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Montag, 17. Juli 2017

Libyen, ein erfolgreiches neokoloniales Projekt?

Screenshot aus einem Bericht über den
offensichtlich gefolterten Saif al-Islam
Als Stimmen aus Russland, China, aber auch aus Bloggerkreisen, dringend davor warnten, 2011 mit einem Luftkrieg die Infrastruktur Libyens zu zerstören und Oberst Gaddafi zu stürzen, schrien nicht nur die bekannten Protagonisten von "Bomben für Demokratie" auf und verleumdeten die Warner als Diktatorenfreunde, Schwarzmaler, Angsthasen und "Helfer eines Genozids". Nun inzwischen wissen wir alle, dass jene kleine Gruppe von Warnern recht hatte. Die angegebenen Kriegsgründe basierten auf Kriegslügen, Ziel war nicht, die Menschenrechte und Demokratie zu stärken, sondern einen unabhängigen Staat zu zerstören. Als Folge verschlechterte sich die Menschenrechtssituation dramatisch und war nie schlimmer als nach der Bombardierung Libyens, und nie waren Terrorismus, Chaos und Willkür in dem Land stärker verbreitet. Wir wissen, dass der Regime-Change in Libyen eine lange geplante Geheimdienstaktion westlicher Regierungen war, die sich dabei islamistischer Terroristen bedienten. Aber Libyens Gold lagert nun in den USA und niemand spricht mehr von einer afrikanischen Währung, die riesigen Ölreserven sind wieder in den "richtigen" Händen, während die Waffen des Landes nicht nur Nordafrika destabilisierten, sondern auch nützlich waren im Krieg gegen die legitime Regierung Syriens. Zurückblickend kann man sagen, dass der Missbrauch einer UNO Sicherheitsratsentscheidung, eine Flugverbotszone einzurichten, zur Zerstörung der Infrastruktur des Landes und dem Agieren als Luftwaffe von Aufständischen mutiert, zu einem Umdenken in Russland und China geführt haben. Sie werden nie mehr einer Flugverbotszone zustimmen und haben den letzten Glauben an Aussagen westlicher Diplomaten verloren. Mit der Bombardierung Libyens begann eine neue Phase der Blockbildung. Länder, die sich nicht der globalen Hegemonie der USA und ihrer Satelliten unterordnen wollen, sondern ihre Unabhängigkeit bewahren, erkannten, dass sie nur in einem neuen Block eine Chance haben.


Die Zerstörung Libyens hat nicht nur eines der besten Sozialsysteme der Welt zerstört, die Menschen in Terrorismus und Chaos geführt, sondern auch die Schleusen von illegalen Immigranten und Flüchtlingen nach Italien geöffnet. Ohne den Krieg der NATO gegen Libyen im Jahr 2011 gäbe es einen Großteil des "Flüchtlingsproblems" auch in Deutschland nicht. Aber in den Ruinen Libyens tobt nun ein neuer neokolonialer Krieg, der auch wieder wenig Aufmerksamkeit in Deutschland hervorruft. Diese neokoloniale Intrige gegen das Land betrifft die Zukunft von Gaddafis berühmten Sohn, Saif al-Islam Gaddafi.

Die USA, Großbritannien und die von ihnen beherrschte UNO Administration feuerten die Vereinigten Arabischen Emirate und ihre Verbündeten, darunter Frankreich und Jordanien, an, ihren Job in Libyen zu Ende zu bringen, indem sie den libyschen Armeekommandeur, General Khalifa Haftar dazu bringen sollten, seine Idee aufzugeben, Saif eine Rolle in der Zukunft Libyens einzuräumen. Die zunehmende Popularität des Sohns macht den Kolonialmächten Sorgen.

Außerdem veranstalteten die USA und ihre Verbündeten den so genannten "Abu Dhabi Prozess" um den Bürgerkrieg in Libyen durch eine Serie von Treffen des General Haftars mit führenden Politikern der westlichen Welt in ihrem Sinne zu einem Ende zu bringen. Haftar wird sich in Kürze auch mit dem neuen Präsidenten Frankreichs treffen.

Für den Westen ist Saif al-Islam ein Vertreter der alten Ordnung, der Unabhängigkeit und des den Neoliberalismus verweigernden Staates. Die USA, Großbritannien und die UNO-Verwaltung wollen Saif al-Islam in einem jahrelangen Gerichtsverfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag für die Politik des Landes ausschalten. Dass der IStGH inzwischen zu einem politischen Instrument des Neokolonialismus wurde, wird insbesondere in Afrika und Asien, aber auch zunehmend in westlichen Kreisen gesehen. 

Deshalb liegt die Annahme nahe, dass durch dieses Verfahren nicht nur seine politische Rolle in einer Versöhnung des Landes unmöglich gemacht werden soll, sondern dass er dadurch auch "aus dem Verkehr gezogen" werden soll, damit er nicht über seine und die Beziehungen seines Vaters zu westlichen Kreisen berichten kann, wenn er zurück auf der politischen Bühne und wieder im Scheinwerferlicht von Medien steht. Übrigens sollte man damit rechnen, dass er, scheitert dieses Manöver, eines unnatürlichen Todes sterben wird.

Saif soll für die Aktionen seines Vaters verantwortlich gemacht werden. Darunter für den Anschlag von Lockerbie, mit dem er ironischerweise nichts zu tun hatte, bis zu einem angeblichen Komplott in Absprache mit Katar, den saudischen König Abdullah zu töten. Der Westen manipulierte den politischen Prozess in Libyen so grundlegend, dass er kürzlich in der Lage war, General Haftar zu überzeugen, jede Art von Zusammenarbeit mit Saif al-Islam aufzugeben. Dabei hasst der Westen General Haftar, hauptsächlich wegen seiner engen Beziehungen zu Russland, aber da er ihn braucht, versucht er ihn zu instrumentalisieren, um die eigenen Pläne umzusetzen. Haftar ist mindestens ebenso populär in Libyen wie Saif. Sollte sich Haftar und Saif aber sogar einigen, wäre die "Teile und Herrsche" Politik gescheitert.

Der Westen soll auch in der Lage gewesen sein, ein Treffen der Stämme in Zitan am letzten Freitag so zu beeinflussen, dass angeblich eine Vereinbarung geschlossen wurde, den Anführer der Miliz, die bis vor kurzem Saif in Haft gehalten hatte, Ajmi al-Atiri, in Haft zu nehmen, ebenso wie Saif al-Islam. Für die VAE und die USA sind die Vorstellung, dass Saif al-Islam zu einer wichtigen Persönlichkeit der Versöhnung des Landes werden könnte, eine Horrorvorstellung.

Natürlich gibt es keinerlei Beweise gegen Saif al-Islam, die für eine Verurteilung vor dem IStGH ausreichen würden, trotzdem schafften es die westlichen Mächte, eine Zelle für ihn in Den Haag vorzuheizen. Während ein Versuch, das Militär für Massaker in Thailand 2010 verantwortlich zu machen, noch nicht einmal in eine Untersuchung mündeten, trotz aussagebereiter Kronzeugen. Was zeigt, wie sehr westliche Politik und Interessen über das Gericht und seine Verfahren entscheiden.


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