FRIEDENSPOLITIK
Friedenspolitik, wie bereits in meinem Blogartikel (1) erläutert, sucht nach Ursachen, Quellen und den Wurzeln von Krisen. Lange bevor die eigentliche Politik, insbesondere die Realpolitik, die viel zu beschäftigt damit ist, aktuelle Feuer zu löschen, damit konfrontiert wird. Dabei geht moderne Friedenspolitik aber nicht immer den Weg der reinen Wissenschaft, sondern forscht insbesondere auch nach den Gefühlen und tatsächlichen und möglichen Entwicklungen in den selten mit wissenschaftlichen Mitteln exakt zu ermittelnden Ansichten der schwer zu erfassenden „Schweigenden Mehrheit“. Und dies in Ländern, die eben nicht der eigenen Propaganda, sondern dem Einfluss anderer Kulturkreise und Politik unterliegen.
Beispiel: Prof. Krause erwähnte, dass die Haltung einer eigentlich progressiv eingestellten Schicht Intellektueller im Iran, zu fordern, dass der Iran eine Nuklearwaffe entwickeln müsse, um sich gegen die seit Jahrzehnten bestehende Bedrohung von außen zu schützen, eine Folge der Politik des Regimes wäre, die das Ziel hätte, durch Konfrontation mit Außen im Inneren Einheit zu erlangen.
Eine vollkommen richtige Analyse! Ein Friedenspolitiker fragt jedoch nach, warum das Regime überhaupt die Möglichkeit gehabt hatte, dieses Feindbild aufzubauen. In diesem Sinne wird eine Friedenspolitik versuchen, diese Quellen zu eruieren, um ihre Wiederholung zu verhindern. Friedenspolitik würde z.B. davon abraten, einen Putsch zu unterstützen, um einen gewählten und populären Premierminister, der Garant für eine stabile demokratische Entwicklung ist, zu stürzen und die Kontrolle über ein Land zurück zu erhalten, das sich verselbständigt hat. Wie 1953 durch die USA geschehen. Friedenspolitiker würden weiterhin davon abraten, einen Krieg gegen dieses Land zu unterstützen, nachdem der eingesetzte Machthaber gestürzt wurde, wie den von den USA unterstützten blutigen irakisch-iranischen Krieg. Und eine Friedenspolitik würde davon abraten, einseitig einen Staat der Region dabei zu tolerieren, Atomwaffen zu produzieren. Ebenso würde Friedenspolitik davon abraten, rund um den Staat, gegen den man einen Staatsstreich und indirekte einen Krieg geführt hat, Truppen zu konzentrieren und über Jahrzehnte mit einem Angriff zu drohen. Eben weil Friedenspolitik darin keine nachhaltige Vision einer friedlichen Koexistenz erkennen kann.
Und weil Friedenspolitik die logische Konsequenz eben dieses Sicherheitsbedürfnis der Menschen voraus gesehen hätte. Eines Sicherheitsbedürfnisses, das inzwischen die meisten Iraner erfasst hat, und was in ihnen die Meinung entstehen ließ, dass nur eine Nuklearwaffe zukünftig garantieren könne, nicht angegriffen zu werden. Ganz besonders hätte eine Friedenspolitik von der weiteren Eskalation abgeraten, von Boykott, Attentaten, Cyber-War.
Wenn es diese Geschichte so nicht gegeben hätte, wäre es dem Regime ungleich schwerer gefallen, die Bevölkerung zu solidarisieren. Oder sogar zu radikalisieren, wie die letzten Parlamentswahlen zeigten, in denen die konservativen Kräfte gegenüber den gemäßigten deutlich gestärkt wurden. Das ist ein Beispiel wie der eine das Symptom, der andere die Ursachen betrachtet.
DIE SUCHE NACH DER QUELLE
Die Suche nach der Quelle eines Konfliktes dient in erster Linie dem Ziel ZU VERSTEHEN, welche dynamischen Prozesse in den betroffenen Gesellschaften ablaufen und sie voraus zu sehen. Andererseits aber auch um zukünftige Fehler zu vermeiden.
VISION ENTWICKELN
Die zweite Aufgabe der Friedenspolitik ist die Suche nach einer Vision, wie ein Konflikt nachhaltig beendet oder verhindert werden könnte. Oft werden solche Visionen als Utopie angesehen, bis sie, wie z.B. bei der Auflösung der UDSSR durch Gorbatschow plötzlich durch die Realität überholt werden. Oder bis die negative Vision sich bestätigt, wie z.B. im Irak.
DIE REALPOLITIK
Die Realpolitik agiert genau in der Mitte zwischen Ursache und Vision, wird aber durch ihre Aktionen auch wieder zur Ursache. Sie wird mit den täglichen Problemen konfrontiert und muss eine ad hoc Lösung präsentieren. Für einen Realpolitiker, insbesondere wenn er viele Jahre Realpolitik begleitet hat, erscheinen die Visionen von Friedenspolitik oft noch viel weiter von der Realität entfernt als unvoreingenommenen Beobachtern. Denn er litt seit Jahren unter der Tatsache, dass selbst die kleinsten Fortschritte unmögliche Anstrengungen von ihm verlangt hatten.
DIE KOMBINATION VON FRIEDENS- UND REALPOLITIK
Aus diesem Grund stehen Friedenspolitik und Realpolitik stets in einem Spannungsfeld zueinander. Und beide haben Schwierigkeiten einander zu verstehen. Aber beide haben nur eine Chance etwas zu verändern, wenn sie sich auf einen Dialog einlassen, wenn sie aufeinander zugehen und versuchen über den eigenen Schatten zu springen.
Das wird insbesondere dann erschwert, wenn Friedenspolitik als Teil der Ursachen für eine Krise das Verhalten der Realpolitik ansieht. Eine solche Einsicht kann entweder wissenschaftlich, aber oft einfach durch das Verständnis für psychologische Verwerfungen begründet werden. Besonders im zweiten Fall prallen dann Welten aufeinander.
DIE KONSEQUENZEN DER UNTERSCHIEDLICHEN ARBEITSWEISE AM BEISPIEL DER NUKLEARPOLITIK
Am Beispiel der Nuklearpolitik kann man die unterschiedliche Herangehensweise noch einmal beobachten. Die Friedenspolitiker haben zunächst die Frage gestellt: „Warum gibt es heute fast doppelt so viele Nuklearwaffenstaaten wie vor Abschluss des NVV?“. Während der Realpolitiker stolz darauf verweist, wie viele Staaten davon abgehalten wurden, Nuklearwaffen zu besitzen.
Der Friedenspolitiker wird darauf verweisen, dass ein Weltgericht festgestellt hat, dass als Gegenzug für Nuklearwaffenverzicht, die Besitzer von Nuklearwaffen sich verpflichtet hatten, eindeutige und unmissverständliche Schritte zu Abrüstung zu gehen. Aber immer mehr Beobachter bestätigen, dass die Nuklearmächte dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sind. Auf Details, gerade in jüngster Zeit seit 2003 möchte ich an dieser Stelle nicht eingehen, da es den Rahmen sprengen würde.
Die Realpolitik jedoch verweist darauf, dass dies eine viel zu einseitige und unwissenschaftliche Betrachtung wäre. Was zweifellos stimmt. Nur was der Realpolitiker übersieht ist, dass nicht wissenschaftliche Beweise in der Psyche der Menschen wirken, sondern wie sie etwas EMPFINDEN. Um das ewige Problem von Mars und Venus (2) auf die Interaktionen in der globalen Gesellschaft zu übertragen. D.h. was bei einer immer größeren Masse von Menschen, die NICHT im eigenen Kultur- und Propagandakreis leben, zur Meinung wird, bestimmt die gefühlte Ungerechtigkeit.
Menschen in den arabischen Ländern und in Asien haben längst eine Meinung entwickelt, die sich von der der offiziell geäußerten Politik unterscheidet. Für sie ist der Nichtverbreitungsvertrag eine Art Mafia-Schutzgeld-Erpressungs-Vertrag. Und diese Entwicklung ist gefährlich. Es ist nicht undenkbar z.B., dass Ägypten nach einen Machtwechsel zu einem demokratischen System, durch die Massen quasi dazu getrieben werden, eine Nuklearmacht zu werden, um die empfundene Bedrohung durch Israels Nuklearwaffen auszugleichen.
D.h. es ist unerheblich wie komplex die Vorgänge waren, und ob tatsächlich die Nuklearmächte ihre Verpflichtungen eingehalten hat oder nicht. Entscheidend ist das Empfinden der Menschen.
DIE ABRÜSTUNG VON KERNWAFFEN
Einerseits war man sich am ersten Tag des Seminars einig, dass es nicht notwendig ist, als noch nicht einmal im Parlament vertretene Partei, bereits „realpolitisch“ zu denken. Und es war Konsens vorhanden, dass diese Position zu Nuklearwaffen eine Zukunftsvision definieren soll. Ob das erreicht wurde, sehen wir später. Bevor ich auf das Positionspapier in der derzeitigen Form eingehe, hier die Position der derzeitigen Bundesregierung. In der Antwort (3) auf eine kleine Anfrage der Abgeordneten Uta Zapf ed al von der SPD antwortete die Bundesregierung (CDU/CSU und FDP) am 20.07.2010:
„Gemäß dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP setzt sich die Bundesregierung aktiv dafür ein, den Abschluss neuer Abrüstungs- und Rüstungskontrollabkommen international zu unterstützen. In diesem Zusammenhang sowie im Zuge der Ausarbeitung des neuen Strategischen Konzepts der NATO wird sich die Bundesregierung im Bündnis sowie gegenüber den amerikanischen Verbündeten dafür einsetzen, dass die in Deutschland verbliebenen Atomwaffen abgezogen werden.
Sie hat deshalb die Diskussion über die Frage der künftigen Ausgestaltung der nuklearen Teilhabe einschließlich der reduzierten Bedeutung von Nuklearwaffen in der Bündnisstrategie der NATO angestoßen und trägt in den dafür vorgesehenen Gremien des Bündnisses aktiv dazu bei.
Die Bundesregierung setzt sich ausdrücklich für das Ziel der Schaffung einer Welt frei von Nuklearwaffen ein.
…. Die Bundesregierung hält ausdrücklich an dem Ziel der weltweiten Abschaffung nicht nur der Nuklearwaffen, sondern aller Massenvernichtungswaffen fest. Angesichts wachsender Risiken durch die Proliferation von Massenvernichtungswaffen setzt sie sich mit Nachdruck für eine Stärkung der internationalen Regime zur Abrüstung- und Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen ein. Die Bundesregierung unterstützt deshalb alle Maßnahmen der Nuklearmächte, die zum weiteren Absenken der Bedeutung und der Anzahl von Nuklearwaffen führen.
… Die Regierungsparteien haben im Koalitionsvertrag vereinbart, sich für eine neue Dynamik bei vertragsbasierten Regelungen bei Rüstungskontrolle und Abrüstung sowie im Zuge der Ausarbeitung eines neuen Strategischen Konzepts der NATO im Bündnis und gegenüber den amerikanischen Verbündeten für einen Abzug der in Deutschland verbliebenen Atomwaffen einzusetzen. Bei der Umsetzung dieser Vereinbarungen wird auch die Frage der russischen sub- strategischen Nuklearwaffen zu berücksichtigen sein.
… Die USA haben am 6. April 2010 ihre nationale Nuklearstrategie veröffentlicht. Sie beschreibt die Strategie zur Reduzierung der Bedeutung von Nuklearwaffen auf dem Weg zur Umsetzung des langfristigen Ziels einer Welt frei von Nuklearwaffen. Auf dem Weg dahin wollen die USA eine verlässliche und glaub- würdige Abschreckungsfähigkeit erhalten, sowohl zur Gewährleistung der Sicherheit der USA als auch ihrer Verbündeten und Partner. Die USA, deren strategische Nuklearkräfte die oberste Garantie für die Sicherheit der Bündnispartner bieten, verpflichten sich, keine Nuklearwaffen gegen Staaten einzusetzen oder mit ihrem Einsatz zu drohen, die nicht selbst über Nuklearwaffen verfügen und ihren Verpflichtungen aus dem Nichtverbreitungsvertrag nachkommen. Diese „negative Sicherheitsgarantie“ ist ein wichtiger Schritt, um die Nichtverbreitung zu stärken. Die Bundesregierung unterstützt diese Initiative.“Weitere Informationen zur Haltung der etablierten Parteien, kann ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 24.03.2010 (4) geben, der noch über das Gesagte hinaus geht:
„Eine Welt frei von Atomwaffen ist keine Utopie, sondern eine konkrete Verpflichtung der Unterzeichner des Nichtverbreitungsvertrages. Die Abrüstungserwartungen dürfen nicht erneut enttäuscht werden. Deutschland kann national und international auf vielfältige Weise einen wirksamen Beitrag zu einer Welt ohne Atomwaffen leisten.“In 19 Punkten werden konkrete Forderungen gestellt, wie z.B. in Punkt 12 und 13:
„12. sich weiterhin proaktiv an der Diskussion über die verschiedenen, auch zivilgesellschaftlichen Ansätze für eine vollständige nukleare Abrüstung zu beteiligen, wie beispielsweise an der „Global-Zero“-Initiative oder der Diskussion über den Vorschlag für eine Nuklearwaffenkonvention zur Ächtung der Atomwaffen;Die "staatstragenden" Parteien Deutschlands erklären also übereinstimmend, dass es eine VERPFLICHTUNG aus dem Nichtverbreitungsvertrag gäbe, eine vollkommene Abrüstung zu betreiben! Eine solche Verpflichtung kann natürlich in erster Linie für Parteien gelten, die Unterzeichner des Vertrages und Besitzer von Nuklearwaffen sind.
13. die fünf anerkannten Atommächte zum verbindlichen Verzicht auf den Einsatz von Atomwaffen gegenüber Nichtnuklearwaffenstaaten aufzufordern;“
Schauen wir uns nun das Ergebnis des CIB-Seminars vom 12.08.2012 an, wie es gegen 17:00 Uhr vorlag:
Antrag: Grundsatzprogramm
Die PIRATEN teilen die Vision einer kernwaffenfreien Welt und möchten diese durch konkrete Schritte - wo immer sie sich ergeben - verwirklichen. Dazu unterstützen wir Inititativen, welche Kommunikation, Vertrauensbildung und Transparenz zwischen den Staaten unter Berücksichtigung der jeweiligen Sicherheitsinteressen fördern. Die Ziele der nuklearen Abrüstung und Nichtverbreitung sollen dabei parallel verfolgt werden.
-- Von der Versammlung einstimmig angenommen --
==Einzelne, zusätzliche Anträge in Stichpunkten: modularer Aufbau==
-Ausstieg aus der nuklearen Teilhabe
Die Piratenpartei Deutschland lehnt die nukleare Teilhabe ab und setzt sich für ihre sofortige Abschaffung innerhalb der NATO ein.
- Abzug der amerikanischen Atomwaffen aus Deutschland
Die Piratenpartei Deutschland setzt sich für den unilateralen Abzug der amerikanischen Kernwaffen aus Deutschland ein.
- Abzug der amerikanischen Atomwaffen aus Europa
Die Piratenpartei Deutschland setzt sich für den unilateralen Abzug der amerikanischen Kernwaffen aus allen europäischen Staaten ein. Dies wäre eine vertrauensbildende Maßnahme, mit der weitere nukleare Abrüstung erleichtert werden soll.
- Ausbau des IAEO Kontrollsystems
Die Piratenpartei Deutschland setzt sich für die Einführung nuklearer Sicherungsmaßnahmen für den zivilen Kernbrennstoffkreislauf auch in Kernwaffenstaaten ein. Zu diesem Zweck muss die Ausstattung der IAEO soweit verbessert werden, dass sie die wachsenden Verpflichtungen erfüllen kann.
- Transparenz der Nuklearmaterialbestände aller Kernwaffenstaaten und der Rolle von Kernwaffen in der NATO
Die Piratenpartei Deutschland setzt sich für die Publikation der Bestände von militärischen Nuklearmaterial und Sprengkopfzahlen aller Kernwaffenstaaten ein, sowie der Offenlegung der Rolle von Kernwaffen in der NATO.
- Auf Ersteinsatz von Kernwaffen verzichten
Die Piratenpartei Deutschland setzt sich für einen bedingungslosen Verzicht auf den Ersteinsatz von Kernwaffen seitens der NATO ein. Wir begrüßen es, wenn sich dann Kernwaffenstaaten dieser Initiative anschließen werden.
- Ratifizierung des Nukleartest-Verbotes durch alle NATO-Staaten
Die Piratenpartei Deutschland unterstützt alle Bemühungen, die das Inkrafttreten des CTBT (Comprehensive Test Ban Treaty/ Teststoppvertrag) fördern. Wir unterstützen auch alle Bemühungen, mit den Verhandlungen zum FMCT (Fissile Material Cutoff Treaty) zu beginnen.
- Kernwaffenfreie Zone (KWFZ) Mitteleuropa
Auf dem Weg zu einer kernwaffenfreien Welt ("Global Zero") setzt sich die Piratenpartei Deutschland als vertrauensbildende Maßnahme für die Schaffung einer Kernwaffenfreien Zone (KWFZ) in Mitteleuropa und anderen Regionen weltweit ein.
[Weniger detaillierte, nicht abschließende Aufführung von Schritten und Forderungen](9)
DIE FRIEDENSPOLITISCHEN ANSÄTZE
Es gibt mehrere Bereiche, in denen man berücksichtigt hat, wie wichtig die PSYCHOLOGISCHE Komponente von Aktionen ist. Dies spiegelt die Forderung von unilateralen Aktionen wieder, ebenso wie die Forderung nach Verzicht des Ersteinsatzes.
Die große Schwäche des Entwurfs liegt m.E. in dem Verzicht auf die „Befindlichkeiten“ der Länder einzugehen, die durch Nuklearstaaten bedroht, unterdrückt oder „überredet“ fühlen, auf eigene Nuklearwaffen-Entwicklung zu verzichten. D.h. es fehlt eine eindeutigere FORDERUNG nach Erfüllung des ersten so genannten Atomwaffensperrvertrages durch die offiziell als Nuklear-Waffen-Staaten anerkannten Länder. Wie wir weiter vorne bereits gelesen hatten, wir die Forderung nach einer Totalabrüstung als Folge des so genannten Atomwaffensperrvertrages auch von allen im Bundestag vertretenen Parteien Deutschlands anerkannt.
FORDERUNG NACH ERFÜLLUNG DES NVV
"Es besteht eine völkerrechtliche Verpflichtung, Verhandlungen in redlicher Absicht aufzunehmen und zu einem Abschluss zu bringen, die zu atomarer Abrüstung in allen ihren Aspekten unter strikter und effektiver internationaler Kontrolle führen."… Wurde einstimmig in einem Rechtsgutachten zur völkerrechtlichen Rechtslage durch den Internationalen Gerichtshof in Den Haag (IGH) festgestellt. Friedenspolitik würde die Frage stellen, welchen Eindruck Modernisierung und Umrüstung von Nuklearwaffen-Arsenalen auf einen Betrachter in einem Atomschwellenstaat machen. Und Friedenspolitiker würden die Erfüllung der Verpflichtung einfordern, denn ohne diese Einforderung klingt die Forderung nach Erfüllung des Vertrages gegenüber Nicht-Nuklearstaaten in deren Augen einseitig und heuchlerisch. Was die Akzeptanz des Vertrages stark herabsetzt.
REFORM DER IAEA
Ein zweiter großer Mangel aus friedenspolitischer Sicht ist die Tatsache, dass lediglich eine Erhöhung der finanziellen Ausstattung des IAEO/IAEA, der Internationalen Atom-Energie Organisation gefordert wird. Diese einseitige Forderung geht vollkommen an der Kritik großer Teile der Zivilgesellschaft vorbei. Diese fordert eine REFORM der Agentur. (z.B. 5) Denn sie wird als ein Interessenvertreter der Nuklear-Energie-Industrie angesehen. Ob dies stimmt oder nicht kann lange diskutiert werden. Tatsache ist, dass es ein Einfaches wäre, durch eine Trennung von Werbung und Förderung von Atomenergie / Nuklearenergie und deren Kontrolle, ein Teil der Kritik zum Verstummen zu bringen. Außerdem wäre es so viel einfacher möglich, eines Tages die Förderung von Atom/Nuklear-Energie vollkommen einzustellen, wenn ein Konsens darüber gefunden werden kann. Denn große Teile der Zivilgesellschaft sind der Meinung, dass die Verbreitung von Atomwaffen nur wirksam verhindert werden kann, wenn eines Tages auch die friedliche Nutzung von Kernenergie geächtet wird. Und tatsächlich gibt es Hinweise darauf, dass nicht nur industrielle Interessen zwischen friedlicher und militärischer Nutzung zusammen spielen, sondern auch Versuchung und Gefahr aus der friedlichen Nutzung entstehen. Da aber derzeit eine Forderung nach Beendigung von ziviler Kernenergienutzung in der Bevölkerung von vielen Schwellenländern und zahlreichen Industrieländern das Gegenteil von Akzeptanz erzeugen würde, könnte eine Forderung nach Totalverzicht das Gegenteil von Akzeptanz für den NVV erreichen. Aber immerhin sollten die Möglichkeiten bzw. Weichen gestellt werden, und die Kontrolle vollkommen losgelöst und unabhängig von irgendwelchen tatsächlich vorhandenen oder vermuteten industriellen Interessen agieren.
DIE REGELUNGEN DES NVV MÜSSEN AUCH IN EINEM KRIEG GÜLTIGKEIT HABEN
Die „Deutsche Sektion der International Association of Lawyers Against Nuclear Arms“ (IALANA) schreibt in seiner „Ahrweiler Erklärung“ (6) anlässlich der 8. Überprüfungskonferenz des Nichtverbreitungsvertrages im Jahr 2010. (Das Ergebnis der Konferenz wird übrigens von großen Teilen der Zivilgesellschaft nicht positiv beurteilt. (7) )
„Verzicht auf den „Kriegsvorbehalt“ (War Clause)Diskussion während des Seminars (8). Wieder einmal ist es unerheblich, ob die Interpretation von 1994 nach wie vor Gültigkeit hat oder nicht. Entscheidend ist die Wirkung auf die anderen Staaten. Nuklear-Waffen-Staaten, die nicht klar erklären, dass ihre Verpflichtungen im Nichtweiterverbreitungsvertrag auch im Kriegsfall Gültigkeit haben, müssen damit rechnen, dass Staaten erklären, dass im Kriegsfall der Verzicht auf Nuklear-Waffen hinfällig wird. Insbesondere bei Ländern mit hoch entwickelter Nuklear-Technologie, die möglicherweise innerhalb eines Monats den Schritt zur Nuklearwaffen-Produktion gehen könnten, könnte dies fatale Konsequenzen haben. Bis hin zur bewussten Vorbereitung auf den Tag X.
Die NATO-Staaten und die NATO sollten eine völkerrechtlich verbindliche Erklärung abgeben, dass sie auf den von ihnen im Zusammenhang mit dem Abschluss des Nichtverbreitungsvertrages abgegebenen sog. Kriegsvorbehalt verzichten, mit dem sie bisher in Anspruch nehmen, an den NPT dann nicht mehr gebunden zu sein, wenn „die Entscheidung, Krieg zu führen, gefallen ist“. (vgl. Denkschrift des Auswärtigen Amtes zum Nichtweiterverbreitungsvertrag, veröffentlicht in: BT-DRrs. 7/1994?, S. 17.)“
FAZIT
Der erste Entwurf der Erklärung zu Nuklearwaffen ist aus meiner Sicht unbefriedigend. Andererseits verbaut er auch nicht die Möglichkeit, darüber hinaus zu gehen. Leider wird in der politischen Praxis bekannter Weise eher eine Einschränkung als eine Übererfüllung durch die gewählten Mandatsträger die Folge des Einzugs in die Realpolitik sein. Weshalb es wesentlich von den Persönlichkeiten der Politik abhängen wird, ob die Piratenpartei im Bereich der nuklearen Abrüstung ein Mehrheitsbeschaffer für Andere wird, oder ernsthafte eigene innovative Initiativen einbringen wird.
Trotzdem hoffe ich, dass die AG Friedenspolitik und die AG Außenpolitik zu einer gemeinsamen Stellungnahme in der Frage der Nuklear-Waffen-Abrüstung kommen werden. Vielleicht ergeben sich ja auch noch Nachbesserungen im Verlauf der Besprechungen, die eine Akzeptanz für Friedenspolitiker erleichtern.
-----------------
(1) http://jomenschenfreund.blogspot.de/2012/06/programmatik-einer-friedenspolitik-im.html
(2) http://en.wikipedia.org/wiki/Men_Are_from_Mars,_Women_Are_from_Venus
(3) http://www.atomwaffenfrei.de/fileadmin/user_upload/pdf_Dateien/Materialien/Kleine_Anfrage_Antwort.pdf
(4) http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/011/1701159.pdf
(5) https://www.dfg-vk.de/thematisches/atomwaffen-abschaffen/2012/751
(6) http://www.aixpaix.de/atomwaffenfrei/ahrweiler_erklaerung.pdf
(7) http://library.fes.de/pdf-files/id/ipa/07339.pdf
Besonders die Analyse von Harald Müller für die Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung zeigt deutlich auf, was ich versucht habe weiter oben auch zu beschreiben. Nämlich dass die Akzeptanz der Schwellenländer immer weiter sinkt, den Vertrag zu akzeptieren. Müller deutet an, dass alles auf einen zunehmenden Einfluss Chinas auf die blockfreien Staaten hin deutet. Für einen Friedensforscher heißt das: Neue Konflikte, neue Kriege in Sicht.
https://docs.google.com/viewer?a=v&q=cache:SZAM9dTnTywJ:kms1.isn.ethz.ch/serviceengine/Files/ISN/29818/ipublicationdocument_singledocument/703f2de2-025a-4090-b63d-d3d2f23e57bd/de/report0405.pdf+&hl=en&gl=de&pid=bl&srcid=ADGEESj_BizO9jFE12SZAX36otXCBDB9PgxCy1DMtyOVY9y0Uyt26LzyGMxIagclEdAkPGM3dEdatrHhcFSnqLEnpg_SyJgLv1cuB_QGZ6iIQq6ScSDXlW6DBk2D_00kgLjB3Vv0nVKN&sig=AHIEtbS6mbaTLF_Ju60ngEye-nOumojaIA&pli=1
(8) * Die NATO erklärte, nicht mehr an den NPT/NVV gebunden zu sein, „wenn die Entscheidung Krieg zu führen, gefallen ist“. (Denkschrift des Auswärtigen Amtes zum Nichtweiterverbreitungsvertrag, veröffentlicht in: BT-DRs. 7/1994, S. 17) Kritik an der NATO muß sich auf die neusten Papiere beziehen: http://www.nato.int/cps/en/natolive/official_texts_87597.htm, 1994 ist überholt. Antwort: Laut einem Papier der ILANA von 2010 ist der Kriegsvorbehalt nach wie vor gültig und Teil der Doktrin. http://www.aixpaix.de/atomwaffenfrei/ahrweiler_erklaerung.pdf
(9) Aktuelle Version des PADs: https://aussenpolitik.piratenpad.de/cibffm-atomwaffen?
Auf mehrfache Anfrage: Ja, es stimmt, dass ich nicht auf den wichtigsten Unterschied zwischen der Initiative der AG Frieden und dem Seminarergebnis eingegangen bin.
AntwortenLöschenDie AG Friedenspolitik hat im Zentrum der Forderung eine Nuklearwaffenkonvention. Diese wurde im Seminar als nicht realisierbar bezeichnet und vehement abgelehnt. Ich wollte bewusst nicht darauf eingehen, um keine unüberwindbaren Hürden für eine gemeinsame Erklärung aufzubauen.