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Sonntag, 2. September 2012

„Nicht über sondern MIT reden“ Syrien

Am 1.9.2012 fand eine Demonstration mit ca. 1000 Teilnehmern (3), darunter Migranten aus Syrien und der Türkei gemeinsam mit einigen deutschen Friedensaktivisten, in Frankfurt statt. Sie behaupten, dass der derzeitige Bürgerkrieg in Syrien fast vollständig durch ausländische Mächte gesteuert, finanziert und mit ausländischen Kämpfern geführt wird. Die Mehrheit der Syrer lehne einen Regimewechsel mit Gewalt ab und befürworte Reformen und eine Öffnung unter Sicherstellung der Souveränität und Einheit des Landes. Und nur der derzeitige Ministerpräsident Assad könne dies sicherstellen. Wie mir die Polizei sagte, fand gleichzeitig eine Gegendemonstration von ca. 30 bis 50 Personen statt. Ein kleine Gruppe der Gegendemonstranten versuchte die Demonstration zu provozieren. Ordner und Polizei hatten aber jederzeit die Lage unter Kontrolle. Die Gegendemonstranten behaupten, Präsident Assad wäre ein Mörder und müsse beseitigt werden. Während die Demonstranten skandierten, dass Salafisten Faschisten wären.

Die Interviews mit den Veranstaltern findet man in dem Video (1). Während der Diskussion mit einigen Teilnehmern, die jedoch darum baten Mikrofon und Kamera ausgeschaltet zu lassen, gab es einige Kommentare, die meine Aufmerksamkeit erregten. Sie können wahr sein oder nicht. Betrachtet man die Vielzahl der Videos, die im deutschen Fernsehen gezeigt wurden, und die sich nachträglich als Fälschungen oder falsch interpretiert erwiesen, sehe ich keinen Grund diese Geschichten nicht zu veröffentlichen.

Ein Mann, 48 Jahre alt, Industriemeister und verantwortlich für ein Hochregallager, wie er erklärte, behauptete:

„Wir sind Kurden. Assad hat uns schon immer unterstützt. Die Türkei hasst uns, und auch Assad, weil er bis vor einigen Jahren erlaubt hatte, Syrien als Rückzugsgebiet zu benutzen. Jetzt revenchiert sich Ankara, und lässt die Terroristen die Türkei als Rückzugsgebiet nutzen. Ja sie unterstützt sie mit Waffen, Munition, Nahrung, medizinischer Versorgung. … Aber bei uns Kurden haben sie keine großen Erfolge. Die Regierung hat uns weitgehend freie Hand gelassen und das Militär zum allergrößten Teil abgezogen. Wir kämpfen mit unseren eigenen Milizen gegen die Terroristen. … Mein Bruder war Hauptmann in der Armee und ist jetzt ein wichtiger Anführer einer Miliz. Er hat mir erst letzte Woche am Telefon erklärt, dass es drei Arten von Terroristen gäbe. Die einfachen räuberischen Banden, die sich zusammen geschlossen haben und stehlen, vergewaltigen und töten. Wenn wir sie einmal geortet haben, stellen sie eigentlich kein großes Problem dar. … Die zweite Gruppe sind Al-Kaida-Kämpfer, die aus allen möglichen Ländern stammen und kampferprobt sind. Sie nutzen unsere Brüder und Schwestern geschickt als menschliche Schutzschilde und bewegen sich meist mit Geiseln von einem Ort zum anderen. …. Die machen uns größere Probleme, weil wir immer Verluste der eigenen Menschen haben, wenn wir sie angreifen. …. Dann gibt es die dritte Gruppe. Das sind die „Unsichtbaren“. Sie legen Minen, die explodieren, wenn unsere Busse darüber fahren. Oder sie zerstören Wasserleitungen, Telefonleitungen oder sprengen Stromversorgungen. Sie bewegen sich nur in der Nacht und sind praktisch unsichtbar. Wir wissen nur, dass sie da waren, weil unsere Patrouillen am nächsten Morgen mit aufgeschlitzter Kehle oder einem Kopfschuss gefunden werden. Nur einmal hatte ein Hubschrauber der Armee wohl versehentlich eine Rakete auf einen Schuppen abgefeuert, und am nächsten Morgen hat der Bauer dort die Überreste von zwei ganz in Schwarz gekleideten Personen gefunden, die Waffen und Ausrüstung bei sich hatten, die mein Bruder noch nie gesehen hatte. …“
Dann ist da die junge Frau von 31 Jahren. Sie stammt aus Homs und arbeitet für eine Touristikfirma in Deutschland. Sie erklärt mir:
„Meine Familie sind Christen. Sie mussten vor den Rebellen fliehen. Sie gingen von Ort zu Ort und von Haus zu Haus und verprügelten die Menschen, zerstörten ihr Hab und Gut und zwangen sie nur mit dem, was sie am Körper trugen, weg zu gehen. … Und dabei sind wir froh, dass keiner ermordet wurde. Denn in anderen Orten, … {ringt mit Tränen} haben sie eine befreundete Familie komplett ausgelöscht … … {Nachdem sie sich gefasst hat.} … Ich bin so enttäuscht von Deutschland. Außenminister Westerwelle hat den Botschafter ausgewiesen, obwohl er wissen musste, dass das Massaker in Hula nicht von Assad-Milizen begangen worden war. Trotzdem hat er den Botschafter ausgewiesen und denkt nicht daran, sich zu entschuldigen, jetzt wo alles klar auf dem Tisch liegt….“
Ein älterer grauhaariger Mann, Mitte 50:
„Hören Sie, junger Mann, ich weiß nicht, was Ihre Regierung anstellt. Da werden in Berlin mit Terroristen Pläne ausgearbeitet, wie Syrien nach dem Sturz von Assad aussehen soll. Aber niemand von unseren Organisationen war zu den Gesprächen eingeladen worden. Wir leben hier seit vielen Jahren, wir zahlen hier Steuern, manche von uns haben die Staatsbürgerschaft angenommen. Aber man hält es nicht für notwendig, uns nach unserer Meinung zu fragen, wenn es um unsere Heimat geht…“
Ein Mann, ca. Mitte 30 spricht mich an und fragt, für welche Medien ich schreibe. Ich erkläre, dass ich für meinen Blog schreibe und er bittet mich, etwas abseits mit ihm zu reden.
"Milizen Assads haben die Familie meiner Tante aus ihrem Haus vertrieben weil sie freie Bahn haben wollten, damit die Armee Artillerie einsetzen konnte, um die Rebellen zu töten, die dabei waren vorzurücken. Dabei haben sie das Haus zerstört und niemand weiß, wann die Gegend wieder bewohnbar sein wird und das Haus wieder aufgebaut werden kann. ... Ich war total wütend und bin sogar mit auf Demonstrationen gegangen, als ich zuletzt in Syrien war. ... Aber heute weiß ich, dass die Terroristen noch viel schlimmer sind als alles, was die korrupten Typen von der Regierung gemacht hatten. ... Syrien wird noch schlimmer werden als der Irak. Denn hier wohnen alle durcheinander. Der Irak war viel stärker aufgeteilt in ethnische Gebiete. Bei uns gibt es das zwar auch, aber eher weil man befreundet ist, und deshalb zusammen zieht. Nicht aus religiösen Gründen. Wenn die Fanatiker keinen Widerstand mehr durch die Armee haben, dann wird Syrien im Blut ertrinken ... Deshalb bin ich heute hier, nicht weil ich Assad liebe ...."

Und wieder zeigt sich, dass es selten nur eine Wahrheit gibt. Für die einen ist Assad ein Mörder, weil er ungesetzliche Tötungen zugelassen oder sogar veranlasst hat, weil er Foltergefängnisse betrieben hat, weil er radikale Islamisten verfolgte. Für die anderen ist er der legitime Führer eines Landes, das sich gegen den Einfluss von außen wehrt und hinter dem man zusammen rücken muss, weil nur er als "starker Mann" in der Lage ist, die Unabhängigkeit und Einheit des Landes sowie die säkulare Staatsstruktur aufrecht zu erhalten.

Leider ist dies eine Differenzierung, die man kaum in westlichen Medien finden wird. Es waren lediglich ein türkischer und ein iranischer Fernsehsender vor Ort, während ich anwesend war. Ansonsten habe ich weder die schreibende Zunft, noch Radio oder Fernsehen erkennen können. Jedenfalls bis zum Beginn des Protestmarsches. Ich habe zu diesem Zeitpunkt die Demonstration verlassen. Der hessische Rundfunk brachte jedoch einen kurzen Bericht, wie eine Google-Recherche um 23:30 Uhr ergab. (2)

Und die Suche in Google ergab noch eine Erkenntnis: Unglaublich aber wahr, Handelsblatt und „angesehene“ Medien zitieren immer noch „wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte“. Und suggerieren so eine angesehene und neutrale Quelle für die Information. Obwohl die wirkliche Art dieser Quelle längst bekannt ist. (4)

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(1) http://youtu.be/PATJZezF7qo (leider hat mir Magix drei mal die Schnitte zerschrieben, und dann habe ich aufgegeben.)

(2) http://www.hr-online.de/website/rubriken/nachrichten/indexhessen34938.jsp?rubrik=36082&type=v&msg=36082&mediakey=fs/hessenschau/201209011930_10912_hs_demo_3770&key=standard_document_45943217

(3) Polizei sprach von ca. 600 Teilnehmern, die Organisatoren von 3000.

(4) http://jomenschenfreund.blogspot.de/2012/07/die-quellen-der-deutschen-medien-am.html

2 Kommentare:

  1. Sie schreiben hier die Sicht der "Pro-Assads"!
    Sie gehen auf eine "Anti-Kriegs"-Kundgebung, weil die Anti-Imperialisten meinen, dass dieser Konflikt vom Westen gesteuert ist. Sie wollen nicht verstehen, dass die Mehrheit der Syrer ihn selbst steuert. Sie wollen/wollten Assad noch NIE. Weder den ganzen Assad Clan, noch die Baath-Partei. Sie wollen ein freies und demokratisches Syrien für ALLE, das nicht von einem Clan geführt wird, der eine Vetternwirtschaft führt und obendrein unterdrückt, mordet und foltert. Sie vergessen auch zu erwähnen, dass diese Revolution absolut friedlich begann. Das Volk forderte zunächst nur Reformen und trotzdem bekam es die volle Härte des Regimes zu spüren. Erst 6 Monate nach Beginn formierte sich die FSA aus desertierten Soldaten und Oberst, die es sich zur Aufgabe gemacht hat das Volk zu verteidigen. Noch heute, nach über 17 Monaten, ist die Armee des Regimes technisch in der Übermacht und hat sich zudem Hilfe aus dem Iran, Irak und Hizbollah-Söldnern geholt. Dazu sagen die Anti-Imperialisten kein Wort! Auch darüber nicht, das Assad Panzer, Artellerie, Kampfhubschrauber und -Jets gegen sein eigenes Volk setzt. Auch hierüber kein Wort! Warum?????
    Alle diese anti-imperialistischen Friedensbewegungen, die den Mob des Assad-Clans auf dieser Demo unterstützt haben, haben wohl vergessen oder nicht verstanden, dass sie hierbei Menschen unterstützt haben, die das Morden von Unschuldigen unterstützen. Sie sollten sich einige Videos dieser Veranstaltung auf Youtube ansehen und vllt. übersetzen lassen, denn ein Teil ruft: "Bashar mach dir keine Sorgen, deine Männer (Armee) sind bereit Blut für dich zu trinken"!! Sehr friedlich!!!
    Wie wollen SIE das verantworten?

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  2. Deswegen wurde Assad in freien Wahlen von der Mehrheit der Syrer als Präsident gewählt, weil ihn die Mehrheit der Syrer nicht will?
    Diese von der Ein-Mann-Propagandastelle "Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte" in London verbreiteten Lügen, die unsere Medien als Nachrichten verbreiten, glauben immer weniger Menschen.
    Ich habe mit vielen Syrern gesprochen, die sagen, daß egal welche Religionzugehörigkeit, alle Menschen in Syrien friedlich zusammenleben konnten, und jetzt der Mob aus FSA AlQaida etc. mit vielen ausländischen Terroristen das Land zu einem Blutbad gemacht haben.
    Diese Syrer waren alle höflich und auch auf der Pro-Syrien Demo äußerst friedlich.
    Die Handvoll Assad-Gegner haben sich bei der Gegendemonstration sehr gewalttätig und intolerant verhalten, eine normale Diskussion mit diesen Fanatikern und Anhängern der Terroristen war nicht möglich, die Polizei musste diese mit Gittern zurückhalten und etliche brutale Schläger mit Holzstangen festnehmen.

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