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Sonntag, 23. Dezember 2012

Wie man sich auf einem Parteitag nicht manipulieren lässt

Dem Einen oder Anderen mag es schon aufgefallen sein. Eine Twittermeldung, abgeschickt durch einige wenige „Meinungsmultiplikatoren“ kurz vor der entscheidenden Wahl, kann das Ergebnis vollkommen umdrehen. So geschehen auf einem LPT in NRW. Oder: eine entschlossene Gruppe von extremistischen Aktivisten kann eine 2/3 Mehrheitsentscheidung durch beharrliches Nachfassen und Fordern von erneuter Abstimmung, in Verbindung mit sympathisierender Versammlungsleitung, dann doch zu Fall bringen. So geschehen auf dem letzten Bundesparteitag der Piratenpartei. Aber das sind die krassen Beispiele, die die meisten kennen. Viel interessanter sind aber die weniger bekannten, wenn oft auch offensichtlichen Manipulationen. Wie geht man diesen als Basispirat aus dem Weg?


Zunächst aber die Frage, wodurch es zu solchen Erscheinungen kommen kann? Der wichtigste Grund ist zweifellos, dass die Mitglieder bisher nicht organisiert waren. Sie kamen alleine oder in kleinen Grüppchen. Allenfalls waren sie nach Stammtischen oder KVs sortiert, meist aber eher nicht. Und niemand hatte eine Rechtfertigungspflicht gegenüber einer anderen Person, warum sie gestimmt hatte, wie sie nun mal abstimmte. Weshalb ein Wechsel der Meinung viel einfacher stattfinden kann. Denn man muss es niemanden erklären. Darüber hinaus haben einzelne oder kleine Gruppen weniger Selbstvertrauen in die eigene Entscheidung, weshalb sie anfälliger dafür sind, wenn Zweifel gesät werden, gegen einen Antrag zu stimmen. Durch Zweifel säen kann man zwar keinen Antrag gewinnen, aber besonders in Personalabstimmungen genügt es ja, Zweifel gegen die anderen Kandidaten zu schüren, um die präferierten Kandidaten nach vorne zu bringen.

Dann darf man als „aussichtsreicher“ Kandidat natürlich in keiner Weise gegen die aktiven Gruppen innerhalb der Partei Stellung beziehen, weil das dazu führen könnte, das aus dieser Gruppe heraus Zweifel gesät werden. Man muss ein Mainstream-Kandidat sein. Glatt und unangreifbar.

Und so sah man, wie sich Kandidaten gegenseitig lobten, was Vertrauen schaffte. Und Kandidaten, die von Anhängern anderer Kandidaten regelrecht verbal „hingerichtet“ wurden. Den Rest besorgten dann schließlich die Aufrufe bei der Akzeptanzwahl, doch bitte alle Kandidaten anzukreuzen, die man nicht für vollständig ungeeignet hielt, damit bloß genügend Listenkandidaten bei der Wahl herauskamen.

Was passiert ist berechenbar. Wer sich mit genügend anderen „aussichtsreichen“ Kandidaten vernetzt, von ihnen gelobt wird, sie selbst lobt, der wird es auf einen aussichtsreichen Platz schaffen. Denn es wird wenig Zweifel geben. Fähigkeiten, politische Einstellung, politische Programmatik … spielen nun nur noch eine untergeordnete Rolle.

Wer aber kritische Themen anspricht, wer sich gar in Widerspruch zu kleinen aber mächtigen weil gut vernetzten und extremistischen Gruppen setzt, vielleicht sogar ohne das zu bemerken, der wird glorreich untergehen.

Und was bei Personalwahlen funktioniert, funktioniert auch in etwas abgewandelter Weise bei Sachthemen. Aber dazu mehr ein anderes Mal. Heute eher die Frage:
Was tut der brave Basispirat, um sich nicht manipulieren zu lassen?

1) Er wird äußerst kritisch auf „Empfehlungen“ reagieren, auch wenn sie von „bekannten“ Piraten kommen. Insbesondere wenn jemand mehr als eine Empfehlung ausspricht wird er sich fragen, welchen Wert die Empfehlung hat und welche Absicht möglicherweise dahinter steckt.

2) Er wird sich vernetzen und austauschen mit anderen Basis-Piraten die weder Amt noch Mandat anstreben, und ihre Meinung anhören, aber nur bis zum Parteitag. Dann wird er nur noch seinem eigenem Urteil folgen.

3) {Eigenwerbung} Er wird sich bei kritischen Seiten informieren und mit Basispiraten beraten, wie z.B. im Sozial Progressiven Piratenkreis

4) Er wird die richtigen Fragen stellen und aufmerksam und ohne Beeinflussung zuzulassen, die Antworten für sich bewerten. (1)

5) Er wird den Teufel tun und auf irgendwelche Twitternachrichten oder anderweitige Zurufe zu reagieren.

6) Wenn er nicht absolut sicher ist, wird er nicht für einen Kandidaten stimmen, er wird sich nicht unter Druck setzen lassen.

Nur so hat die Piratenbasis eine Chance, die Vertreter zu erhalten, die sie verdient. (JM)
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(1) http://www.sppk.de/index.php?option=com_content&view=article&id=48:kandidatenbefragung-einmal-richtig&catid=44:parteipolitik&Itemid=66

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Erstveröffentlichung: SPPK

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