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Freitag, 10. Juli 2015

Angst vor NATO beschleunigt BRICS+SCO Wachstum

SCO-Staaten
Die Erfahrungen der Irakkriege, des Afghanistankrieges, des Krieges gegen Libyen, des Terrorkrieges gegen Syrien und schließlich das Verhalten des Westens in der Ukraine-Krise, hat eine Dynamik ausgelöst, die ich mit den ersten Russland-Sanktionen voraus gesagt hatte: Die BRICS-Erweiterung und Verschmelzung mit dem Verteidigungsbündnis Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO), bekommt eine ungeahnte Dynamik.


VORGESCHICHTE


Putin, der fließend Deutsch spricht, und viele Sympathien für Deutschland und Westeuropa hat, versuchte viele Jahre, sich dem Westen förmlich anzubiedern. Der Georgienkrieg 2008, ausgelöst durch einen Angriff des inzwischen mit Haftbefehl in seinem Land gesuchten ehemaligen Präsidenten Sakaschwili, gegen Südossetien, war durch einen russischen Gegenangriff beantwortet worden. Ein klares Zeichen "Bis hierhin und nicht weiter". In westlichen Medien wurde der Krieg stattdessen als Aggression Russlands dargestellt. Sakaschweli, der inzwischen in der Ukraine als Gouverneur einer von Kiew besetzten ostukrainischen Stadt agiert, erhält logischerweise das Gehalt seiner Mitarbeiter direkt vom US-Botschafter in der Ukraine.

Wer die Geschichte der Osterweiterung der NATO begriffen hat, wird erkennen, dass die EU lediglich als Werkzeug diente, um die NATO an die Grenzen Russlands voran zu treiben. Sakwa drückte es in seinem Buch "Frontline Ukraine" so aus:
"Noch schlimmer, entstand zunehmend die Auffassung, dass die EU-Vergrößerung fast automatisch der Vorläufer einer NATO-Erweiterung sein musste. Es gab eine überwältigende geopolitische Logik innerhalb der EU-Erweiterung. Obwohl zum Beispiel viele Mitgliedsstaaten die Bereitschaft Bulgariens und Rumäniens zur Mitgliedschaft in der EU kritisch sahen, gab es die Befürchtung, dass sie wegdriften könnten, und zu westlichen Versionen der Ukraine würden. Das Projekt der wirtschaftlichen Integration Europas, und des damit verbundenen Friedensprozesses, verband sich endgültig mit der Euro-Atlantischen Sicherheits-Partnerschaft. Was ein verhängnisvoller Fehlgriff war, der die Rationale beider Sicherheitspartner unterminierte, und am Ende die Ukraine-Krise provozierte, die Gegenstand dieses Buches ist."
Die EU diente den USA lediglich als dienstbarer Geist, um Militärbasen immer näher an den Grenzen Russlands zu beschaffen. Gleichzeitig wurde hierdurch der Plan verfolgt, und fast erfüllt, Russland und Deutschland, durch einen Gürtel von durch die USA kontrollierten Staaten zu trennen, um eine Annäherung Deutschlands und Russlands zu verhindern. Wie Startfor-Gründer Friedman so bildreich erklärte.   

Über Jahrzehnte hatte die USA eine Politik verfolgt, in der sie Länder gegeneinander aufhetzte. Im Iran-Irak-Krieg belieferte sie beide Seiten mit Waffen, im Konflikt zwischen China und Indien ergriff sie Partei für Indien und unterstützte Indien mit Atom-Know-How, obwohl die USA bis dahin jedes Land, das zur Atommacht aufsteigen wollte, mit Sanktionen bestraft hatte. Die Hoffnung war, Indien gegen China aufstellen zu können. Und im Indien-Pakistan-Konflikt war die USA bemüht, die Flamme durch Unterstützung verschiedener Aufstände am Flackern zu halten, aber einen atomaren Konflikt zu verhindern. Was der als "Verschwörungstheoretiker" gebrandmarkte Chossudovsky über US- Geheimdienstoperationen in Indien und Pakistan schrieb, erhält heute, nach WikiLeaks und Snowden-Veröffentlichungen, sowie durch Erkenntnisse über die Zusammenarbeit der USA mit AlKaida und ISIS große Glaubwürdigkeit.

 

BRICS UND SCO


Nachdem Putin, und mit ihm ganz Russland (die Zustimmung zu seiner Politik beträgt von westlichen Beobachtern anerkannt über 85%), angesichts der Ukraine-Krise mit dem Westen brachen, konzentrierte sich Russland auf die Beziehungen in Richtung Asien. Und diese Länder wiederum erkannten mit Erschrecken, wie die USA, und die von ihr abhängigen Länder, selbst eine Weltmacht wie Russland behandeln, und offen mit Krieg drohen. Ihnen wurde klar, dass jedes Land jederzeit Opfer eines RegimeChanges, oder eines Angriffskrieges, organisiert durch die USA werden könnte. Und so spielte die Konfrontation der NATO gegen Russland eine entscheidende Rolle dabei, diese Länder dazu zu bringen, ihre alten Rivalitäten, angesichts einer viel größeren Bedrohung, zu überwinden. Sie schließen sich zusammen, um einen neuen Block gegen den westlichen Hegemonieanspruch zu gründen, und haben dabei die Wachstumswahrscheinlichkeit auf ihrer Seite.

 

DIE VEREINBARUNGEN VOM JULI 2015


In meinem Artikel vom 14. April und 17. Mai, in Erwartung der Gipfeltreffen der BRICS und SCO-Staaten in der russischen Stadt Ufa, deutete ich bereits an, was zu erwarten war. Aber die Erwartungen wurden noch übertroffen. Schauen wir uns die vermutliche Liste der erwarteten Ergebnisse an:

 

KOOPERATION MIT DER MONGOLEI


Wer die neue Karte der SCO sieht, erkennt ein Loch zwischen Indien und Russland. Die Mongolei. Dieses Loch dürfte bald geschlossen werden. Die Kooperation mit der Mongolei wurde intensiviert, und Putin betonte das große Potential der Kooperation zwischen China, der Mongolei und Russland. Und so hat die Mongolei angeboten, eine geplant Pipeline-Trasse von Russland nach China, durch die Mongolei zu führen, um die bergige Altai Region, die hohe Kosten für die Pipelinebauer verursacht, zu umgehen.

 

BRICS BAUT DEVISENRESERVEN AUF


Die BRICS-Länder beschlossen, weitere Devisenreserven in Höhe von 100 Milliarden US$ aufzubauen. Dabei wollen die BRICS-Länder aber gleichzeitig aus dem Dollar aussteigen.

 

DOLLARAUSSTIEG


Eine der wichtigsten Entscheidungen ist sicher, den gemeinsamen Handel nicht mehr durch Umrechnung über den Dollar zu organisieren, sondern durch die Verwendung der nationalen Währungen. Die BRICS-Nationen sind in 75% des Welthandels verwickelt. Ein immer größerer Teil findet zwischen den BRICS-Nationen statt. Der Handel zwischen Russland und China soll im Jahr 2015 um 100 Milliarden $ zunehmen, und die Verwendung der nationalen Währungen im Handel hat seit dem letzten Jahr um mehr als 800% zugenommen.

 

BRICS-ENTWICKLUNGS-BANK


Jahrelang hatten die BRICS-Staaten eine Reform der Weltbank und des IWF gefordert. Ergebnislos. Die neue BRICS-Entwicklungs-Bank, die als Konkurrenz zur von den USA dominierten Weltbank gedacht ist, wird ab 2016 den Betrieb aufnehmen. Weltbank und IWF werden als in erster Linie den Interessen der USA dienend, angesehen.

 

INDIEN WIRD SCO-MITGLIED


Indien hat offiziell den Antrag gestellt, Mitglied der SCO zu werden. Damit ist die US-Politik gescheitert, Indien zur Eindämmung Chinas zu missbrauchen. Vielmehr stellt sich Indien nun an die Seite Chinas, und das in einem gemeinsamen Verteidigungspakt.
 

 

PAKISTAN WIRD SCO-MITGLIED


Noch schlimmer, wird auch Pakistan seinen Antrag einreichen, ein vollwertiges Mitglied in dieser Organisation zu werden. China, Russland Kasachstan, Tadschikistan, Kirgistan, Usbekistan, Indien und Pakistan, als Mitglieder mit Afghanistan, der Mongolei, Weißrussland, dem Iran als Beobachter und der Türkei und Sri Lanka als Dialogpartner, wird die SCO zu einemMachtblock, mit dem nun jeder rechnen muss, der sich mit Russland oder China anlegt.

 

INFRASTRUKTUR UND INNOVATIONSPROJEKTE


China ist bekannt dafür, dass das Land nicht nur Dinge ankündigt, sondern sie auch umsetzt. Und nun gilt das auch für BRICS und SCO. Einige riesige Infrastrukturprojekte wurden offiziell angekündigt. Die meisten fallen wohl unter die Pläne Chinas für eine "Neue Seidenstraße", durch die die kontinentale Landmasse enger vernetzt werden soll. Mit dem Hochgeschwindigkeitszug in 2 Tagen oder noch schneller, von Peking nach Moskau, ist nur ein Beispiel. Eine Güterzugverbindung wurde schon stillschweigend eingeweiht. Daneben gehören Pipelines, Straßen und Schiffsverbindungen mit neuen oder vergrößerten Häfen zu den Plänen.


ZUSAMMENARBEIT BEI TERRORISMUSBEKÄMPFUNG


Wohl unter dem Eindruck der Unterstützung von Terrororganisationen durch die USA in Syrien und dem Irak, Tscheschenien, Pakistan, Indien und angeblich auch China, (mal abgesehen von Todesschwadronen in Südamerika,) wollen die BRICS-Staaten ihre früheren Feindseligkeiten, die teilweise aus diesen Aktivitäten entstanden waren, überwinden, und gemeinsam gegen Terrorismus kämpfen. Ob damit auch die Niederschlagung von zivilen Aufständen verbunden sein wird, kann nicht ausgeschlossen werden, wurde aber letztendlich durch den Missbrauch solcher Bewegungen, verursacht.

 

BRICS ENTWICKELT STRATEGIEN GEGEN HUNGER


Die BRICS-Staaten haben erklärt, Strategien zu entwickeln, um die am meisten von Hunger gefährdeten Gebiete zu schützen. Davon dürfte insbesondere Indien profitieren. Das Land, das zuletzt aus den Verhandlungen über einen Freihandel mit den USA ausgestiegen war, weil man es zwingen wollte, auf Lebensmittelsubventionen zu verzichten.

 

STRATEGIE GEGEN ÖLPREISSCHWANKUNGEN


Die Haushalte der Gemeinschaft wollen sich gegen Fluktuationen der Ölpreise stärker absichern, und das gemeinsam.

 

KOOPERATION GEGEN GLOBALE HERAUSFORDERUNGEN


Gemeint ist, dass sich die BRICS-Länder gemeinsam gegen den US-Hegemonie-Anspruch wehren wollen, und damit in Konfrontation zur NATO gehen.

 

AUFNAHME VOM IRAN ANGEKÜNDIGT


Sobald die Sanktionen der UNO gegen den Iran aufgehoben sind, soll eine Vollmitgliedschaft in die Wege geleitet werden. Darüber hinaus soll die Zusammenarbeit mit der Türkei, mit Indonesien, Mexiko, Ägypten, Argentinien, Nigeria und Griechenland, die alle Interesse an einer Beteiligung an der BRICS-Gruppe geäußert haben, verstärkt werden. Wobei Griechenland, solange es EU-Mitglied ist, kein BRICS-Mitglied werden kann.

 

GESCHICHTSVERFÄLSCHUNG


Die BRICS-Nationen haben sich dafür ausgesprochen, sich gegen eine Umschreibung der Geschichte zu wehren. Gemeint ist damit vermutlich auch die tatsächliche und angebliche Rolle der USA während und nach dem 2. Weltkrieg, bis hin zur Ukraine-Krise.

 

AUSSICHTEN


Die Konrad Adenauer Stiftung wiegelt ab und nennt die Entwicklungen in und um BRICS "russische Symbolpolitik".  Hochbezahlte Politikwissenschafter, durch unsere Steuergelder finanziert, haben wohl diese Meinung, wenn Sie für eine CDU-nahe Stiftung arbeiten. Ich denke anders darüber.

Für mich ist die Dynamik, die sich in den letzten Monaten gezeigt hat, nach der jahrelangen zähen Entwicklung innerhalb der BRICS und SCO-Staaten, sogar größer als ich es erwartet hatte. Hier entwickelt sich etwas, mit dem der große Hegemon wohl nicht gerechnet hat. Nämlich dass Länder ihre Erbfeindschaft begraben, weil sie die größere Bedrohung erkannten. Und einen großen Anteil an der Entwicklung dürften der russische Außenminister Lawrow und der Präsident Russlands, Putin, haben. Was sie zu noch größeren Feinden der USA machen dürfte.

Die Karten der Weltpolitik werden neu gemischt. Und der Weg in eine multipolare Welt, in der Gesellschaften respektvoll und fair miteinander umgehen, weil es keinen alles beherrschenden und dominierenden Machtfaktor mehr gibt, der nach Belieben seinen Willen durchsetzen kann, erscheint wieder als Möglichkeit am Horizont.

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