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Sonntag, 24. Juli 2016

Gibt Trump Welt Hoffnung auf Multipolarität?

Donald Trump Bildquelle: Wikipedia
Der nun doch nominierte US-Präsidentschaftskandidat der Republikaner, Donald Trump fordert 70 Jahre Außenpolitik der USA heraus, und wird dafür von vielen Transatlantikern diesseits und jenseits des Atlantiks abgrundtief gehasst. Andere wiederum sehen seine Sicht auf die Außenpolitik der USA als Hoffnungsschimmer, dass sich unter einem Präsidenten Trump ein neuer großer Krieg verhindern lässt, und die "Neue Weltordnung", die von den Neokonservativen geplant ist, doch noch scheitert. Außerhalb der USA hoffen immer mehr, dass Trump den Weg zu einer multipolaren Welt, ohne Umweg über einen Krieg, ebnen könnte.  Wie grundsätzlich die Ablehnung der Außenpolitik der USA durch Trump ist, macht ein Artikel von Justin Raimondo vom 22. Juli 2016 klar:

"... Diese Wahlperiode macht so viel Spaß, weil Donald Trump damit fortfährt, die Richtigen zu ärgern - und sein Timing ist perfekt. Gerade, als der Parteikonvent der Republikaner auf seinem Höhepunkt war, und er sich mit seinem Anwärter auf den Vize-Präsidentenjob auf dem Podium präsentierte, der sich lang und breit über die angebliche Bedrohung durch Wladimir Putin ausließ, kommt Donald mit einem Interview in der New York Times daher, die die Kriegspartei aufschreien, und ihn einen blutigen Mörder nennen lässt. Der Chef der NATO, die Gurus der Außenpolitik, selbst einige angeblichen "Nichtinterventionisten", sie alle sind entgeistert darüber, dass Trump die angeblich heiligen Stolperdrähte in Frage stellt, die uns verpflichten, Krieg mit Unter-Slobbowia anzufangen, falls das Land eine Invasion von Unter-Slobbowia beginnt.

Ich begann diesen Artikel, in dem Trumps Ansichten über die NATO, den Putsch in der Türkei und andere Angelegenheiten zusammen fasste, aber diese Aussagen verursachten so viel Aufregung, dass die Times das vollständige Interview veröffentlichte. Und es lohnt sich wirklich, einen Blick darauf zu werfen, denn es sind gute Nachrichten für uns, die wir uns Militärinterventionen entgegen stellen, und sehr schlechte Neuigkeiten für die Internationalisten [Exeptionalisten] d.h. das gesamte politische Establishment der Außenpolitik.

Es begann damit, als der Times-Reporter David Sanger versuchte, ihm einen Köder auszulegen, Paul Rayan anzugreifen, indem er sagte, dass dieser "eine viel größere Tradition der Republikaner repräsentieren würde, mit einer internationalen engagierten Sicht auf die Welt". Dann erinnerte Sanger Trump an dessen vorherigen Kommentare zur NATO: dass unsere faulen "Alliierten endlich ihren fairen Anteil an den Kosten für die Allianz tragen müssen". Sanger fügte Korea und Japan hinzu und fragte: Was wenn sie nicht zahlen? Was dann?

Trumps Antwort ist typisch Trump: "Dann ja, dann wäre ich absolut bereit diesen Ländern zu sagen: "Glückwunsch, Sie können sich jetzt selbst verteidigen".

Daraufhin wird er von Sanger herausgefordert, ... der behauptete, dass unser System von Allianzen wegen "der Wirtschaft" [des Handels] auch in unserem Interesse ist.

Kann sich Sanger vorstellen, dass Russland den trans-atlantischen Handel irgendwie anhalten wird? Das ist nicht klar, aber Tump antwortet ihm mit den Worten, dass es im "gegenseitigen Interesse" wäre, indem unsere Partner ihren Teil der Belastung tragen. Mit seinen eigenen Argumenten geschlagen, weil selbst Präsident Obama, ebenso wie traditionelle Republikaner wie Robert Gates sich darüber beschweren, dass unsere Verbündeten nicht bezahlen, verlagerte sich Sanger auf interventionistische Argumente:
"... Selbst wenn sie keinen Cent mehr bezahlen würden, glauben viele, dass die Art und Weise, in der wir unsere Führerschaft seit dem 2. Weltkrieg behauptet haben, mit der Fähigkeit zu tun hat, Macht auf der ganzen Welt zu demonstrieren. Das ist der Grund, warum wir so viele Diplomaten haben ..."

Trumps Antwort ist perfekt:
"... Wie hilft uns das? Wie hat uns das geholfen? Wir haben ein massives Handelsbilanzdefizit mit der Welt. Ich könnte dem ARgument folgen, wenn wir statt eines Defizites in Höhe von 800 Milliarden US-Dollar, einen Überschuss von sagen wir 100, 200 oder 800 Milliarden US-Dollar hätten. Also wieso hat uns das geholfen?..."

Hier stieß Trump auf das kleine schmutzige Geheimnis der Nachkriegs-Sicherheitsarchitektur, die so beliebt bei unserer Elite ist: Für das Privileg für ihre Verteidigung zu sorgen, und im Endeffekt durch die Besetzung unserer Verbündeten, besser gesagt Satelliten, erlauben wir Ihnen, unsere Märkte mit zollfreien Waren zu überschwemmen, während diese ihre Märkte mit tarifären und nicht tarifären Barrieren und Subventionen abschotten.

Wie es der der alte Ökonom und Prophet des Imperiums, Garet Garrett, beim Ausklang des Kalten Krieges beschrieb, ist es ein seltsames Imperium, "in dem Alles raus geht, und nichts rein kommt". 
TRUMP UND KOREA

Es ist wirklich interessant zu sehen, wie Sanger zum Verteidiger unserer Rolle als "die unentbehrliche Nation" wird. Um fair zu sein, ist es natürlich sein Job, den Kandidaten heraus zu fordern, und heraus zu finden, wie Trump zugunsten einer neuen [Außen]Politik argumentiert. Einer Politik, die die Grenzen der [eigenen] Macht anerkennt. In ihrer Diskussion über die US-Präsenz in Südkorea, argumentiert Sanger, dass dies Krieg verhindert hätte. Aber Trump entgegnet, dass es lediglich zu einer Radikalisierung und atomaren Bewaffung Nordkoreas geführt hätte, und malt die Möglichkeit eines wirklich katastrophalen Konfliktes an die Wand, in der 28.000 amerikanische Soldaten, die in Südvietnam stationiert sind, praktisch unmittelbar eingeäschert werden könnten. Aber Trump geht sogar noch darüber hinaus, indem er argumentiert, dass in dem Fall, dass wir nicht interveniert hätten, nicht schon von Anfang an Truppen stationiert hätten, die Dinge vielleicht anders ausgegangen wären:
"... Vielleicht hätten wir heute ein vereinigtes Korea. Wer weiß schon, was passiert wäre? In der Zwischenzeit ... was haben wir getan? Wir haben also den Frieden erhalten, aber in der Zwischenzeit zugelassen, dass Nord-Korea stärker und stärker wurde, und immer mehr Kernwaffen entwickelt und produziert ... und Sie sagen wirklich "Nun, das ist eine gute Sache"?..."

Tatsache ist, dass die Koreaner einer Einigung während der Bush-Regierungszeit näher gekommen waren, aber dass die Neocons einschritten und erstickten, was als hoffnungsvoller Prozess der Aussöhnung und Wiedervereinigung begonnen hatte. Darüber hatte ich hier und hier geschrieben.

Und dann legte Donald Trump erst richtig los, in dem er auf seinen Kernpunkt zurück kam:
"... Ich sage nur eins. Wir geben Geld aus, und wir reden über Handel, wir verlieren unglaublich viel Geld, nach meinen Statistiken 800 Milliarden US-Dollar als jährliches Handelsdefizit. Aber wir geben ein Vermögen für das Militär aus, um 800 Milliarden US-Dollar Defizit zu erzeugen. Das klingt mir nicht sehr klug. Auch müssen Sie verstehen, dass wir nicht mehr in dem Land vor 40 Jahren leben. Wir sind nicht das selbe Land wie damals und die Welt ist nicht die selbe Welt. Unser Land hat Schulden in Höhe von 19 Billionen US-Dollar, mit einem Trend zu 21 Billionen auf Grund des verabschiedeten Zusatzbudgets, was unglaublich ist. Wir können uns nicht den Luxus erlauben, weiter zu machen, was wir bisher taten, wir können es uns nicht leisten, denn das ist ein Luxus. Wir müssen andere für uns zahlen lassen, viel mehr als bisher, denn sie bezahlen nur einen Bruchteil der Kosten..."

Sanger, geschlagen, kann nur auf eine logische Schlussfolgerung von Trumps Außenpolitik hinweisen: "Oder die Bürde selbst übernehmen". Trump war darauf vorbereitet:
"... In einer Verhandlung muss man immver bereit sein, sich zu bewegen. Hillary Clinton sagte: "Wir werden uns niemals bewegen". Das ist ein wunderbarer Satz, aber unglücklicherweise, wenn ich ich auf der Seite von Saudi Arabien, Deutschland, Japan, Südkorea, oder anderer Länder wäre, würde ich sagen: "Oh sie werden uns niemals verlassen, warum sollen wir sie dann bezahlen?" Macht das für Sie Sinn, David? ..."

Sanger ist gezwungen zuzugeben: "Ja, sicher, aber ..." und zieht sich zurück auf die weitreichende Frage, wie wir die USA verteidigen wollen ... falls es einen Angriff auf das Amerika außerhalb des Kontinents geben sollte. Trump antwortet mit der eher offensichtlichen Antwort, dass wir jederzeit Truppen dort hin bringen können "und das wäre viel billiger".

Erschöpft von der Zurückweisung, wechselt Sanger zu "derzeitigen Ereignissen", dem Militärputsch in der Türkei. Sollten wir unsere Nase nicht auch in dieses Durcheinander stecken, weil Erdogan seine Bürger rechts und links einsperrt? Trump sagt nein, und das auf einer bemerkenswerten Art:
"... Ich glaube, gerade jetzt, wenn es um Bürgerrechte geht, hat unser Land selbst eine Menge Probleme, und ich denke, es sollte schwer für uns sein, uns in anderen Ländern einzumischen, wenn wir nicht wissen, was wir tun, und wir nicht einmal unser eigenes Land in Ordnung halten können. Wir haben riesige Probleme, wenn Polizisten in den Straßen erschossen werden, wenn es Aufstände gibt, wie in Ferguson. Wenn es Baltimore gibt. Wenn man all die Dinge sieht, die derzeit in diesem Land passieren, dann haben wir Probleme, und ich denke wir sollten uns auf diese Probleme fokussieren. Wenn die Welt sieht, wie schlecht die Vereinigten Staaten sind, und wir dann raus gehen und über Bürgerrechte predigen, denke ich, dass wir keine guten Boten sind...."

Wer sind wir denn, dass wir der Welt lehren wollen, wenn wir selbst nicht in Ordnung sind? Ich wette, dass Sanger nicht erwartet hatte, diese Ansicht zu hören, und, offen gesagt, ich erwartete das auch nicht. Trump macht weiter damit uns zu überraschen, durch seinen gesunden Menschenverstand, und seinem Willen, die Wahrheit auszusprechen, egal wie sehr es gegen die Empfindlichkeiten der politischen Klasse des Landes geht - einer Klasse, die so eingebildet ist, dass sie den Kontakt zur Realität verloren hat, die die meisten Amerikaner problemlos erkennen. Deshalb ist Trump so schnell, so weit gekommen. 

Was die Kriegs-Partei wirklich außer Fassung geraten ließ war die Weigerung Trumps, mit Russland in einen Krieg einzutreten, wegen kleiner Streitigkeiten Russlands mit den Baltischen Staaten, die nun seit langem über eine angebliche "russische Aggression" palavern. Sanger kanalisiert diese Behauptungen indem er die Russen beschuldigt, provozierende Dinge zu machen - ohne natürlich die beispiellosen NATO-"Übungen" direkt an Russlands Grenze zu erwähnen - und beschreibt ein Szenario, in dem Russland "über die Grenzen nach Estland oder Lettland, Litauen kommt, Länder, an die die USA nicht so oft denken, würden Sie zur sofortigen Hilfe kommen?" Als Trump nicht mit einem bedingungslosen JA antwortet, setzt Sanger nach: "Sie sind NATO-Mitglieder, und wir haben vertragliche Verpflichtungen".

Das ist so nicht richtig. Artikel 5 des NATO-Vertrages sagt aus, dass jedes NATO-Mitglied im Fall des Angriffs auf ein anderes Mitglied, "die Maßnahmen ergreifen soll, die es für notwendig erachtet". Die republikanische Opposition gegen den NATO-Vertrag von 1949, angeführt durch den "Mr. Republikaner" Senator Robert A. Taft, hätte den Vertrag zum Scheitern gebracht, wäre eine auch nur geringfügig stärkere Verpflichtung in der Sprache des Vertrages benutzt worden. Da weder Sanger noch Trump zu wissen scheinen, was der NATO-Vertrag wirklich aussagt, geht die Diskussion dann so weiter:
"... Trump: Wir haben viele NATO-Mitglieder, die ihre Rechnungen nicht bezahlen.

Sanger: Das ist richtig, aber wir sind in der NATO vertraglich verpflichtet, vergessen Sie den Teil der Rechnungen.

Trump: Das mit den Rechnungen kann man nicht vergessen. Sie haben Verpflichtungen Zahlungen zu leisten. Viele NATO-Nationen machen diese Zahlungen nicht ... Das ist ein wichtiges Ding. Sie können nicht sagen, dass man das einfach vergessen sollte.

Sanger: Meine Frage ist hier, können die Mitglieder der NATO, einschließlich der neuen Mitglieder in den baltischen Ländern, darauf zählen, dass die USA mit ihrem Militär zur Hilfe kommen, wenn sie durch Russland angegriffen werden? Können Sie auf uns zählen, dass wir unsere Verpflichtungen erfüllen werden?

Trump: Haben sie ihre Verpflichtungen uns gegenüber erfüllt? Wen Sie ihre Verpflichtungen erfüllt haben, ist die Antwort Ja. ... "

Von den drei Baltischen Staaten erfüllt nur Estland, ganz knapp, seine Verpflichtungen gegenüber der NATO. Und wenn wir den riesigen Betrag von militärischer und anderer Hilfe abziehen, die wir an Estland leisten, steht ihr Konto in roten Zahlen. Lettland und Litauen sind ähnlich mit US-Steuerzahler-Geldern überschüttet worden, und sie versuchen nicht einmal, ihre Verpflichtungen gegenüber der NATO zu erfüllen.

Darüber hinaus hat Estland Russland durch ihre Politik gegenüber den seit Generationen in ihrem Land lebenden Russen provoziert, indem sie ihnen die Staatsangehörigkeit aberkannten. Als Estland seine Unabhängigkeit von der früheren UDSSR erklärte, gewährte es die Staatsangehörigkeit nur solchen Bürgern, die dort seit 1940 lebten, was hunderttausende von Bürgern und ihre Abkömmlinge außen vor ließ, mit der Bedrohung jederzeit ausgewiesen werden zu können. Zur Zeit sind fast 7% der Estländer staatenlose ethnische Russen. Sie können bei nationalen Wahlen nicht wählen, und werden im Wohnungs- und Arbeitsmarkt systematisch diskriminiert. Es ist ironisch, dass die gleichen Leute, die Trump wegen seiner Gegnerschaft zur Immigrationspolitik, die Politik einer Regierung verteidigen, die de fakto eine Mauer gebaut hat, um einen Großteil der Bevölkerung, alleine aus ethnischen Gründen, auszuschließen.

CLINTON UND DER 3.WELTKRIEG
Es ist wirklich lustig zu sehen, wie die Neokonservativen auf der rechten Seite des politischen Spektrums, und die Clintonisten auf der Linken, vereint sind in ihrem Aufschrei gegen Trumps Weigerung, den 3. Weltkrieg mit den Russen anzufangen. Jeffrey Goldberg hatte erklärt, dass "Hillary Clinton tritt gegen Wladimir Putin an". Und Frau Clinton ihrerseits, hat eine Stellungnahme veröffentlicht, das so ungefähr alles behauptet, außer dass Trump ein Kandidat der Mandschurei sei. Der Neokonservative Jamie Kirchick, sprach sich in einem bizarren Artikel in der Los Angeles Times für einen Militärputsch gegen Trump aus, sollte er gewählt werden. Dabei zitierte er die erfolgreiche Aktivität der Trump Kampagne, zu verhindern, dass in das republikanische Wahlprogramm ein Passus aufgenommen wurde, der dazu aufrief, die ukrainische Regierung mit Offensiv-Waffen auszurüsten, was Grund wäre, ihn als Präsidenten zu stürzen. Ähnlich griff Clinton Trump wegen der gleichen Sache an, gerade so als ob das amerikanische Volk darauf warten würde, einen militärischen Konflikt in Europa vom Zaun zu brechen, zu Gunsten einer korrupten Kleptokratie, die durch den Sturz eines gewählten Präsidenten an die Macht gekommen war.

Wir haben keine solche Schmähkampagne mehr gesehen, seit dem Winter des Kalten Krieges, als jeder, der sich weigerte "einen Kommunisten unter dem Bett" zu vermuten, als "subversiv" denunziert wurde, und vor eine Inquisition des Kongresses gezerrt wurde. Beide Flügel der Kriegspartei sind vereinigt in ihrem Hass auf Trumps Politik "Amerika zuerst", mit dem man sich auf die eigenen Angelegenheiten konzentriert und aus fremden Kriegen heraushält.

Aber Trump hat das Spiel umgedreht. Er ist derjenige, der aus der Defensive in einen unermüdlichen Angriffsmodus übergegangen ist. Und er ist gewillt zu sagen, was die meisten normalen Menschen denken. Seine Missachtung für pietätvolle Umschreibungen, seine Geringschätzung für selbsterklärte "Experten", und seine Fähigkeit, die amerikanischen Menschen hinter eine Außenpolitik zu mobilisieren, die ihre eigenen Interessen in den Vordergrund setzt, ist das Beste, das diesem Land in der Moderne passiert ist.
.....
Anmerkung: Macht jetzt plötzlich Sinn, dass die deutsche Bundeskanzlerin angekündigt hat, den Bundeswehretat auf die von der NATO geforderten Höhe von 2% des BPI anzuheben, also fast zu verdoppeln? Sie will vermutlich die NATO retten, statt eine alternative Sicherheitspolitik MIT Russland zu organisieren, an Stelle der Sicherheitspolitik der NATO gegen Russland.

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