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Samstag, 28. Mai 2016

Wie funktioniert russische Propaganda?

Beispiel für antirussische Propaganda,
die gerne in Russland gezeigt wird
Im Westen wird ja das Narrativ verbreitet, dass die russische Presse gleichgeschaltet ist, keine dissidenten Meinungen erlaubt sind und alle Journalisten nach der Pfeife des Kreml tanzen. Ob Talkmaster in Öffentlich Rechtlichen Medien, Journalisten der "Leitmedien" (die eng mit der NATO verknüpft sind) als auch die meisten karrierebewussten Akademiker, beten dieses "Es gibt keine Meinungsfreiheit in Russland" herunter. Oder für die Propaganda im Ausland heißt es "Russland lügt und verdreht die Tatsachen". Wir sollten uns einmal anschauen, wie Russland seine Propaganda im Inneren organisiert, damit so hohe Zustimmungsraten zur Regierung entstehen, von denen westliche Regierungen nur träumen können, und wie es wiederum mit der Propaganda im Ausland aussieht.

Zunächst sollte man bemerkt haben, dass der ehemalige Geheimdienst KGB umbenannt und umorganisiert wurde. Im Westen weitgehend unerwähnt bleibt die Tatsache, dass die Abteilung, die sich mit Dissidenten beschäftige (genauer gesagt mit "Andersdenkenden", die als "Feinde des Staates" angesehen wurden, vollständig aufgelöst wurde. In Russland gibt es keine "ideologische Polizei". Natürlich sind einige Dinge in öffentlichen Reden verboten, genau wie in Deutschland, aber weniger als in den USA zum Beispiel. Dazu gehören das Werben für Terrorismus, Gewalt, Rassismus und Hass. Außerdem sind einzelne Organisationen verboten, dazu gehören der ukrainische rechtsextremistische "Rechte Sektor" oder die militante Tatarenorganisation "Mejlis", die gerne mal Strommasten sprengt.

Darüber hinaus gibt es jede Menge Kritik an Putin und der Regierung allgemein, und zwar insbesondere im russischen Internet (RuNet). Ein Teil der Kritik stammt von einer kleinen, pro-US-amerikanischen Minderheit, aber der größte Teil der Kritik kommt aus der eindeutig den USA feindlich eingestellten Teilen der Gesellschaft. Dazu gehören die Nationalisten, Kommunisten und Wirtschaftskritiker, die alle Putin als zu weich darstellen, und als nicht bereit, dem Westen die Stirn zu bieten. Anders als z.B. in der Ukraine, oder in einigen Partnerländer des Westens, insbesondere im Mittleren Osten, sind in Russland keine ausländischen Medienorganisationen verboten, ebensowenig ausländische Zeitungen oder Radio/Fernsehübertragungen. Auch wenn Gesetze, die nur das nachvollziehen, was z.B. in den USA seit Jahrzehnten praktiziert wird, im Westen gerne als Beweis für "Verbot abweichender Meinung" herangezogen wird.

Darüber hinaus liebt der russische Geldadel Putin absolut nicht. Und sie sprechen es auch offen aus. Auch in den russischen Medien.

Nachdem wir also gesehen haben, dass das Vorurteil, die russischen Medien wären gleich geschaltet und würden keine Kritik an der Regierung oder Putin zulassen, schauen wir uns den Vorwurf an, die Medien würden das Land mit Propaganda so beeinflussen, dass die Menschen unfähig sind, die Wahrheit zu erkennen. Wie sieht diese Propaganda aus?

Nun, man muss wissen, dass die Propaganda in der Sowjetunion inkompetent und vollkommen von der Bevölkerung durchschaut worden war. Nicht nur die gesamte Bevölkerung, sondern besonders die gerade in den Führungspositionen der Regierung und Medien an die Macht gekommenen Entscheider haben dies begriffen. Sie lernten aus den Fehlern der Sowjetunion und tun nun etwas, das diametral dem früheren Verhalten entgegen gesetzt ist. Statt die westlichen Medien für Russen unzugänglich zu machen, bringen sie so viel westliche Propaganda wie möglich in das russische Fernsehen. ... Zum großen Amüsement der russischen Zuschauer.

Die russische Propaganda folgt einem ganz einfachen Muster. Die populärsten russischen Fernseh-Talk-Runden ("Der Abend" mit Vladimir Soloview, "Die Zeit wird es zeigen" mit Petr Tolstoi, "Das Recht zu Wissen" mit Dimitri Kulikow, "Politik" mit Petr Tolstoi und Alexander Gordon, "Sonderkorrespondent" mit Evgenij Popow, "Nachrichten.doc" mit Olga Skabewa, "Das Duell" mit Wladimir Solowiew, geben folgenden Gruppen so viel Redezeit wie nur möglich:
Russischen Liberalen, Russisch sprechenden amerikanischen Journalisten, Russisch sprechenden polnischen Beamten und Journalisten, ukrainischen Nationalisten.

Dies vier Gruppen erscheinen ständig in allen diesen Talkshows und erhalten umfangreiche Redezeiten. Überrascht? Nun diese Protagonisten der westlichen Propaganda erzählen genau den selben Unsinn wie im Westen, nur dass die Menschen in Russland viel leichter den Schwachsinn erkennen, den sie erzählen.

Und damit auch wirklich kein Russe verpasst, was an anti-russischer Propaganda im Westen verbreitet wird, gibt es Wochenrückblicke ("Neuigkeiten der Woche" mit Dimitri Kiselew, "Postscriptum" mit Alexei Pushkow, die anti russische Aussagen von westlichen Politikern umfangreich und in großer Ausführlichkeit, wiederholen.

Je bösartiger und ausführlicher die Warnungen vor einem gefährlichen Russland, einem "betrunkenen, verletzten Bären", einem Putin, der die Sowjetunion auferstehen lassen will usw. desto größer der Lacherfolg der russischen Zuschauer und Leser.

UKRAINER, POLEN

Und so ergibt sich für das russische Publikum, alleine durch die Selbstdarstellung der Gegner Russlands, ein Bild, das die ukrainischen rechtsextremistischen Nationalisten als Clowns erscheinen lässt, und die polnischen "Brüder" als Angsthasen, die sich hinter einem großen Bruder verstecken. Denn kein Russe kann sich vorstellen, dass Russland jemals Polen militärisch angreifen würde. Die russophoben Äußerungen polnischer und ukrainischer Talkshowteilnehmer treibt manchem Russen Lachtränen in die Augen.

AMERIKANER

Amerikanische Journalisten werden auch gerne gehört, wenn sie russisch sprechen können. Sie hören sich oft an als ob sie im Kalten Krieg stecken geblieben wären, und wären sie im Fernsehen ihre Meinung verbreiten, behaupten sie, es gäbe keine freien Medien in Russland. Sie machen sich durch ihre Aussagen meist lächerlich, ohne dass es eines Kommentares bedarf.

LIBERALE

Die Bezeichnung "Liberal" oder "Demokrat" grenzt inzwischen in Russland an eine Beleidigung. Zu gut ist in Erinnerung, wie die Liberalen das Land nach der Auflösung der Sowjetunion verschachert haben, Milliardäre erzeugten, und die Wirtschaft in Ruinen ließ. Deshalb wirken auch viele Aussagen, die Liberale machen, wie gelebter Witz für Russen an. Der Horror der 1990er Jahre ist noch längst nicht vergessen.

PROPAGANDA IM AUSLAND


Zum Abschluss der Hinweis, dass diese Art der Inlandspropaganda natürlich vollkommen anders ist, als diejenige, die Russia Today mit seinen fremdsprachigen Programmen realisiert. Bei Russia Today geht es darum Salz in vorhandene Wunden zu streuen, Lügen zu entblößen, Minderheiten insbesondere in den westlichen Staaten aber auch den Golfstaaten, zu Wort kommen zu lassen. Und bei Russia Today finden Dokumentarfilmer dankbare Abnehmer für Produktionen, die letztere sonst im Westen nicht absetzen können, oder die oft nur einmalig in alternativen Kanälen gesendet werden, und dann verschwinden. Falschmeldungen in westlichen Medien werden natürlich besonders gerne offenbart, während sie sich im Westen entweder nicht oder nur im fast Geheimen outen. Und in Russia Today erhalten immer öfter zwei entgegengesetzte Meinungen ein Forum, in dem der Moderator lange Aussagen zulässt und meist nur lenkend eingreift. In Russia Today werden UN-Sicherheitsratsitzungen, Pressekonferenzen oder andere Veranstaltungen, oft in voller Länge, ungeschnitten angeboten. Russia Today versucht das zu bieten, was in westlichen Medien eben nicht mehr, oder kaum noch vertreten ist, füllt eine Lücke.

Es ist schon gemein, auf diese perfide Art Propaganda zu betreiben.

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