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Donnerstag, 21. Februar 2013

Ist die Piratenpartei doch eine Partei der Technokraten?

Nun, ich hatte darüber berichtet, dass in NRW als Spitzenkandidatin eine Steuerfachfrau und auf den zweiten Platz ein Jurist gewählt wurde. Dahinter folgen zwei weitere Juristen und ein Verwaltungsangestellter. Und ich hatte schon an anderer Stelle die Frage gestellt, ob die Piratenpartei eine Partei der Technokraten wäre (1). Nun, heute sah ich einen weiteren Grund diese Befürchtung zu äußern.

Die AG Friedenspolitik hatte gestern beantragt, eine Pressemitteilung zu Mali zu veröffentlichen. Hier der Vorschlag:
Ich schreibe Euch als Sprecher der AG Friedenspolitik.

Für heute hat die Bundesregierung 2 Anträge zum Einsatz der Bundeswehr in Mali für ca. 16:45 Uhr für ca. eine Stunde auf die Tagesordnung des Bundestags gesetzt, siehe http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2013/42893628_kw08_vorschau/index.htm

Zu diesem Thema habe ich in Zusammenarbeit mit Kollegen der AG Friedenspolitik eine Pressemitteilung vorbereitet, die auch auf der Mailingliste veröffentlicht wurde:

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Mali, eine unglückselige Entwicklung zu einem zweiten Afghanistan?

Heute (am 20.02.2013) beriet der Bundestag über militärische Unterstützung für die Regierung in Mali. Volker Melchers, Sprecher der AG Friedenspolitik der Piratenpartei Deutschland führt dazu aus: "Rückwirkend betrachtet ähnelt die Vorgehensweise der letzten Monate bezüglich Mali den Erfahrungen, die wir hinsichtlich der Rechtfertigung der Einsätze in Afghanistan machen mussten. Erst wurden Fakten geschaffen und dann im Nachgang der Deutsche Bundestag zur Legitimierung dieser geschaffenen Tatsachen aufgefordert um die unglückselige Vorgehensweise abzusegnen."

Wir Piraten treten weltweit für die Förderung der Zivilgesellschaft und die Lösung von Konflikten mit friedlichen Mitteln ein. Militärhilfe zur Unterstützung eines Regimes, das durch einen Militärputsch an die Macht gekommen ist, ist aus Sicht der Piratenpartei Deutschland abzulehnen. Deswegen sprechen wir uns klar gegen die Anträge der Bundesregierung an den Bundestag aus, die ein militärisches Engagement in Mali legitimieren sollen.

Udo Fischer, ein engagiertes Mitglied der AG Friedenspolitik erklärte: "Das Grundsatzprogramm der Piratenpartei betont die Priorität von ziviler Krisenprävention vor Militäreinsetzen. Dieser Grundsatz wurde auch in Mali grob verletzt. Teile der Armee, die von westlichen Spezialisten für den Militäreinsatz gegen Rebellen ausgebildet wurden, waren zu den Aufständischen übergelaufen. Was erneut ein Beweis für das Versagen einer Politik ist, die vorwiegend auf militärischer Überlegenheit basiert."
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Für eine zeitnahe Veröffentlichung wäre ich dankbar. Stilistische Änderungen am Text sind natürlich möglich. Bei weiteren Fragen stehe ich gerne per Mail zur Verfügung. … Mit besten Grüßen … Volker Melchers … Sprecher der AG Friedenspolitik der Piratenpartei Deutschland
Diese Presseerklärung enthielt fast wörtlich Teile aus dem Grundsatzprogramm der Partei und sollte dieses anlässlich der Mali-Diskussion in die öffentliche Wahrnehmung bringen.

Zur Erinnerung: In Bochumg wurde beschlossen:
Wir treten weltweit für die Förderung der Zivilgesellschaft und die Lösung von Konflikten mit friedlichen Mitteln ein. … Wir Piraten setzen uns für zivile Konfliktlösungen ein und wollen die Friedens-und Konfliktforschung stärker fördern. Wir unterstützen das Konzept von unbewaffneter, ziviler Krisenprävention. (2)
Die Antwort, die die Verfasser erhielten ging vollkommen an dieser Tatsache vorbei.
Hallo,

leider muss ich die PM ablehnen weil sie am Kern des Problems vorbeigeht.

Es gibt tatsächlich einen politische-legalen Grund gegen Teile des Einsatzes zu sein. Aber dies ist in dem PM-Entwurf nicht erfasst. Die Ausbildungsmission (EUTM) ist nun per UN Res + BT legitmiert. Aber die Tankflugzeuge sind Kriegunterstützend ohne UN Resulotion.
Die PM lehnt zu allgemein jegliche Beteiligung ab, ohne konkrete Problem zu benennen. UN funktioniert nur jedoch durch Unterstützung aller.

Gruß ... Martina
(sic)
Diese Antwort ist keine politische Stellungnahme, sondern eine technokratische. Entweder kennt man in Berlin nicht das Grundsatzprogramm, oder man möchte nicht, dass es bekannt wird? Es ging bei der beantragten Presseerklärung nicht darum eine juristische oder rechtliche Stellungnahme zum Einsatz abzugeben, sondern eine rein politische. Die Politik der militärischen Auslandseinsätze an Stelle von ziviler Krisenprävention sollte kritisiert werden. Es scheint aber, als ob das nicht erwünscht wäre.

P.S. Eine entsprechen technokratisch begründete Presseerklärung wurde allerdings m.W. auch nicht abgegeben.

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(1) http://jomenschenfreund.blogspot.de/2012/12/sind-die-piraten-eine-partei-der.html

(2) http://www.piratenpartei.de/wp-content/uploads/2012/11/Piratenpartei-Bochumer-Beschluesse.pdf Seite 70

1 Kommentar:

  1. Ich denke, das Partei-Establishment hat etwas gegen eine pointierte und vielleicht sogar mehrheitsfähige Friedenspolitik.

    Wer genau hinsieht erkennt, dass dagegen eine Strömung die keine Chancen hat eine Mehrheit zu erreichen, mit einer weitaus drastischeren Vorstellung und Pazifismus weniger angegriffen wird. (Nebenbei gehört: "Die haben sowieso keine Chance")

    Wenn man genau hinsieht, gibt es derzeit keine der Altparteien einschließlich Grünen, die es Ernst meinen mit dem Frieden. Will man sich Wege in die Koalition offen halten?

    Wie kann man das offensichtliche Boykottieren und das Ignorieren der AG und auch vom Grundsatzprogramm sonst erklären. Irgendwas scheint für gewisse Kreise ganz besonders unangenehm zu sein. Vielleicht weil ihr Vorstellungen artikuliert, die sehr wohl auch bei den Wählern mehrheitsfähig wären?

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