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Dienstag, 24. Juli 2012

Wenn Journalisten vom Staat getötet werden …

Als bei der Zerschlagung der Demokratiebewegung in Thailand mit militärischer Brutalität im Jahr 2010 insgesamt 12 Journalisten und Blogger, die das Militär bei der Arbeit beobachtet und gefilmt oder fotografiert hatten, erschossen worden waren, hörte man keinen Aufschrei der Empörung in der westlichen Welt. Man verbreitete zum größten Teil, es wären vermutlich „Terroristen“ gewesen, oder ein Versehen. Man tat alles, nur um nicht in das Problem zu geraten, eine befreundete Regierung zu beschuldigen, bewusst Menschen zu erschießen.

Selbst als Vertreter der vom Militär an die Macht gebrachten Regierung in den USA erklärten, dass das Militär das Recht habe, auch hunderte von Demonstranten zu töten, um „die Sicherheit des Staates“ zu gewährleisten, schließlich habe das China auf dem Tian'anmen Platz auch getan, hörte man nur Schweigen. Und dabei wäre es so einfach gewesen, das Morden zu verhindern oder zu beenden. Alleine mit diplomatischen Mitteln hätte man das von Exporten in die USA und Europa und von Investitionen aus diesen Ländern stark abhängige Land, sofort und eindeutig stoppen können. Aber nichts geschah.

Heute, zwei Jahre später, und nach einem Regierungswechsel (die mit der Demokratiebewegung sympathisierende Opposition hatte mit einem Erdrutschsieg Wahlen gewonnen, steht aber unter Kontrolle des Militärs und mit ihr kooperierender Gerichte) tröpfeln langsam die Nachrichten mit der Wahrheit in den Westen. Aber nur dank der unermüdlichen Arbeit einer einzigen Frau, der jüngeren Schwester des ermordeten italienischen Fotoreporters Fabio Polenghi. Die Regierungen und die Medien hatten die Angelegenheit längst unter den Teppich gekehrt. Es hatte keine einzige Sanktion oder diplomatische Maßnahme gegeben. Die Toten waren eben Kollateralschäden beim Ruhigstellen eines Volkes, das gegen Militär und das Netzwerk Monarchie aufbegehrte. Denn diese waren und sind die bevorzugten Partner der ausländischen Regierungen und Investoren.

Inzwischen ist dank der Arbeit von Elisabetha Polenghi zumindest für die ersten zwei ermordeten Journalisten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sichergestellt, dass sowohl Fabio Polenghi als auch der Japaner Hiroyuki Muramoto durch das Militär erschossen wurde. Wer die Bilder von durch Kopfschüsse „hingerichteter“ Videoblogger gesehen hat, weiß, dass das nur die Spitze eines Eisberges ist.

Natürlich wird das keinerlei Folgen haben. Obwohl eine umfangreiche Akte mit Beweisen und eidesstattlichen Aussagen, auch von hohen Offizieren, die Zugang zu den höchsten Entscheidungsgremien hatten, beim Internationalen Strafgerichtshof in den Haag liegt. Unterlagen in denen behauptet wird, dass die Massaker des Militärs geplant, geübt und gezielt durchgeführt worden waren. Dort liegen sie unbearbeitet, seit zwei Jahren. Ein weiterer Beweis für die Aussage: „So lange kein Interesse westlicher Staaten an der Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit bestehen, werden sie auch nicht verfolgt.“ Wodurch nicht nur die Glaubwürdigkeit jedweder „Anklage“ in Frage gestellt wird, als auch Hass und Gewalt weiter geschürt werden. Ebenso wie die Überzeugung von Diktatoren, dass sie nur ausreichend konziliant gegenüber westlichen Begehrlichkeiten sein müssen, um ihr Unterdrückungsregime weiter betreiben zu können. Was man derzeit in Myanmar (Birma) beobachten kann.

WAS HÄTTE FRIEDENSPOLITIK ANDERS GEMACHT?

Friedenspolitik hätte schon vor dem Militärcoup von 2006 deutlich gemacht, dass ein Militärcoup nicht toleriert werden würde. Friedenspolitiker hätten dann nach dem Militärcoup klar gemacht, dass alle Vertragsverhandlungen zwischen Thailand und Deutschland so lange eingefroren bleiben, bis wieder eine frei gewählte Regierung die Geschäfte führt. Unterstützung von Investitionen in Thailand wären ebenso eingefroren worden wie jede andere wirtschaftliche Unterstützung des Regimes. Und eine Friedenspolitik hätte klar gemacht, dass eine sich schon frühzeitig abzeichnende gewaltsame Niederschlagung der Demokratiebewegung zu ernsthaften diplomatischen Folgen führen würde.

Das Massaker von 2010 wurde durchgeführt, um die Macht der Demokratiebewegung zu zerschlagen. Im Jahr 2009 hatte man bereits mit Kriegswaffen auf unbewaffnete Demonstranten geschossen, und wusste, dass dies keine Folgen haben würde. Die Forderungen der Demonstranten nach Wiedereinführung der demokratischen Verfassung von 1997 und nach Neuwahlen sollten so zerschlagen werden, dass keine politische Bewegung mehr daraus entstehen konnte. Dies hätte Friedenspolitik erkannt und eindringlich das Militär und die Regierung vor dieser Art der Politik gewarnt.

Nach dem Massaker würde sich Friedenspolitik dafür einsetzen, dass zumindest die im April und Mai 2010 begangenen Verbrechen vor einem internationalen Gericht unbefangen und neutral aufgearbeitet werden, um zukünftige ähnliche Vorgänge zu verhindern. Denn da dies in der Geschichte Thailands niemals vorher erfolgte, finden solche Massaker immer wieder statt. 1973, 1976, 1992, und immer wieder zwischendurch. über 60.000 Opfer beklagt die Demokratiebewegung seit dem ersten Militärcoup nach dem Krieg, den von 1947, in der die erste demokratische Verfassung vernichtet worden war. Bei dieser Aufarbeitung steht nicht die Bestrafung im Vordergrund, denn die Protagonisten der Gewalt wird man nicht vor ein Gericht z.B. in Den Haag bekommen, sondern das Deutlichmachen des Unrechts als Warnung für zukünftige Situationen.

DIE WIRTSCHAFTLICHEN INTERESSEN

Natürlich müssten Staaten, die eine solche Friedens-Politik verfolgen, das Risiko eingehen, dass ihre Unternehmen, die in dem reizvollen Billiglohnland investiert haben {und so auch das Lohnniveau in Deutschland niedrig halten}, mit Schwierigkeiten kämpfen müssen. Aber diese Schwierigkeiten werden vorüber gehender Natur sein. Wie die Wahlen von 2011 gezeigt haben, sind die Menschen gewillt, einen Wechsel herbei zu führen. Nur Gewehre und Propagandalügen halten das System in der derzeitigen Art noch aufrecht.

Außerdem können die Maßnahmen gegen ausländische Investoren nicht gravierend sein, weil Thailand schon viel zu sehr in die globalisierte Wirtschaft eingebettet ist. Thailand kann sich gar nicht erlauben, eine Politik der Abschottung zu betreiben. Und vorübergehende Bevorzugung von z.B. chinesischen Unternehmen, sollte die Glaubwürdigkeit Deutschlands und das Leben von hunderten und tausenden von Menschen wohl wert sein.

Aber wer betreibt schon aktive Friedenspolitik?

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Aktuelle Links zum Fall Polenghi:
http://www.asiaone.com/News/AsiaOne%2BNews/Asia/Story/A1Story20120723-360809.html
http://asie-info.fr/2012/07/23/armee-thailandaise-pointee-du-doigt-dans-lassassinat-dun-photographe-italien-57131.html
http://www.flickr.com/photos/toni_uni/7628525954/


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