Dieses Blog durchsuchen

Dienstag, 8. Januar 2013

Noam Chomsky: Die USA und Israel und nicht der Iran sind die größte Bedrohung für den Weltfrieden.

Information Clearing House (3) und die Seite Stop the War Coalition und andere Internetseiten haben einen Artikel von Noam Chomsky, dem Grand Seigneur der Anti-Kriegs-Bewegung, veröffentlicht. Hier ist daher seine deutsche Übersetzung:

Die USA und die arabischen Diktatoren behaupten, dass der Iran die größte Bedrohung für den Mittleren Osten ist: die arabische Bevölkerung sieht das anders.
Als das Wall Street Journal während der letzten Präsidentenwahlkampagne über die Debatte im Bereich der Außenpolitik berichtete, stellte die Zeitung fest, dass „das einzige Land, das öfter (als Israel) erwähnt wurde, war der Iran, der bei den meisten Nationen im Mittleren Osten als die größte Bedrohung für die Region angesehen wird.“
Die zwei Kandidaten waren sich einig, dass ein nukleares Land Iran die größte Bedrohung für die Region wäre, vielleicht sogar die Welt, wie Romney ausdrücklich festhielt, und wiederholten damit die konventionell vertretene Ansicht.

Über Israel wetteiferten die Kandidaten mit ihrer Zuneigung und Ergebenheit, aber trotzdem waren die israelischen Offiziellen unzufrieden.

Sie hatten „gehofft, dass Mr. Romney eine aggressivere Sprache gesprochen hätte“, erklärten Reporter. Es war offensichtlich nicht ausreichend, dass Romney forderte, dass es dem Iran nicht erlaubt werden dürfe, „den Punkt der nuklearen Fähigkeiten“ zu erreichen.
Quelle: Wikipedia

Auch die Araber waren unzufrieden, denn die arabischen Befürchtungen hinsichtlich des Iran wurden „durch den Blickwinkel der israelischen Sicherheitsinteressen gesehen, statt unter Berücksichtigung der Sicherheit der gesamten Region“, und die arabischen Bedenken wären weitgehend ignoriert worden – wieder eine der herkömmlichen Behandlungsmethoden.

Der Artikel im WSY, wie viele die den Iran betreffen, lassen kritische Fragen vollkommen unbeantwortet. Unter ihnen die Frage: Wer genau sieht denn den Iran als größte Bedrohung an? Und was denken Araber (und der größte Teil der Welt), wie sie mit der Bedrohung umgehen sollten, soweit sie die Bedrohung überhaupt sehen.

Die erste Frage ist einfach zu beantworten. Die „Iranische Bedrohung“ ist überwiegend eine westliche Besessenheit, der von den arabischen Diktatoren geteilt wird, aber nicht von der arabischen Bevölkerung.

In zahlreichen Umfragen wurde gezeigt, dass, auch wenn die Bürger der arabischen Länder den Iran nicht mögen, sie ihn aber in keiner Weise als eine ernsthafte Bedrohung ansehen. Stattdessen empfinden sie die Bedrohung, die durch Israel und die USA ausgeht, als wesentlich größer. Und viele, manchmal erhebliche Mehrheiten, sehen eine iranische Kernwaffe als Gegengewicht zu dieser Bedrohung an.

Und an hochrangigen Positionen in den USA stimmen sogar einige mit der Einschätzung der arabischen Bevölkerung überein. Unter den Dissidenten ist General Lee Butler, der ehemalige Chef des Strategic Command. Er sagte schon in 1998: „Es ist extrem gefährlich, dass in dem brodelnden Kessel der Gefühle, der sich Mittlerer Osten nennt“, eine Nation, nämlich Israel mächtige Kernwaffen haben sollte, was „natürlich andere Länder inspiriert das gleiche anzustreben“.

Noch gefährlicher ist die Kernwaffen-Abschreckungs-Strategie, deren führender Designer Butler über viele Jahre war. Eine solche Strategie, so schrieb er im Jahr 2002, ist „das Rezept für eine totale Katastrophe“. Und er rief die USA und andere Kernwaffenmächte auf, ihren Verpflichtungen unter dem Atomwaffensperrvertrag (Nuclear Non-Proliferation Treaty NPT in Deutsch NVV) nachzukommen, um „glaubhafte“ Anstrengungen zu beweisen, die Plage der Kernwaffen zu eliminieren. (1)

Diese Nationen haben eine rechtliche Verpflichtung solche Anstrengungen ernsthaft voran zu treiben, hatte das Weltgericht im Jahr 1996 geurteilt: „Es besteht eine Verpflichtung, in gutem Treu und Glauben voranzuschreiten, und Verhandlungen abzuschließen, die zu einer nuklearen Abrüstung in allen seinen Aspekten und unter effektiver internationaler Kontrolle führen“. Im Jahr 2002 erklärte die Regierung von George W. Bush, dass die USA sich nicht an die Verpflichtung gebunden fühlten.

Eine große Mehrheit der Welt scheint die Ansicht der arabischen Welt zu teilen, dass nicht der Iran die wirkliche Bedrohung ist. Die Bewegung der Blockfreien Staaten (The Non-Aligned-Movement – NAM) hat ganz energisch betont, dass der Iran das Recht zur Anreicherung von Uran hat, dies erst kürzlich auf einem Gipfeltreffen im August in Teheran im letzten August. (2)

Indien, das bevölkerungsreichste Land der Blockfreien, hat Wege gefunden, die erdrückenden Finanzsanktionen der USA gegen den Iran zu umgehen. Pläne schreiten außerdem fort, den iranischen Hafen Chabahar, wiederaufgebaut und modernisiert mit indischer Hilfe, als Tor nach Zentralasien, durch Afghanistan, zu benutzen. Handelsbeziehungen, so wird berichtet, steigen auch an. Würde die USA nicht einen so enormen Druck ausüben, wären diese ganz natürlichen Verbindungen längst substantiell verbessert.

China, das {jetzt nur noch} einen Beobachterstatus bei den Blockfreien hat, tut das Gleiche. China expandiert seine Entwicklungsprojekte in Richtung Westen. Unter den Projekten findet man auch die Widerherstellung der alten Seidenstraße von China nach Europa. Eine Hochgeschwindigkeits-Bahnlinie verbindet bald China mit Kasachstan und darüber hinaus. Diese Verbindung wird vermutlich Turkmenistan erreichen, einem Land mit extremem Ressourcenreichtum, und wird dann bis zum Iran, ja bis zur Türkei und nach Europa reichen.

China hat auch den großen Hafen Gwadar in Pakistan übernommen. Dieser ermöglicht es dem Land Öl aus dem Mittleren Osten zu importieren, und dabei die Straße von Hormus und die Straße von Malakka zu vermeiden, die verstopft sind und unter US-Kontrolle stehen. Die pakistanische Presse berichtet, dass „Rohöl aus dem Iran, den arabischen Golfstaaten und Afrika über diesen Hafen auf dem Landweg ins nordwestliche China gebracht werden könnte.“

Auf dem Treffen der Blockfreien Staaten im August in Teheran hat der Staatenbund einen lange bestehenden Vorschlag wiederholt, um die Bedrohung des Mittleren Ostens durch Kernwaffen zu verringern, indem dort eine von Massenvernichtungswaffen befreite Zone eingerichtet wird. Initiativen in dieser Richtung sind sicher die zielgerichteten und die mit dem geringsten Aufwand, um die Bedrohung für die Region zu verringern. Diese Bemühungen werden praktisch von der ganzen Welt unterstützt.

Eine gute Gelegenheit, um die Angelegenheit voran zu bringen, war im letzten Monat gegeben, als eine internationale Konferenz über die Angelegenheit in Helsinki organisiert worden war. Eine Konferenz fand statt, aber nicht diejenige, die geplant war. Nur Nichtregierungsorganisationen nahmen an der alternativen Konferenz teil, die von der Friedensbewegung Finnlands ausgerichtet worden war. Die geplante internationale Staaten-Konferenz war im November durch Washington abgesagt worden, kurz nachdem der Iran erklärt hatte, dass er teilnehmen wolle.

Die Obama-Regierung erklärte in ihrer offiziellen Verlautbarung, dass „die politischen Unruhen in der Region und Irans widerstrebende Haltung hinsichtlich der Nichtweiterverbreitung“ zu der Absage geführt hätte, wie die Associated Press berichtete. Außerdem hätte es keine ausreichende Einigung darüber gegeben, „wie die Konferenz angelegt werden sollte“. Dieser Grund war die bewiesene Bezugnahme auf die Tatsache, dass die einzige Kernwaffenmacht der Region, Israel, sich geweigert hatte, an der Konferenz teilzunehmen. Sie erklärte die Bitte, dies zu tun zur „Nötigung“.

Ganz offensichtlich behält die Obama-Regierung ihren Standpunkt bei, dass die „Bedingungen so lange nicht gegeben sind, bis alle Mitgliedsstaaten der Region daran teilnehmen“. Die USA wird außerdem keinerlei Maßnahmen zulassen, die Israels Atomaanlagen unter internationale Aufsicht oder unter Inspektion stellen. Ebensowenig wird die USA Informationen veröffentlichen, die die „Natur und den Umfang von Israels Atomanlagen und -Aktivitäten betreffen“.

Die Kuwait News Agency berichtete sofort, dass „die Gruppe der arabischen Staaten und der Blockfreien Staaten vereinbart hatten, sich weiterhin für eine Konferenz einzusetzen, um im Mittleren Osten eine Atomwaffenfreie Zone, und eine Zone frei von allen Massenvernichtungswaffen zu errichten.

Im letzten Monat verabschiedete die UN-Generalversammlung eine Resolution, in der sie Israel aufrief, dem Nichtweiterverbreitungs-Vertrag beizutreten. (174-6) Dagegen stimmten die üblichen Verdächtigen: Israel, die USA, Kanada, Marshall Inseln, Mikronesien und Palau.

Einige Tage später führte die USA einen Atomwaffentest (Kernwaffentest) durch. Dabei waren internationale Inspektoren auf der Testanlage in Nevada nicht zugelassen. Der Iran protestierte, ebenso die Bürgermeister von Hiroshima und einige japanische Friedensorganisationen.
Quelle: Wikipedia

Die Einrichtung einer Kernwaffenfreien Zone verlangt natürlich die Mitwirkung der Kernwaffenmächte: Im Mittleren Osten würde das bedeuten, die der USA und Israels, die sich weigern. Das gleiche ist an anderer Stelle zu sehen. Solche Zonen in Afrika und dem Pazifik warten immer noch auf ihre endgültige Einrichtung, weil die USA darauf besteht, dort Basen für Atomwaffen / Kernwaffen zu unterhalten und die Inseln unter ihrer Kontrolle zu belassen.

Während das NGO-Treffen in Helsinki stattfand, wurde unter der Schirmherrschaft des „Washington Institute for Near East Policy“, einem Ableger der Israelischen Lobby, eine Dinnerparty veranstaltet. Einem begeisterten Bericht in der israelischen Presse über die „Gala“ zufolge, hätten führende „ehemalige Berater von Obama und Bush“ der Versammlung versichert, dass „der Präsident im nächsten Jahr einen Militärschlag gegen den Iran führen wird, falls Diplomatie zu keinem Ergebnis kommt“. Ein wunderbares Urlaubsgeschenk.

Die US-Amerikaner werden kaum darauf aufmerksam werden, wie die Diplomatie wieder einmal versagt. Das aus einem einfachen Grund: In den USA wird praktisch nichts über das Schicksal des offensichtlich einfachsten Weges berichtet, wie man die „größte Bedrohung“ beseitigen könnte: Durch die Einrichtung einer Atomwaffenfreien Zone im Mittleren Osten.
----------------------

(1) Bitte um Beachtung der Anträge der AG Friedenspolitik bei den verschiedenen Parteitagen:
*Kernwaffenmächte müssen Verpflichtung nachkommen*
http://wiki.piratenpartei.de/Antrag:Bundesparteitag_2012.2/Antragsportal/PA157

Kriegsvorbehalt absagen
http://wiki.piratenpartei.de/Antrag:Bundesparteitag_2012.2/Antragsportal/PA158

Verhandlung über Kernwaffenkonvention beginnen
http://wiki.piratenpartei.de/Antrag:Bundesparteitag_2012.2/Antragsportal/PA159

Reform der IAEO
http://wiki.piratenpartei.de/Antrag:Bundesparteitag_2012.2/Antragsportal/PA160

(2) http://jomenschenfreund.blogspot.de/2012/09/das-schweigen-der-medien-lammer.html
und http://jomenschenfreund.blogspot.de/2012/09/die-kognitive-dissonanz-der-westlichen.html

(3) http://www.informationclearinghouse.info/article33526.htm












Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen