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Mittwoch, 7. Juni 2017

Saudi-Arabien VS Katar

Erweiterte Achse des schiitischen Widerstandes?
Saudi Arabien hat Katar eine Frist von 24 Stunden gesetzt, um sich 10 Forderungen zu unterwerfen. Dem Vernehmen nach sollen darunter die Auflösung von Al Jazeera sein, der Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit dem Iran, und ein Ende der Unterstützung der Moslem Bruderschaft, zu der auch die palästinensische Hamas gehört. Zu letzter Forderung scheint Katar ja schon bereit gewesen zu sein, und hat Hamas-Führer aus dem Land verwiesen, wie man in den Medien lesen konnte. Saudi Arabien geht so weit, mit militärischen Aktionen zu drohen, sollte Katar den Forderungen nicht nachkommen. Aber während Saudi-Arabien mit gerade mal 1000 Soldaten Bahrain übernehmen konnte, um den Diktator vor einer populären Revolution zu retten, wäre ein Krieg gegen Katar wesentlich unvorhersehbarer. Nicht nur wegen der durch Deutschland an den Kleinstaat gelieferten Waffen.

Interessant ist, dass das Pentagon, welches eine große Militärbasis in Katar unterhält, nicht in das Horn des Präsidenten Trump blies, und nichts zu den Terrorvorwürfen sagte, die Saudi-Arabien, ja ausgerechnet Saudi-Arabien, gegen Katar vorbrachte.

Während Katar vorwiegend die Salafisten bzw. Extremisten in Syrien unterstützte, die der Moslembruderschaft nahe standen, finanziert und unterstützt Saudi-Arabien die Abspaltung, die zur ISIS / Daesh führte. Al Jazeera wurde so zum Sprachrohr von Al-Kaida, während Al Arabiya, der Sender der Saudis, in erster Linie ISIS Propaganda verbreitet.

In Katar leben ca. 300.000 Einwohner und über 2 Millionen Gastarbeiter, wobei der Begriff in die Irre führt. Es handelt sich durchaus um qualifizierte Jobs, denn Katar verfügt über eine sehr entwickelte Infrastruktur, die dadurch aber auch sehr empfindlich gegen evt. Angriffe ist.

Die normalen Kataris, zu denen meine Familie auch persönliche Beziehungen hat, sind wesentlich weniger extremistisch als die Führung des Landes. Aber natürlich wollen sie ihr bequemes Leben nicht riskieren. Medizinische Versorgung ist kostenlose, ebenso wie Schulbesuche, für Heirat usw gibt es Zuschüsse, wer bauen will erhält ebenfalls Unterstützung. Wer kein Geld hat, erhält ein Grundeinkommen. Die Herrscher sind einfach zu großzügig um eine revolutionäre Stimmung aufkommen zu lassen. Frauen können problemlos in Katar auch alleine reisen, werden respektvoll behandelt und haben keinerlei Probleme, auch können andere Religionen ihre Gebetsstätten bauen. Insofern ist die Führung des Landes fortschrittlicher als die in Saudi-Arabien, wenn sie auch zur Bewahrung ihres Herrschaftsanspruches stark an der wahabitischen Ideologie hängt. Al Jazeera war bis zum Krieg gegen Syrien sogar ein Sender, der als Geheimtipp gegen die einseitige Berichterstattung der US-Sender gehandelt wurde. Ich verfolgte ihn regelmäßig als Alternative /Antidot zu CNN. Leider konnte aber die Führung des Landes nicht widerstehen, den Sender dann als Hauptinstrument im Propagandakrieg gegen Assad (und Saudi Arabien) einzusetzen.

Was die Situation brenzlig macht, ist die Tatsache, dass Saudi Arabien in finanzielle Engpässe geriet. Der lange anhaltende Krieg gegen den Jemen, die Unterstützung des Terrorismus in Syrien, die hohen Kosten für  Waffenkäufe in den USA, und der niedrige Ölpreis, lassen offensichtlich Begehrlichkeiten aufkommen, Gasfelder von Katar den Ölfeldern Saudi-Arabiens hinzu zu fügen. Und wie so oft, lauern andere auch auf eine Chance, und würden die Vereinigten Arabischen Emirate gerne strategische katarische Inseln im Golf übernehmen, auf bzw. bei denen ebenfalls reiche Bodenschätze schlummern.

Und so wurden Katar und Saudi-Arabien durch die USA und auch Deutschland hochgerüstet, und einige Rüstungemanager werden sich schon die Hände reiben, in Erwartung von Ersatzlieferungen. ...

Ägypten ist in den Chor der Kritiker des Landes eingetreten, weil Katar die Moslembruderschaft um den gewählten Präsidenten Morsi unterstützt hatte. Der bekannterweise durch einen Militärputsch entmachtet wurde, dessen Bewegung aber eine ständige Bedrohung in Ägypten darstellt und radikalisiert für viele Anschläge verantwortlich ist.

Analysten nahmen an, dass Katar schnell einlenken wird, um einen "RegimeChange" bzw. Krieg zu verhindern. Aber ich glaube, dass durch die Unterstützung der Türkei (auch Erdogan gehört im weitesten Sinn zur Moslembruderschaft), und anderer Länder, der Widerstand länger andauern kann als gedacht. Und sollte sich Katar unter dem Druck sogar entschließen, die Friedensbemühungen mit dem Iran fortzusetzen, statt die diplomatischen Beziehungen abzubrechen, könnte eine interessante Entwicklung nicht ausgeschlossen sein. Am Ende könnte sogar ein Glied dem "Schiitsche Halbmond des Widerstandes" hinzugefügt werden, das dem Erzfeind des Iran, Saudi-Arabien, in den Weichteilen steckt.

Diese Wendung könnte durchaus der üblichen Politik des "Teile und Herrsche" entgegenkommen, mit dem die USA ja den Irak gegen den Iran in den Krieg begleitet hatten. Aber es wäre natürlich eine gravierende Umwälzung der politischen Landschaft in der Region. Inwieweit durch eine solche Entwicklung die Bemühungen der USA zu einer Balkanisierung des Mittleren Ostens unterstützen würde, bliebe dann aber abzuwarten.

2 Kommentare:

  1. Heute wurde bekannt, dass der Iran die Sanktionen mit Direktflügen und Lieferung nach Katar durchbricht. Dies, obwohl der Iran in Syrien gegen Terroristen kämpft, die von Katar unterstützt werden /(oder wurden?). Ein genialer "persischer Schachzug", der die Umwälzungen, die im letzten Absatz des Artikels angedeutet werden, einleiten könnte.

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  2. Gerade gelesen, dass Erdogan türkisches Militär nach Katar schicken will ... Die Region kommt in Bewegung ...

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