, das jedoch nicht dazu kam, sich zu äußern, da die USA jede "Einmischung" durch "Dritte" verhinderten. Der Westen war sich zu dem Zeitpunkt sicher, dass der Fall Assads nur eine Sache von Wochen wäre, und bejubelte jedes Attentat. Die ganze westliche Politik war getrieben von absurden Wunschdenken, während Russland immer versuchte zu schlichten.

Auch wiederholt versuchte Russland, die Opposition, und die aktuelle Regierung, an einen Tisch zu bekommen, was aber daran scheiterte, dass die USA den Sturz Assads als Voraussetzung für Friedensverhandlungen nannten, und die von ihnen finanzierten Gruppen natürlich nicht anders handeln konnten. Die Genfer Verhandlungen scheiterten, weil der Westen darauf bestand, Assad sofort zu stürzen, während Russland klar war, dass dies ein schlimmeres Chaos als in Libyen auslösen würde, und deshalb eine Übergangsregierung mit Assad unterstützte. Diese Meinung war übrigens auch von Kofi Anan, dem ehemaligen UNO-Vorsitzenden, vertreten worden, und sie wurde heute, fast 4 Jahre später, endlich auch von den USA angenommen. Damit beugen sich die USA, nach ca. 100.000 weiteren Opfern, der Einsicht Russlands, dass Syrien zur Befriedung keine Regierung von Außen aufgedrängt werden darf, sondern dass die Syrer selbst über ihr Schicksal bestimmen müssen.

Statt Waffenlieferungen an die Terroristen in Syrien zu verhindern, liefen sie weiter ungehindert, finanziert durch Katar, Saudi-Arabien und den USA. Dass die Waffen, die an so genannte '"Moderate" geschickt wurden, fast immer irgendwann bei islamistischen Extremisten landeten, wurde stillschweigend geduldet. Der Feind meines Feindes ist nicht mein Feind. Und immer wieder versuchte Russland auf dem diplomatischen Parkett, die Waffenlieferung an Extremisten zu verhindert. Viele Jahre lang. Auch noch, als der Westen begonnen hatte, angeblich die Extremisten zu bombardieren, dabei aber die wichtigsten Ziele geflissentlich übersah, nämlich die Öltransporter in die Türkei.

USA und Verbündete:

Die USA begannen mit der Bombardierung in Syrien, als der Eindruck zu deutlich wurde, dass sie die Extremisten indirekt unterstützten. Allerdings zeigten die Luftschläge keine ernsthafte Wirkung, insbesondere nicht auf die Finanzierung oder Ausrüstung der Terroristen. Trotzdem wurden reichlich zivile Opfer gemeldet. Die USA hatte rein nichts getan, um die Bombardierungen, durch andere Maßnahmen, zu verhindern. Es wäre ein Leichtes gewesen, gemeinsam mit Russland die Beschlüsse von Genf durchzusetzen, und eine Übergangsregierung mit Assad-Beteiligung, auch gegen den Widerstand der "Gemäßigten" zu erzwingen. Statt dessen wählten sie eine vollkommen nutz- und wirkungslose Bombardierung, die als Ergebnis nicht weniger Tote, sonder mehr zerstörte syrische Infrastruktur zur Folge hat.

 

2. Ist der Einsatz verhältnismäßig und führt er zu einem vernünftigen Ergebnis, d.h. verhindert er mehr Tote als er kostet?


Russland:

Russland war von Anfang an vollkommen transparent in seinem Vorgehen. Jedes Ziel wurde genannt, zu jedem Ziel wurden Daten veröffentlicht. Und der Einsatz führte in kürzester Zeit zum Erfolg, da er mit der syrischen Armee abgestimmt war, und so Stück für Stück syrischen Bodens, wieder unter die Kontrolle der legitimen syrischen Regierung geriet, und sofort der Wiederaufbau beginnen konnten. Durch den Einsatz wurde das Gebiet, in dem die ISIS, auch Daesch genannt, ihr Schreckensregime ausübte, deutlich reduziert, und viele Menschenleben gerettet. Ob es mehr als die zivilen Opfer, werden nur die Historiker in einigen Jahren feststellen können.



Diese Aussage gilt bis heute, den 24. Dezember 2015. Ob die moralische Legitimation der Bombenabwürfe bestehen bleibt, hängt von ihrer Angemessenheit, und den erreichten Zielen, d.h. Verringerung von Morden und Schreckensherrschaft, ab.

USA und Verbündete:

Über Monate wurde Syrien bombardiert, ohne dass nennenswerte Ergebnisse zu verzeichnen waren. Im Gegenteil beeilte sich die US-Regierung immer wieder zu betonen, dass der Krieg gegen ISIS viele Jahre dauern würde. Einzelne Luftschläge bzw. Attentate gegen Anführer der Terroristen wurden überschwänglich als Erfolge gefeiert, die wichtigsten Assets von Daesh wurde aber nicht angetastet. Ob Waffenlieferungen versehentlich oder absichtlich über ihrem Gebiet abgeworfen wurden, ist strittig, Tatsache ist aber, dass Waffenlieferungen immer wieder den Konflikt anfachte.

Zu 3. Ist der Einsatz mit dem Völkerrecht im Einklang?


Russland:

Jahrelang hatte Russland versucht, eine UNO-Resolution im Sicherheitsrat durchzubringen, die Frieden für Syrien erzwingen könnte. Verhindert wurden sie durch die westlichen Regierungen. Erst als das Attentat in Paris die Welt aufrüttelte, wurde eine Resolution, eingebracht durch Frankreich, aber entwickelt durch Russland, im Sicherheitsrat angenommen. Am 20. November 2015 wurde die Resolution 2249 endlich einstimmig vereinbart.  Der entscheidende Passus ist der fünfte Absatz:
"... 5. (Der Sicherheitsrat) ruft die Mitgliedsstaaten, die die Möglichkeit haben, dies zu tun, alle nötigen Maßnahmen in Übereinstimmung mit dem internationalen Recht zu ergreifen, insbesondere mit der Charta der Vereinten Nationen, wie auch mit den internationalen Menschenrechten, dem humanitären und Flüchtlingsrecht, um auf dem Gebiet, das sich unter Kontrolle von ISIL, auch als Daesh bekannt, in Syrien und im Irak, befindet, ihre Bemühungen zu verstärken und zu koordinieren, um terroristische Handlungen insbesondere durch ISIL, auch bekannt als Daesh, wie auch durch die ANF sowie alle anderen Individuen, Gruppen, Unternehmungen und Einheiten, die mit Al-Qaida und anderen terroristischen Gruppen, wie sie der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen benannt hat und der weiter die Internationale Unterstützergruppe zu Syrien (ISSG) zustimmen kann, zu verhindern und zu unterdrücken, wie es der UN-Sicherheitsrat befürwortet, gemäß der Erklärung der Internationalen Unterstützergruppe für Syrien vom 14. November, und das sichere Rückzugsgebiet auszulöschen, das sie in bedeutenden Teilen des Iraks und Syriens errichtet haben. ...“
Diese Resolution autorisiert
"... Mitgliedsstaaten, die die Möglichkeit haben, dies zu tun, alle nötigen Maßnahmen in Übereinstimmung mit dem internationalen Recht zu ergreifen, insbesondere mit der Charta der Vereinten Nationen, wie auch mit den internationalen Menschenrechten, dem humanitären und Flüchtlingsrecht, um auf dem Gebiet, das sich unter Kontrolle von ISIL, auch als Daesh bekannt, in Syrien und im Irak befindet, ihre Bemühungen zu verstärken und zu koordinieren, um terroristische Handlungen zu verhindern und zu unterdrücken. ...“
Der wichtigste Punkt für die Legitimität der Bombardierung in Syrien ist die Formulierung, dass sie  in „... Übereinstimmung mit dem internationalen Recht, insbesondere der Charta der Vereinten Nationen“ stattfinden müssen..."

Das internationale Recht erlaubt es keinem Land, ein anderes zu bombardieren, außer
(1) mit der Zustimmung der Regierung des Landes, dessen Gebiet bombardiert wird, oder
(2) auf Grundlage eines Mandates des UN-Sicherheitsrats unter Kapitel VII der UN-Charta (Kapitel VII ist der Teil der UN-Charta, der den Sicherheitsrat ermächtigt, zu handeln, wenn der Frieden bedroht ist) oder
(3) als Akt der Selbstverteidigung gemäß Artikel 51 der UN-Charta.

Russland handelt mit Zustimmung des Landes, dessen Gebiet bombardiert wird, und daher völkerrechtlich vollkommen im Einklang mit allen einschlägigen Normen.

USA und Verbündete:

Die USA, Großbritannien und andere, berufen sich auf Artikel 51 der UN Charta, machen also Selbstverteidigung geltend. Das ist natürlich absoluter Nonens, was viele unabhängige Anwälte für Völkerrecht, auch in Großbritannien, auch so beurteilen. Ein Analyst stellt die Situation wie folgt klar:
"... Artikel 51 kann auf diese Weise nur herangezogen werden, wenn der Sicherheitsrat nicht handelt oder keine Zeit hatte, zu handeln.

In diesem Fall hat der Sicherheitsrat gehandelt, durch Verabschiedung der Resolution 2249. Es gibt keine Grundlage dafür, zu sagen, Großbritannien könne den Islamischen Staat in Syrien mit Berufung auf Artikel 51 bombardieren, weil der Sicherheitsrat nicht gehandelt hätte, wenn er es offensichtlich getan hat.

Das Recht auf Selbstverteidigung gemäß Artikel 51 kommt ohnehin nur in Frage, wenn es einen Angriff gegeben hat – oder wenn die unmittelbare Gefahr eines Angriffs besteht – durch einen souveränen Staat gegen den anderen.

Der Islamische Staat ist kein souveräner Staat. Es ist eine Rebelleneinheit, die gewisse Gebiete innerhalb der Territorien der souveränen Staaten Irak und Syrien kontrolliert, mit deren Regierungen sie sich im Krieg befindet.

Artikel 51 autorisiert keinen Angriff auf den Islamischen Staat innerhalb des Territoriums von Staaten, mit denen er sich im Krieg befindet, außer, die Regierung dieser Staaten stimmt dem zu oder der Sicherheitsrat autorisiert dies.

Im Falle Großbritanniens – und der USA und Frankreichs und der anderen Staaten der US-geführten Koalition – wurde weder die Genehmigung der syrischen Regierung noch die des Sicherheitsrats ersucht oder gewährt.

Die Resolution 2249 autorisiert daher die militärischen Handlungen, die Russland und der Iran in Syrien mit Zustimmung der syrischen Regierung vornehmen, aber nicht die militärischen Handlungen irgend einer anderen Partei ohne Zustimmung der syrischen Regierung.

Insbesondere autorisiert sie nicht die militärischen Handlungen der Mitglieder der US-geführten Koalition. Militärische Handlungen in Syrien durch die Länder, aus denen diese Koalition besteht – die USA, GB, Frankreich und der Rest – bleiben illegal...."

Zu 4. Hätte es andere Möglichkeiten gegeben, mehr Tote zu verhindern?


Russland:

Russland hatte über Jahre alle diplomatischen Möglichkeiten ausgenutzt, ohne dass das Morden verringert werden konnte, in erster Linie, weil westliche Länder, oder mit ihnen verbündete Golf-Staaten, immer wieder Benzin in die Flammen gossen. Auch die angeblich gegen ISIS gerichteten Bombenangriffe der USA und ihrer Verbündeter, richteten nicht wirklich etwas aus, im Gegenteil deuteten die Äußerungen der US-Regierung darauf hin, dass man bewusst den Konflikt glimmen lassen würde. Gleichzeitig strömten immer mehr Terroristen aus Tschetschenien und anderen Gebieten Russlands nach Syrien, und drohten den Krieg zurück nach Russland zu tragen. Für Russland gab es keine andere Alternative mehr, als den Terrorismus mit Bomben zu bekämpfen, um mehr Tote zu verhindern. Dass damit auch regionale Machtinteressen eine Rolle spielten, ist natürlich nicht zu leugnen. Es gibt kein Land auf der Welt, dessen Eliten nicht versuchen, Einfluss in der Region auszuüben.

USA und Verbündete:

Wir wissen, dass die Türkei, ein enger Verbündeter der USA, aktiv den Ölhandel der Terroristen begünstigt, ja davon profitiert. Wir wissen, dass die Türkei (und auch Israel) die Gegner der Terroristen mit Luftangriffen schwächt. Wir wissen, dass die Türkei Ruhe und Nachschubraum für die ISIS ist. All das hätten die USA und ihre Verbündete auch ohne Bomben unterbinden können. Ebenso wie die finanzielle Unterstützung, und die mit Waffen, durch Saudi-Arabien und Katar.

Interessant ist, dass die letzten beiden Resolutionen zum Fall Syrien, den Weg ebnen, die Unterstützung, z.B. durch die genannten Länder, zu ächten und völkerrechtlich zu ahnden. Die Präambel der Resolution 2253 sagt aus:
"...In Bestätigung seiner Resolution 1373 (2001) und insbesondere seiner Entscheidungen, dass alle Staaten die Finanzierung terroristischer Akte verhindern und unterdrücken sollen und sich jeder Form der Unterstützung, aktiver wie passiver, von Einheiten oder Personen enthalten sollen, die in terroristische Akte involviert sind, einschließlich der Unterdrückung der Rekrutierung von Mitgliedern für terroristische Gruppen und der Verhinderung des Waffennachschubs für Terroristen…“
Damit das nicht wie 2001 leere Phrasen bleiben, nennt die Resolution Maßnahmen:
".... Abschnitt 2(c) verhängt ein umfassendes Waffenembargo gegen den Islamischen Staat und andere dschihadistische Gruppen.

Abschnitt 13 untersagt es, dem Islamischen Staat und anderen dschihadistischen Gruppen jedwelche Form wirtschaftlicher Hilfe zu gewähren.

Abschnitt 12 bestätigt, dass jede Gewährung von verbotener Unterstützung an den Islamischen Staat und die anderen dschihadistischen Gruppen ein Verbrechen ist.

Da eine Resolution des Sicherheitsrats dies feststellt, macht das womöglich dieses Verbrechen ein internationales Verbrechen, was bedeutet, dass Individuen, die dieses begehen, in jedem Land vor Gericht gestellt werden können, nicht nur in ihrem eigenen Land oder dem Land, in dem sie leben...." (Quelle wie vor)
Die Frage ist, warum die USA und ihre Verbündeten, nicht auch ohne eine solche Resolution entsprechend auf die Unterstützer der Terroristen eingewirkt hatten. Da sie es nicht taten, sind sie mitverantwortlich für die durch die Terroristen begangenen Morde, und letztendlich auch für die zivilen Opfer der russischen Bombenabwürfe.

DEUTSCHLAND

Deutschland verstößt mit seinem Kriegseintritt nicht nur gegen Völkerrecht, sondern auch gegen Geist und Buchstaben der eigenen Verfassung. Aber dazu siehe separaten Artikel.

FAZIT:

Jedes zivile Opfer muss beklagt werden. Es ist aber zynisch, ausdrücklich solche Opfer, noch dazu unbewiesene und spekulative, propagandistisch auszunutzen, obwohl der "Täter" die Bomben, nach ergebnislosen Versuchen, mit anderen Mitteln das Morden zu beenden, ganz offensichtlich im Zustand der Nothilfe, bzw. im Einklang mit allen Gesetzen dieser Welt, und ethischer und moralischer Verantwortung, abwarf.

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